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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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mit meinem eigenen Haar erdrosseln, mein Herrscher; denn ich war nur eine Sklavin, du aber hast mich zur Königin erhoben, und ich durfte dir zwei stattliche Söhne gebären.«
    Aziru jauchzte über ihre Worte, und übermütig vor Freude sprach er zu seinen Söhnen: »Meine schönen Knaben! Als Königssöhne wurdet ihr geboren; so sterbt denn auch als Königssöhne, damit ich mich eurer nicht zu schämen brauche! Glaubt mir: der Tod ist nicht schmerzhafter als das Ziehen eines Zahnes. Zeigt daher Mut, meine herrlichen Söhne!« Mit diesen Worten kniete er vor dem Henker auf den Boden, wandte sich nochmals an Keftiu und sprach: »Ich habe den Anblick der stinkenden Ägypter und ihrer blutigen Speere satt. Entblöße daher deine blühenden Brüste, Keftiu, damit ich im letzten Augenblick noch deine Schönheit sehe! Dann will ich so glücklich sterben, wie ich mit dir gelebt habe!«
    Keftiu entblößte ihren strotzenden Busen vor seinen Blicken, der Henker hob das schwere Schwert und trennte ihm mit einem Hieb das Haupt vom Leibe. Azirus Kopf rollte vor Keftius Füße, sein starkes Blut spritzte mit den letzten Pulsschlägen gewaltig aus seinem mächtigen Körper und befleckte die Kleider seiner erschrockenen Söhne, von denen der jüngere zu zittern begann. Keftiu aber hob Azirus Haupt vom Boden auf, küßte ihm die geschwollenen Lippen, streichelte ihm die zerschundenen Wangen, preßte sein Gesicht an ihre weichen Brüste und sprach zu ihren Söhnen: »Beeilt euch, meine tapferen Jungen! Folgt furchtlos eurem Vater, meine Kinder; denn eure Mutter sehnt sich voll Ungeduld danach, mit ihm vereint zu werden!« Die beiden Knaben knieten gehorsam nieder, der größere hielt den Kleinen noch immer hilfreich an der Hand, der Henker durchhieb mit Leichtigkeit ihre zarten Kindernacken, schob mit dem Fuß ihre Leichen beiseite und durchschnitt dann mit einem einzigen Hieb Keftius dicken weißen Hals. So starben sie alle eines leichten Todes. Ihre sterblichen Überreste aber ließ Haremhab den Raubtieren zum Fraß in die Leichengrube werfen.

    5

    So beendete mein Freund Aziru sein Leben, ohne den Versuch gemacht zu haben, den Tod zu bestechen. Haremhab schloß mit den Hetitern Frieden, obwohl er ebensogut wie diese wußte, daß der Friede nur ein Waffenstillstand war, weil Sidon, Simyra, Byblos und Kadesch auch weiterhin in der Gewalt der Hetiter blieben, die Kadesch zu einer starken Festung und einem Stützpunkt ihrer Macht in Nordsyrien ausbauten. Aber sowohl Haremhab als auch die Hetiter waren zur Zeit kriegsmüde, und Haremhab freute sich sehr über den Friedensschluß. Denn er hatte sich in Theben um die Wahrung gewisser Vorteile zu kümmern und auch die Ordnung im Lande Kusch und unter den Negern wiederherzustellen, da diese, durch die Freiheit verwildert, keine Steuern mehr an Ägypten entrichten wollten.
    In diesen Jahren regierte Pharao Tutanchamon in Ägypten, obwohl er nur ein Junge war und für nichts anderes Interesse hegte als für den Bau seines eigenen Grabes. Das Volk legte ihm alle durch den Krieg verursachten Leiden und Verluste zur Last und meinte: »Was können wir von einem Pharao erwarten, dessen Gemahlin vom Geblüt des verfluchten Pharao ist?« Und Eje tat nichts, um das Geschwätz der Leute zu dämpfen, sondern ließ im Gegenteil immer neue Geschichten über die Gedankenlosigkeit und Gier verbreiten, die Tutanchamon an den Tag legte, indem dieser versuchte, sich alle Schätze Ägyptens für sein Grab zu sichern. Der Pharao ging sogar so weit, die Mittel für die Ausrüstung seiner letzten Ruhestätte durch eine dem Volk auferlegte Grabsteuer zu beschaffen, indem in Ägypten für jeden Toten, dessen Leib in Ewigkeit erhalten werden sollte, eine Abgabe an den Pharao entrichtet werden mußte. Doch stammte diese Idee von Eje, der sie dem jungen Herrscher in den Kopf gesetzt hatte, weil er überzeugt war, die Maßregel werde den Zorn des Volkes erregen.
    Während dieser ganzen Zeit besuchte ich Theben kein einziges Mal, sondern folgte in Mühen und Entbehrungen der Armee, die meine Heilkunst nötig hatte; aber Reisende aus Theben wußten zu berichten, daß Pharao Tutanchamon schwach und kränklich sei und irgendein geheimnisvolles Leiden an ihm zehre. Sie behaupteten, der Krieg in Syrien habe seine Kräfte verbraucht. Denn jedesmal, wenn die Kunde von einem Sieg Haremhabs eintraf, erkrankte der Pharao, sobald ihm aber die Nachricht von einer Niederlage Haremhabs zu Ohren kam, erholte er sich und stand

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