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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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weiß, was der morgige Tag bringen kann, und ich muß auf meinen Ruf bedacht sein.«
    »Das Eigentum meines Vaters gehört nicht mir«, sagte ich erschrocken. »Du kannst von mir nicht verlangen, was nicht mein ist, Nefernefernefer.«
    Sie aber neigte den Kopf zur Seite und sah mich mit ihren grünen Augen an, und ihr Gesicht war bleich und klein, als sie sagte: »Deines Vaters Eigentum ist dein gesetzliches Erbe, das weißt du wohl, Sinuhe, denn deine Eltern haben keine Tochter, die dasselbe Erbrecht wie der Sohn besäße, sondern du bist ihr einziges Kind. Du verheimlichst mir auch, daß dein Vater blind ist und dir deshalb sein Siegel und das Verwaltungsrecht über sein Eigentum anvertraut hat, damit du darüber bestimmen kannst, als wäre es dein.«
    Das stimmte, denn nachdem seine Augen schwach geworden waren, hatte mir mein Vater Senmut sein Siegel ausgehändigt und mich gebeten, seinen Besitz und seine Habe für ihn zu verwalten, da er nicht mehr genügend sah, um seinen Namen zu schreiben. Kipa und er sprachen öfters davon, das Haus zu einem vorteilhaften Preis zu verkaufen, um ein kleines Landgut außerhalb der Stadt zu erwerben und von dessen Ertrag zu leben, bis sie in ihr Grab eingehen und die Wanderung in die Ewigkeit antreten würden.
    Ich brachte kein Wort hervor, so groß war mein Entsetzen beim bloßen Gedanken daran, Vater und Mutter, die mir ihr Vertrauen geschenkt hatten, zu betrügen. Nefernefernefer aber schloß die Augen zur Hälfte und sagte: »Nimm mein Haupt zwischen deine Hände und berühre meinen Busen mit deinen Lippen, denn du hast etwas in dir, was mich schwach werden läßt, Sinuhe. Deshalb denke ich auch nicht an meinen eigenen Vorteil, wenn es dich betrifft, und ich will den ganzen heutigen Tag mit dir verbringen und der Wollust pflegen, falls du mir deines Vaters Besitz überläßt, wenn er auch keinen großen Wert hat.«
    Ich nahm ihren Kopf zwischen meine Hände, und er war glatt und klein darin, und ich wurde von grenzenloser Leidenschaft befallen. »So mag es nach deinem Wunsch geschehen«, sagte ich, und meine eigene Stimme zerriß mein Ohr. Aber als ich mich ihr nähern wollte, sagte sie: »Sogleich magst du in dein Haus gelangen, du bist bereits darin, doch hole erst einen gesetzeskundigen Schreiber, damit er alle nötigen Papyri nach Vorschrift aufsetze, denn ich verlasse mich nicht auf Versprechungen der Männer, weil sie so betrügerisch sind und ich meinen Ruf wahren muß.«
    Ich ging einen gesetzeskundigen Schreiber holen, und mit jedem Schritt, den ich mich von Nefernefernefer entfernte, wuchs meine Qual. Deshalb trieb ich den Schreiber zur Eile an und drückte das Siegel meines Vaters auf die Papyri und unterschrieb sie mit seinem Namen, damit der Schreiber die Papyri noch am gleichen Tag zur Aufbewahrung in das königliche Archiv senden könne. Aber ich besaß weder Silber noch Kupfer mehr, um den Schreiber für seine Mühe zu entschädigen, und er war unzufrieden, ging aber schließlich darauf ein, auf seinen Lohn zu warten, bis das Eigentum verkauft sein würde, und auch dieses wurde aufgeschrieben.
    Aber als ich zurückkehrte, sagten die Diener, daß Nefernefernefer schlafe, und ich mußte bis zum späten Abend warten, bis sie erwachte. Endlich war sie wach und empfing mich, und ich gab ihr die Quittung des Schreibers, und sie versorgte sie gleichgültig in ihrem schwarzen Schrein. »Du bist äußerst eigensinnig, Sinuhe«, sagte sie, »doch ich bin eine ehrbare Frau und halte stets mein Wort. Also magst du nehmen, was du zu holen kamst.« Sie legte sich aufs Bett und öffnete mir ihren Schoß, doch genoß sie nicht mit mir der Wollust, sondern wandte das Haupt zur Seite und betrachtete ihr Bild im Spiegel und gähnte im Verborgenen, so daß die Lust, die ich ersehnte, mir wie Asche war. Als ich mich von ihrem Bett erhob, sagte sie: »Nun hast du bekommen, was du wolltest, Sinuhe. Laß mich jetzt in Ruhe, denn du langweilst mich gewaltig. Du bereitest mir gar kein Gefühl der Lust, denn du bist unbeholfen und ungestüm, und deine Hände tun mir weh. Doch will ich, wenn du mich nur endlich in Ruhe läßt, nicht mehr daran denken, was ich durch dich ausgestanden habe, denn du verstehst es nun einmal nicht besser. Ein andermal magst du wiederkommen, doch hast du wahrscheinlich längst genug von mir.«
    Ich fühlte mich leer wie die Schale eines ausgeblasenen Eies und ging taumelnd fort von ihr nach Hause. Ich wollte in einem dunklen Zimmer Ruhe suchen und meinen

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