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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Kriegsruf aus, und so fürchterlich war ihr Gebrüll, daß es mir das Blut aus dem Kopf jagte und das Zittern in die Beine trieb. Im selben Augenblick stürmten sie gegen uns an und schossen mit ihren Bogen, und ich vernahm das Sausen der Pfeile wie Fliegengesumm, und es tönte wie ein wildes Gezisch. Nie im Leben habe ich einen aufregenderen Laut vernommen als das Zischen eines Pfeiles, der dicht am Ohr vorüberfliegt. Doch schöpfte ich Mut, als ich beobachtete, daß die Pfeile keinen so großen Schaden anrichteten; denn viele flogen über uns hinweg, und die übrigen wurden von den Schilden aufgefangen. Da rief Haremhab: »Folgt mir, Soldaten!« Sein Wagenlenker trieb die Pferde an, die Streitwagen folgten ihm, die Bogenschützen schossen alle gleichzeitig, und die Speerwerfer stürmten hinter den Streitwagen drein. Und jetzt entstieg allen Kehlen ein Brüllen, das noch fürchterlicher als das Geschrei der Chabiri war, denn jeder schrie für sein Leben, um die eigene Angst zu dämpfen, und ich merkte, daß auch ich aus vollem Halse brüllte und es mir eine große Erleichterung verschaffte.
    Die Streitwagen fuhren mit furchtbarem Gerassel geradenwegs in den Haufen der angreifenden Chabiri hinein, und an der Spitze, hoch über den Staubwolken und den wogenden Speeren, funkelte der Helm Haremhabs mit seiner Straußenfeder. In den Spuren der Streitwagen folgten die Speerwerfer hinter ihren Löwenschweifen und Sperbern, und die Bogenschützen ergossen sich über die Ebene und gaben Salven auf die verwirrten Haufen der Feinde ab. Von nun an war alles ein einziges grauenhaftes Durcheinander, ein Dröhnen und Krachen, Geschrei und Todesröcheln. Die Pfeile pfiffen mir um die Ohren, und mein Esel scheute und lief geradenwegs auf den ärgsten Wirrwarr zu, so daß ich in meiner Not strampelte und schrie, ohne ihn jedoch zum Stehen zu bringen. Die Chabiri verteidigten sich zäh und furchtlos, und die von den Pferden zu Boden getretenen Männer zielten noch mit ihren Speeren auf die Gegner, die sie zertrampelten, und mancher Ägypter fand den Tod, wenn er sich bückte, um als Siegeszeichen einem von ihm gefällten Feind die Hand abzuhacken. Der Blutgeruch ward stärker als die Ausdünstungen und der Schweißgestank der Soldaten, und in immer wachsenden Scharen senkten sich die Raben in weitem Bogen aus den Lüften herab.
    Aber plötzlich stießen die Chabiri ein rasendes Geheul aus und ergriffen eilends die Flucht, denn sie entdeckten, daß die Streitwagen, die die Ebene umfahren hatten, sich nun mitten in ihrem Lager befanden, wo sie den Frauen zusetzten und die geraubten Viehherden auseinandertrieben. Diesen Anblick konnten sie nicht ertragen. Sie zogen sich zurück, um ihr Lager und ihre Frauen zu retten. Das wurde ihr Verderben; denn die Streitwagen wandten sich nun gegen sie und sprengten sie auseinander, und den Rest besorgten Haremhabs Speerwerfer und Bogenschützen. Als die Sonne unterging, war das Schlachtfeld mit einhändigen Leichen übersät, das Lager brannte, und überall brüllten zerstreute Rinderherden.
    Doch in ihrem Siegesrausch fuhren die Soldaten mit ihrem Gemetzel fort und stießen ihre Speere in alles, was sie sahen, und töteten auch Männer, die bereits ihre Waffen niedergelegt hatten, und erschlugen Kinder mit ihren Keulen und schossen wie Irrsinnige mit ihrem Bogen in die fliehenden Viehherden hinein, bis Haremhab in die Hörner stoßen ließ, damit die Befehlshaber und Unteroffiziere wieder zur Vernunft kommen und die Soldaten mit ihren Peitschen zusammentreiben sollten. Aber mein toll gewordener Esel galoppierte immer noch mit mir auf dem Feld herum, so daß ich hilflos wie ein Sack auf seinem Rücken auf und nieder hüpfte. Die Soldaten lachten und verspotteten mich, bis schließlich einer von ihnen mit dem Speerschaft dem Esel einen Hieb übers Maul versetzte und dieser verblüfft, mit gespitzten Ohren, stehen blieb und ich von seinem Rücken heruntergleiten konnte. Von da an nannten mich die Soldaten den »Sohn des Wildesels«.
    Die Gefangenen wurden in Gehege zusammengetrieben, die Waffen in Haufen gesammelt und die Hirten ausgesandt, um die flüchtigen Rinder einzubringen. Die Chabiri waren so zahlreich, daß ein großer Teil entkommen konnte, aber Haremhab nahm an, daß sie die ganze Nacht weiterlaufen und lange nicht zurückkehren würden. Beim Schein der brennenden Zelte brachte man Haremhab den Götterschrein. Er öffnete ihn, um ihm Sekhmet, die Löwenhäuptige, zu entnehmen, deren

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