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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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wieder auf. Die Leute meinten daher, die Sache schmecke nach Zauberei, und jeder, der die Augen offenhalte, könne deutlich wahrnehmen, daß der Gesundheitszustand des Pharao mit dem Krieg in Syrien zusammenhänge.
    Mit der Zeit aber wurde Eje immer ungeduldiger und sandte Haremhab einmal übers andere die Kunde: »Wirst du nicht endlich den Krieg beendigen und Ägypten den Frieden schenken? Ich bin bereits ein alter Mann und mag nicht länger warten. Erringe endlich den entscheidenden Sieg, Haremhab, und verschaffe Ägypten den ersehnten Frieden, damit ich den vereinbarten Lohn bekomme, und ich werde dafür sorgen, daß auch du deine Belohnung erhältst!«
    Deshalb wunderte ich mich nicht, als wir nach Beendigung des Krieges während unserer Rückfahrt stromaufwärts – in festlichem Zug mit flatternden Wimpeln an den Kriegsfahrzeugen – die Kunde vernahmen, Pharao Tutanchamon habe das goldene Schiff seines Vaters Ammon bestiegen und sich in das Land des Westens begeben. Aus diesem Grund mußten wir die Wimpel streichen und uns das Gesicht mit Ruß und Asche beschmieren. Es wurde behauptet, der Pharao habe an dem Tag, da die Nachricht von der Eroberung Megiddos und der Unterzeichnung des Friedensvertrages Theben erreichte, einen ernstlichen Rückfall seiner Krankheit erlitten. Doch stritten sich die Ärzte im Haus des Lebens noch lange darüber, an welchem Leiden er gestorben sei. Ein Gerücht behauptete, sein Bauch sei schwarz von Gift gewesen. Doch wußte niemand etwas Bestimmtes über seinen Tod, und das Volk meinte, er sei seiner eigenen Bosheit erlegen, weil der Krieg und mit diesem die Plagen Ägyptens zu Ende waren, die seine größte Freude gewesen. Ich aber weiß, daß Haremhab in dem Augenblick, da er sein Siegel unter den Friedensvertrag in den Lehm drückte, den Pharao ebenso unfehlbar tötete, wie wenn er ihm mit eigener Hand das Messer ins Herz gestoßen hätte. Denn Eje wartete nur auf das Ende des Krieges, um Tutanchamon aus dem Wege zu räumen und selbst als Friedenskönig den Thron zu besteigen.
    Deshalb mußten wir uns das Gesicht besudeln und die bunten Siegeswimpel streichen. Haremhab ließ erbittert die Leichen der syrischen und der hetitischen Befehlshaber, die er nach dem Vorbild der großen Pharaonen am Vordersteven seines Schiffes mit dem Kopf nach unten hatte aufhängen lassen, abnehmen und in den Strom werfen. Seine Sumpfratten hatte er in Syrien zurückgelassen, das Land zu befrieden und sich nach allen ausgestandenen Mühen am Wohlstand Syriens zu mästen. Seine Kampftruppen aber hatte er zur Siegesfeier nach Theben mitgenommen; und auch diese waren sehr ergrimmt und verfluchten Tutanchamon, der ihnen zu seinen Lebzeiten kein Vergnügen bereitet und nun durch seinen Tod noch die Siegesfreude verdarb.
    So kehrte ich nach Theben zurück, fest entschlossen, es nie mehr zu verlassen. Meine Augen hatten bereits genug von der menschlichen Bosheit erblickt, und es gab unter der alten Sonne nichts Neues mehr zu sehen. Deshalb wollte ich für immer in Theben bleiben und mein Leben in Armut in dem früheren Haus des Kupferschmieds im Armenviertel verbringen; denn alle die reichen Geschenke, die ich in Syrien für meine Heilkunst erhalten hatte, waren von mir für Azirus Grabopfer ausgegeben worden, weil ich diesen Reichtum nicht behalten wollte. Jenes Vermögen roch nach Blut, und ich hätte keine Freude empfunden, es für mich selbst zu verwenden. Deshalb schenkte ich Aziru alles, was ich in seinem Lande gesammelt, und kehrte arm nach Theben zurück.
    Aber noch war mein Maß nicht voll. Noch war mir eine Aufgabe zugemessen, die ich mir nie gewünscht und vor der ich entsetzt zurückschreckte, der ich mich aber nicht entziehen konnte. Deshalb mußte ich Theben nochmals, und sogar bereits nach wenigen Tagen, verlassen. Eje und Haremhab vermeinten nämlich ihre Ränke sehr geschickt geschmiedet und ihre Pläne sehr weise ausgeführt zu haben, und sie glaubten daher, die Macht in Händen zu halten. Doch entglitt sie ihnen, ehe sie es ahnten, und beinahe hätte die Laune einer Frau dem Schicksal Ägyptens eine neue Wende gegeben. Darum muß ich noch von der Königin Nofretete und der Prinzessin Baketamon erzählen, ehe ich meinen Bericht schließen und Ruhe finden kann. Doch zu diesem Zweck muß ich ein neues Buch beginnen; und es soll das letzte werden, das ich schreibe, und ich schreibe es nur, um zu erklären, wieso ich, Sinuhe, der zum Arzt geboren war, zum Mörder wurde.

Fünfzehntes

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