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Sirup: Roman (German Edition)

Sirup: Roman (German Edition)

Titel: Sirup: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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streicht ihre schwarze Hose glatt. Mir fällt plötzlich ein, daß ich 6 noch nie in alten Klamotten gesehen habe. Ja, ich kann sie mir in einem Joggingfummel überhaupt nicht vorstellen.
    »Ich bin gestern abend hier eingelaufen. Aber du warst nicht da.« Ich schlürfe vernehmlich von meinem Kaffee. »Wo warst du?«
    »Ich hab noch so was wie ein Privatleben«, sagt 6.
    »Oh.« Ich denk kurz nach. »Warst du bei Tina?«
    6 legt genervt die Stirn in Falten, und ich weiß sofort, daß ich recht habe. »Ich will sie nächste Woche mit an den Set bringen, damit sie uns ein bißchen aushilft. Und wo warst du?«
    »Ah.« Der Kaffee wirkt wahre Wunder: Ich fühl mich schon wieder total fit. »Darüber will ich ja gerade mit dir reden.«
    der schnitzer

    »Hurensohn«, sagt 6. Sie nimmt einen Stift und klopft damit nervös auf die Tischplatte. »Verdammter Hurensohn.«
    »Wer – @?« frage ich und überlege kurz, ob 6 das Wort vielleicht aus Quotengründen verändert hat.
    6 schnaubt wütend. »@ ist doch nur eine Schachfigur. Glaub mir, dahinter steckt natürlich Sneaky Pete.«
    »Ach so.«
    »Hat sie echt gesagt: ›Du hast ja keinen Schimmer , wie tief du in der Scheiße steckst‹ – und daß wir schon verloren haben und es nur noch nicht wissen?«
    »Ja, so ungefähr.«
    »Hurensohn«, sagt 6 erneut.
    »Ich glaube, sie hat sich nur mächtig aufgeblasen, um uns angst zu machen.«
    »Glaub ich nicht«, sagt 6. »Nein, wir haben was übersehen, etwas sehr Wichtiges sogar.«
    Ich stell meinen Kaffee ab. »Und was?«
    »Keine Ahnung«, sagt sie und preßt die Zähne zusammen. »Immerhin sind wir mit den neuen Szenen schon so weit, daß wir in einem Monat fertig sind. Klar, mit dem Komitee haben wir keinen guten Start erwischt, aber das kriegen wir schon noch hin. Außerdem hab ich sämtliche Budgetposten noch mal durchgeforstet – und den ganzen Drehplan.« Sie sieht mich an. »Und was ist mit der Nachbearbeitung – hast du die Typen schon angerufen?«
    »Hmm«, sage ich und räuspere mich. »Genaugenommen nicht.«
    6s Augensicheln sausen abwärts.
    »Montag«, verspreche ich. »Gleich Montag morgen red ich mit denen.«
    »Scat«, sagt 6 grimmig, »wir können uns keinen Schnitzer leisten. Wenn die Nachbearbeitung länger als einen Monat dauert, stecken wir wirklich voll in der Scheiße. Red gleich morgen früh mit denen.«
    »Alles klar«, sage ich und gebe mir redlich Mühe, verläßlich zu klingen.
    »Das Komitee hat für morgen eine Sitzung anberaumt. Ich bin am Set, aber du mußt unbedingt hingehen. Klär dort auch das Thema Nachbearbeitung. Und check noch mal sämtliche Termine.«
    »Geht in Ordnung«, sage ich. »Wird gemacht.«
    6 starrt auf den Schreibtisch. »Mir gefällt das nicht.«
    schreck laß nach

    6 schnappt sich um fünf ein Taxi, um rechtzeitig am Set zu sein. Ich laß mir ein bißchen mehr Zeit und krabble erst gegen sieben aus der Kiste. Auf dem Zettel, den 6 mir hingelegt hat, steht, daß die Sitzung des Komitees für dreizehn Uhr angesetzt ist, und so habe ich den ganzen Morgen Zeit, mich um die Nachbearbeitung zu kümmern. Ich schieb mir schnell was Eßbares rein, trink dann in Ruhe Kaffee und dusche noch ausgiebig, bevor ich mit dem Taxi zu Visuality in West-LA hinüberfahre.
    Die Firma befindet sich zwischen einem Sammelsurium von Computerläden, und beim ersten Versuch lande ich erst mal in den Räumen eines Apple-Händlers. Als ich schließlich den richtigen Eingang gefunden habe, stehe ich plötzlich vor einem Knaben, der noch jünger ist als ich selbst und in einer PC-Zeitschrift blättert. Er trägt eine Hornbrille. »Kann ich was für Sie tun?«
    »Ich heiße Scat«, sage ich. »Von Coke.«
    »Ja?« sagt der Jüngling.
    »Ja«, sage ich.
    Ich warte. Offenbar reicht meine Anwesenheit allein nicht aus, ihn zum Handeln zu bewegen. Deshalb ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl. »Ich bin für Backlash zuständig.«
    »Oh!« Er macht hinter seiner Hornbrille große Augen. »Ach so! Angenehm! Ich bin Jerry.«
    »Super«, sage ich und laß den Blick über die Art-déco-Möbel und die Star-Trek- Memorabilien schweifen. »Kann ich mit jemandem aus der Geschäftsführung sprechen?«
    »Na ja«, sagt Jerry, »da wär ich wahrscheinlich der Richtige.«
    Ich sehe ihn erstaunt an.
    »Ich meine, ich bin hier zwar nur Teilhaber«, sagt Jerry. »Aber BL – das ist mein Projekt.«
    »BL?« sage ich wie ein Volldepp.
    »Backlash«, grinst Jerry. »Wir stellen mit Ihrem Film tolle Sachen an, Scat.«
    »Hmm«,

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