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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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nichts anhaben könne; auch pflegte sie ihr Äußeres mit größter Sorgfalt, obwohl keine Sklaven sie anrühren durften.
    Nofretete schürte diesen Dünkel nach Kräften und redete der Prinzessin ein, sie sei zu großen Taten geboren und dazu bestimmt, Ägypten aus den Händen der niedriggeborenen Machtstreber zu erretten. Nofretete erzählte ihr von der großen Königin Hatschepsut, die sich einen königlichen Bart ums Kinn gebunden, mit dem Löwenschwanz umgürtet und auf dem Thron der Pharaonen Ägypten regiert hatte. Sie lustwandelten zusammen im Felsentempel Hatschepsuts zwischen den strahlend weißen Säulen und auf der myrtenbewachsenen Terrasse und betrachteten die Bildnisse der großen Königin, wobei Nofretete Baketamon glauben zu machen suchte, sie sehe in ihrer Schönheit der großen Königin ähnlich.
    Über Haremhab hingegen wußte Nofretete so vieles Schlechtes zu berichten, daß die Prinzessin in ihrem jungfräulichen Stolz schließlich vor diesem niedriggeborenen Mann mit der riesenhaften Gestalt, welche diejenige der ägyptischen Edelleute um Kopfeslänge überragte, zu grauen begann und sie angewidert den Gedanken von sich wies, Haremhab könne sie eines Tages auf die rohe Art der Krieger vergewaltigen und ihr heiliges Blut schänden. Doch ist des Menschen Herz so launisch und voll Widersprüche, daß ich glaube, ihr Haß gegen Haremhab stammte vor allem daher, weil seine ungezähmte Kraft sie heimlich lockte. Denn ich vermute, daß sie einst, als der junge Haremhab ins goldene Haus gekommen, diesen allzu eifrig angeschaut hatte und ihr unter seinen Blicken heiß geworden war – was sie sich allerdings niemals eingestanden hatte.
    Deshalb vermochte Nofretete sie ohne große Mühe zu beeinflussen, als die Pläne Ejes und Haremhabs offenkundig wurden und Pharao Tutanchamon, da sich der Krieg in Syrien seinem Ende näherte, immer schwächer und siecher wurde. Ich glaube auch nicht, daß Eje der Königin Nofretete seine Pläne verheimlichte; denn sie war ja seine Tochter. Daher hatte sie wohl mit Leichtigkeit erfahren, um welch hohe Einsätze Eje und Haremhab insgeheim spielten. Nofretete aber haßte ihren Vater, der sie, nachdem er genügend Nutzen aus ihr gezogen, beiseitegeschoben, in dem goldenen Haus eingesperrt und von den Hoffesten ferngehalten hatte, weil sie die Gemahlin des verfluchten Pharao gewesen war. Ich nehme an, daß es auch noch andere Ursachen für Nofretetes Haß gegen ihren Vater gab; doch will ich sie nicht erwähnen, weil ich nicht sicher bin und nicht allem Klatsch im goldenen Haus Glauben schenke, obwohl ich weiß, daß es im Grunde ein sehr dunkles Haus ist, zwischen dessen Wänden sich viele schauerliche Dinge abspielen. Ich behaupte bloß, daß Schönheit und Klugheit, wenn sie in einem Weibe zusammentreffen, dessen Herz die Jahre versteinert haben, gefährliche Eigenschaften bedeuten, gefährlichere sogar als gezückte Messer und die Kupfersensen der Streitwagen. Ich glaube auch, daß es in der ganzen Welt nichts Gefährlicheres und Verderbnisbringenderes gibt als ein ungewöhnlich schönes und kluges Weib, dem es an Herz fehlt. Den besten Beweis hierfür liefert der Plan, den Nofretete ausheckte und zu dem sie die Prinzessin Baketamon überredete.
    Dieser schlaue Plan wurde nach Haremhabs Rückkehr aufgedeckt. In seiner Ungeduld begann er sofort in der Nähe der Wohnung der Prinzessin Baketamon herumzustreichen, um sie zu sehen und anzusprechen, obwohl sie sich weigerte, ihn zu empfangen. Dabei bekam Haremhab zufällig einen Gesandten der Hetiter zu Gesicht, der auf dem Weg zu der Prinzessin war. Der Feldherr war erstaunt darüber, daß sie den Mann empfing und so lange bei sich behielt. Deshalb ließ er, ohne jemand um Erlaubnis zu fragen, den Hetiter verhaften; aber in seiner Frechheit droKte ihm der Fremde mit Worten, die einer nur äußern kann, wenn er seiner Macht sicher ist.
    Haremhab berichtete Eje dieses Erlebnis. Die beiden drangen nachts mit Gewalt in Baketamons Wohnung ein, töteten die mit ihrem Schutz betrauten Sklaven und entdeckten unter der Asche eines Kohlenbeckens eine Anzahl von Lehmtafeln. Beim Lesen derselben erschraken sie tief: sofort ließen sie Baketamon in ihre Zimmer einsperren und bewachen, und auch Nofretete stellten sie unter Aufsicht. Noch in der gleichen Nacht suchten sie mich im einstigen Haus des Kupferschmieds auf, das Muti nach dem Brand für das von Kaptah erhaltene Silber wieder hatte aufbauen lassen; sie kamen im Schutz der

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