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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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einen Ruf zu Ehren des Pharao aus, denn das einzige, was sie von der Hymne begriffen hatten, war die Absicht, den Pharao zu preisen und ihn als den Sohn Gottes anzurufen, was nur recht und billig war, denn so war es stets gewesen und würde es immer bleiben. Haremhab entließ den Priester, damit er, begeistert vom Beifall der Truppen, dem König über die Tempeleinweihung schreibe. Aber ich glaube, die Soldaten hatten wenig Freude an dem Gesang und den darin verkündeten Gedanken, denn sie bohrten mit den Zehen im Sand. Bald sollten sie in die Schlacht ziehen, und viele von ihnen sahen einem gewaltsamen Tod entgegen.

    4

    Die Nachhut trat den Marsch an, gefolgt von den Ochsenschlitten und den Packeseln. Haremhab eilte in seinem Wagen voraus, und auch die höheren Befehlshaber begaben sich in ihre Sänften und klagten über die Sonnenglut. Ich begnügte mich damit, gleich meinem Freunde, dem Proviantoffizier, auf dem Rücken eines Esels zu reiten, und nahm mein Arzneikästchen mit, in der Annahme, daß es sich als nötig erweisen könnte.
    Die Truppen marschierten bis zum Abend und rasteten bloß eine kurze Weile, um zu essen und zu trinken. Immer mehr Männer bekamen wunde Füße und blieben am Wegrand liegen, ohne sich erheben zu können, obwohl die Offiziere sie mit Peitschenhieben und Fußtritten dazu zwingen wollten. Die Soldaten sangen und fluchten abwechselnd, und als die Schatten länger wurden, begannen auf den umliegenden Bergen von unsichtbarer Hand abgeschossene Pfeile heranzufliegen, so daß von Zeit zu Zeit der eine oder andere in der ungeordneten Kolonne aufschrie und mit der Hand nach der Schulter griff, um einen Pfeil herauszuziehen, oder aufs Gesicht zu Boden stürzte. Aber Haremhab gab keinen Befehl, anzuhalten, um die Berge am Wege zu säubern, sondern beschleunigte sogar den Marsch, so daß die Truppen schließlich laufend vorrückten. Die leichten Streitwagen säuberten die Bahn, und bald entdeckten wir am Wegrand tote Chabiri in ihren zerlumpten Mänteln, Mund und Augen von Fliegenschwärmen umsummt. Einige der Soldaten lösten sich von der Masse und wendeten die Gefallenen, um nach Kriegsandenken zu suchen; aber die Leichen waren bereits ausgeplündert.
    Der Proviantoffizier schwitzte auf dem Rücken seines Esels. Er bat mich, seiner Frau und seinen Kindern einen letzten Gruß zu überbringen, denn er ahne, daß dies sein letzter Tag sein werde. Er gab mir die Adresse seiner Frau in Theben und bat mich, dafür zu sorgen, daß niemand seine Leiche plündere, vorausgesetzt, daß nicht die Chabiri uns alle vor dem Abend totgeschlagen hätten, was er mit einem traurigen Kopf schütteln vermutete.
    Endlich lag das weite Feld, auf dem die Chabiri ihr Lager aufgeschlagen hatten, offen vor uns. Haremhab ließ in die Hörner stoßen und die Truppen zum Angriff ordnen, die Speerwerfer in der Mitte und die Bogenschützen auf den beiden Flügeln. Die Streitwagen aber schickte er voraus, und sie fuhren mit so rasender Geschwindigkeit davon, daß der Staub hoch aufwirbelte und sie unseren Blicken entzog. Er behielt nur einige wenige Streitwagen. Aus den Tälern hinter den Bergen stieg der Rauch brennender Dörfer empor. Endlos schien die Zahl der Feinde in der Ebene, und als sie auf uns zurückten, war die Luft von ihrem Lärm und ihrem Geschrei wie vom Brausen eines Meeres erfüllt, und ihre Schilde und Speerspitzen blitzten drohend im Sonnenschein. Haremhab aber rief mit lauter Stimme:
    »Daß euch die Kniekehlen nur nicht zittern; denn es gibt wenig kampffähige Chabiri, und was ihr vor euch seht, ist nichts als Vieh und Weiber und Kinder, und das alles wird noch vor dem Abend eure Beute sein. In ihren Kochtöpfen harren euer bereits warme Speisen, also rasch in den Kampf, damit wir vor dem Abend zum Essen kommen, denn ich bin schon hungrig wie ein Krokodil!«
    Aber die Heerscharen der Chabiri wälzten sich drohend auf uns zu, und sie waren zahlreicher als wir, und ihre Speere blitzten scharf im Sonnenschein, und der Krieg machte mir gar keinen Spaß mehr. Die Reihen der Speerwerfer wichen, und die Leute sahen sich um wie ich, aber die Unteroffiziere schwangen ihre Peitschen und fluchten, und die Soldaten fühlten sich wahrscheinlich zu müde und zu hungrig, um die Flucht vor den Chabiri zu ergreifen, denn es kam wieder Ordnung in die Reihen, und die Bogenschützen fingerten in Erwartung eines Zeichens nervös an den Bogensträngen.
    Als die Chabiri nahe genug herangerückt waren, stießen sie ihren

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