Sinuhe der Ägypter
Buch
HAREMHAB
1
Der Regent Eje wartete ungeduldig darauf, sich, der Vereinbarung mit Haremhab gemäß, sofort nach Abschluß der Begräbniszeremonien für Tutanchamon die Kronen der Pharaonen aufzusetzen. Daher beschleunigte er denn auch die Einbalsamierung von Tutanchamons Leiche und deren Bestattung. Bei der Eile, mit der er das Grab fertigstellen ließ, erhielt es geringere Ausmaße als die Ruhestätten der großen Pharaonen und wirkte neben diesen klein und unscheinbar; außerdem behielt Eje einen großen Teil der Schätze, die Tutanchamon ins Grab hatte mitnehmen wollen, für sich. Laut Abkommen sollte er ferner die Prinzessin Baketamon dazu bewegen, Haremhabs Gemahlin zu werden, um diesem, der mit Mist zwischen den Zehen geboren war, zu ermöglichen, nach Ejes Tod gesetzlichen Anspruch auf die Kronen Ägyptens zu erheben. Zu diesem Zweck hatte er mit den Priestern vereinbart, daß die Prinzessin Baketamon nach Ablauf der Trauerzeit bei dem Siegesfest im Sekhmettempel Haremhab in der Gestalt der Göttin erscheinen und sich ihm hingeben solle, damit ihr Bündnis von den Göttern gesegnet würde und auch Haremhab göttlichen Rang erhielte. Diesen Plan hatte Eje mit den Priestern entworfen. Die Prinzessin Baketamon aber hatte bereits einen anderen Vorsatz gefaßt und seine Verwirklichung sorgfältig vorbereitet. Ich weiß, daß die Idee von der Königin Nofretete stammte, die Haremhab haßte und damit rechnete, daß sie, falls das Vorhaben gelingen sollte, neben Baketamon die mächtigste Frau in Ägypten würde.
Es war ein gottloser, unheimlicher Plan, wie ihn nur die Schlauheit eines verbitterten Weibes aushecken kann. Gleichzeitig war er so unerhört, daß er gerade seiner Unglaublichkeit wegen beinahe geglückt wäre, weil eben niemand sich etwas Derartiges vorstellen konnte oder für möglich gehalten hätte. Erst als dieser Plan an den Tag kam, wurde begreiflich, warum die Hetiter so großzügig Frieden angeboten, Megiddo und das Land der Amoriter abgetreten und beim Friedensschluß noch weitere Zugeständnisse gemacht hatten. Die Hetiter waren nämlich kluge Leute; sie behielten in ihrem Köcher einen Pfeil zurück, von dem Haremhab und Eje keine Ahnung hatten, und waren daher überzeugt, durch die Zugeständnisse nichts zu verlieren. Gerade wegen dieser Bereitschaft hätte ihnen Haremhab mißtrauen sollen; doch hatten ihn seine kriegerischen Erfolge geblendet, und er selbst wünschte den Frieden herbei, um seine Machtstellung in Ägypten zu festigen und endlich die Prinzessin Baketamon zur Gemahlin zu erhalten. Er hatte bereits zu viele Jahre auf sie warten müssen, und diese Verzögerung hatte seine Sehnsucht nach dem königlichen Blut bis zur Unerträglichkeit gesteigert. Deshalb war er geneigt, den Hetitern ohne Bedenken zu trauen, und sah über ihre Schlauheit hinweg.
Doch nachdem Nofretetes Gemahl gestorben und sie selbst gezwungen war, Ammon Opfer zu bringen, vermochte sie den Gedanken nicht zu ertragen, daß sie von der Regierung Ägyptens ausgeschlossen und jede andere Frau im goldenen Haus ihresgleichen sei. Trotz ihrer Jahre war sie noch immer eine schöne Frau, wenn auch diese Schönheit, die vieler Pflege und Mittel bedurfte, verwaschen und verbraucht war. Durch ihr Äußeres machte sie sich viele ägyptische Edelleute, die in dem goldenen Haus wie unnütze Drohnen um den unbedeutenden Pharao herumschwärmten, zu ergebenen Anhängern. Durch Klugheit und List gelang es ihr auch, die Freundschaft der Prinzessin Baketamon zu gewinnen und deren angeborenen Stolz zu einem verzehrenden Feuer anzufachen, so daß der Hochmut Baketamons schließlich alle Grenzen eines natürlichen Selbstgefühls überstieg und in wahren Irrsinn ausartete. So maßlos wurde ihr Stolz auf ihr heiliges Blut, daß sie nicht mehr die geringste Berührung mit einem gewöhnlichen Sterblichen ertrug und niemand gestattete, auch nur ihren Schatten zu streifen. In ihrem Hochmut hatte sie sich auch ihr Leben lang unberührt gehalten, weil sie der Ansicht war, daß es in Ägypten keinen einzigen Mann gebe, der ihrer würdig sei, da das Blut der großen Pharaonen in ihren Adern floß. Sie war jetzt auch bereits dem üblichen Heiratsalter entwachsen, und ich glaube, daß ihre Unberührtheit ihr in den Kopf gestiegen und ihr das Herz krank gemacht, daß sie aber in einem guten Ehebett hätte Heilung finden können. Trotz allem war sie immer noch eine schöne Frau, und in ihrem Stolz glaubte sie, daß die Zeit ihrer Schönheit
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