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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Bevölkerungen und verbreiteten schreckliche und übertriebene Gerüchte von der großen Niederlage der Hetiter in der Wüste.
    Während Haremhab seine Truppen beim Berg des Sieges rasten ließ, sich mit seinen Kundschaftern beriet und neue Pläne schmiedete, sandte er wiederum auf allen erdenklichen Wegen nach dem eingeschlossenen Gaza den Befehl: »Haltet Gaza!« Denn er wußte, daß diese Stadt der Belagerung nicht mehr lange standhalten konnte. Zur Wiedereroberung Syriens aber brauchte er diesen Stützpunkt an der Küste. In der Zwischenzeit ließ er unter seinen Leuten über die Reichtümer Syriens und über die Priesterinnen des Ischtartempels, die mit ausgesuchter Geschicklichkeit tapfere Krieger zu ergötzen wissen, Geschichten verbreiten. Ich wußte nicht, worauf er eigentlich wartete, bis sich eines Nachts von der syrischen Wüste her ein durstiger und halbverhungerter Mann durch die Hindernisse hereinschlich und gefangennehmen ließ, worauf er erklärte, Haremhab sprechen zu müssen. Die Soldaten verhöhnten ihn seiner Frechheit wegen, aber Haremhab empfing den Mann, der sich tief vor ihm verneigte, die Hände in Kniehöhe vorstreckte, obwohl er syrische Kleidung trug, und alsdann die Rechte auf sein Auge legte, als schmerze ihn dieses. Als Haremhab das sah, fragte er: »Sieh an! Dich hat wohl ein Mistkäfer ins Auge gestochen?« Ich befand mich zufällig in seinem Zelt und hielt seine Bemerkung für leeres Geschwätz, weil der Mistkäfer ein harmloses Tier ist, das niemand sticht. Der durstige Mann aber entgegnete: »Wahrlich, ein Mistkäfer hat mich ins Auge gestochen, denn in Syrien gibt es zehn mal zehn Mistkäfer, die alle sehr giftig sind.«
    Da sprach Haremhab: »Ich grüße dich, du Tapferer! Du kannst offen zu mir sprechen; denn dieser Arzt in meinem Zelt ist ein einfältiger Kerl, der ohnehin nichts begreift.« Als der Mann dies vernahm, sagte er: »Haremhab, das Heu ist eingetroffen.« Er sagte nichts weiter; aber aus seinen Worten schloß ich, daß er ein Spion Haremhabs sein mußte. Haremhab verließ rasch das Zelt und ließ ein Signalfeuer auf dem Hügelkamm entzünden – und nach einer Weile flammten Feuerzeichen auf allen Höhen vom Berg des Sieges bis zum Unteren Land: Auf diese Weise schickte Haremhab nach Tanis den Befehl an die Flotte, auszufahren und nach Gaza zu segeln und sich mit den syrischen Seestreitkräften in den Kampf einzulassen, falls ein solcher sich als unvermeidlich erweisen sollte.
    Am folgenden Morgen ließ Haremhab in die Hörner stoßen. Das Heer setzte sich durch die Wüste gegen Syrien in Bewegung, und die Streitwagen fuhren als Spähabteilungen den Truppen voraus, säuberten den Weg von Feinden und suchten geeignete Lagerplätze. Ich konnte zwar nicht begreifen, warum sich Haremhab getraute, im offenen Gelände gegen die Hetiter zu kämpfen. Aber die Truppen folgten ihm gern; denn sie träumten von den Reichtümern Syriens und von großer Beute, während ich in beinahe allen Gesichtern das Zeichen des Todes zu lesen glaubte. Trotzdem bestieg ich meine Sänfte, um ihnen zu folgen. Hinter uns ließen wir den Berg des Sieges und die Knochen der gefallenen Hetiter und Ägypter zurück, die jetzt in voller Eintracht im Sand des durch Hindernisse eingeschlossenen Tales bleichen und verwittern konnten.

    3

    Jetzt muß ich über den Krieg in Syrien berichten. Doch weiß ich nicht viel zu erzählen, weil ich von militärischen Dingen wenig verstehe und in meinen Augen alle Schlachten, alle brennenden Städte und geplünderten Häuser, alle jammernden Frauen und verstümmelten Leichen gleich sind, wo immer ich auf sie stoßen mag. Deshalb würde mein Bericht sehr einförmig ausfallen, wenn ich alles, was ich sah, schildern wollte; denn der Krieg in Syrien währte drei Jahre. Er wurde äußerst grausam und unbarmherzig geführt, dabei kam eine Unzahl von Menschen um, die Obstbäume wurden in den Gärten gefällt und die Dörfer und Städte des Landes entvölkert.
    Zuerst muß ich jedoch von Haremhabs Schlauheit erzählen. Er ließ seine Truppen ohne Zögern über die Grenzen in Syrien einmarschieren, die von Aziru errichteten Marksteine beseitigen, Dörfer plündern und sich mit den syrischen Frauen vergnügen, um ihnen einen Vorgeschmack der Siegesfrüchte zu geben. Er marschierte geradenwegs auf Gaza. Als die Hetiter seine Absicht durchschauten, sammelten sie, ihm den Weg abzuschneiden und ihn zu vernichten, ihre Truppen in der Ebene vor der Stadt, weil sich dieses

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