Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
Vom Netzwerk:
verrückter Einfälle wegen zum Tod verurteilt waren.
    Die Hetiter ließen sich durch ihren Sieg nicht blenden, sondern senkten die Wagenbremsen in den Sand und schickten wieder die leichteren Streitwagen voraus, um das Gelände zu untersuchen. Denn sie waren vorsichtige und erfahrene Krieger, die sich vor allen Überraschungen hüteten, obwohl sie von den Ägyptern nicht viel hielten und deren Schlauheit nicht kannten. Es ist für die Lenker jedoch schwierig, einen Angriff schwerer Streitwagen zum Stehen zu bringen, wenn er einmal begonnen hat: die riesigen Pferde stürmen, wenn sie sich in Gang gesetzt haben, unaufhaltsam vorwärts, und versucht man, sie mit Gewalt zurückzuhalten, so zerreißen sie die Zügel und zertrümmern die Wagen. Deshalb tragen ihre Lenker einen Speer mit breiter Spitze, mit dem sie den Pferden im Notfall die Fesseln durchschneiden können, wenn der Wagen unbedingt zum Stehen gebracht werden muß.
    Diesmal aber hielten sie ein solches Verfahren nicht für nötig, sondern ließen nichtsahnend ihre Rosse in breiter Kolonne weitertraben, bis der Boden plötzlich unter ihnen nachgab und sie mitsamt ihren Wagen in den tiefen Graben stürzten, den die Sumpfwühler des Nil ausgehoben und mit Büschen und Reisig getarnt hatten. Diese Grube lief von Hang zu Hang durch das ganze Tal, und viele Dutzende von Wagen fielen Hals über Kopf hinein, bevor die überraschten Führer ihre Pferde wenden und nach beiden Richtungen entlang dem Grabenrand lenken konnten, wodurch sich die voranstürmende Kolonne spaltete. Als ich die Schreie der Hetiter vernahm, hob ich den Kopf vom Erdboden, und der Anblick, der sich mir bot, war fürchterlich, bis der Staub schließlich wieder alles verhüllte.
    Wenn die Hetiter genügend Geistesgegenwart besessen und ihre Schlappe eingesehen hätten, wäre es ihnen möglich gewesen, wenigstens die Hälfte ihrer Wagen zu retten und alsdann den Ägyptern immer noch eine schwere Niederlage zuzufügen. Sie hätten ohne große Schwierigkeit die längs des Grabenrandes laufenden Pferde in Eile kehrtmachen und durch die bereits beseitigten Hindernisse hindurch wieder in die Ebene hinausstürmen lassen können. Aber sie vermochten nicht zu erfassen, daß sie einen Schlag ins Leere getan hatten, weil sie solches nicht gewohnt waren und auch in ihren Herzen nicht zugeben wollten, je verlieren zu können. Deshalb wäre es ihnen nicht einmal im Traum eingefallen, vor dem ägyptischen Fußvolk, das keine Wagen besaß, die Flucht zu ergreifen, und so ließen sie die Pferde bis zu den steilen Hügelhängen laufen, wo die Wagen in der Steigung stehenblieben. Jetzt machten sie kehrt, um das Gelände zu untersuchen, und kletterten von den Wagen, um ausfindig zu machen, wie sie über den Graben gelangen und dabei ihre dort gestürzten Kameraden retten könnten, während sich die Staubwolken inzwischen zerteilen würden und sie den nächsten Stoß gegen die Ägypter richten könnten.
    Haremhab aber beabsichtigte keineswegs, tatenlos zu warten, bis sie sich von ihrer Überraschung erholt hätten, sondern ließ in die Hörner stoßen und seinen Truppen verkünden, seine Zauberkraft habe die feindlichen Streitwagen zum Stehen gebracht und dadurch die Macht der Hetiter gebrochen. Er schickte die Bogenschützen zu den Hängen, damit sie mit ihren Pfeilen die Hetiter belästigen, und ließ seine Leute mit Gezweig und Besen noch mehr Staub aufwirbeln, teils um den Feind in seinem Vorhaben zu behindern, teils um seine eigenen Soldaten nicht sehen zu lassen, wie erschreckend viele hetitische Streitwagen noch heil und kampffähig waren. Gleichzeitig erteilte er einem Teil seiner Truppen den Befehl, Steine die Hügel hinabzurollen und die durchbrochenen Hindernisse wieder zu schließen, um sich den Sieg vollends zu sichern und die feindlichen Streitwagen unversehrt in die Hände zu bekommen.
    Inzwischen lagerten die leichten Streitwagenkräfte der Hetiter in der Ebene, um ihre Pferde rasten zu lassen, die Geschirre zu flicken und zerbrochene Wagenspeichen zu verstärken. Sie sahen den Staub zwischen den Hügeln emporsteigen, hörten Geheul und Waffengeklirr und glaubten die schweren Streitwagen damit beschäftigt, die Ägypter wie Ratten vor sich herzujagen und zu erledigen. Im Schutz der Staubwolken entsandte Haremhab seine tapfersten Speerwerfer, um die Hetiter zu hindern, ihren in den Graben gestürzten Kameraden herauszuhelfen und diesen aufzufüllen. Die übrigen Truppen aber schickte er gegen die

Weitere Kostenlose Bücher