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Sirup: Roman (German Edition)

Sirup: Roman (German Edition)

Titel: Sirup: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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zusammenzusein.
    Dann schlüpft sie unter die Decke, und ich grinse sie ein bißchen an. Eigentlich will ich sie nur etwas aufmuntern, doch ich habe wohl nicht lange genug darüber nachgedacht, was es bedeutet, wenn ein junger Mann im Pyjama vom Bett aus eine junge Frau angrinst. Und so tut 6 ihre Bestürzung auch prompt durch weit aufgerissene Augen kund. »Um Gottes willen – nein «, beeile ich mich zu sagen. »Tut mir echt voll leid – ist nur die Überarbeitung.«
    »Spar dir deine Energie lieber für morgen«, sagt sie und dreht mir den Rücken zu. »Du wirst sie noch brauchen.«
    »Alles klar.« Ich mach ’ne kurze Pause, wäge meine Chancen ab und evaluiere den Stand der Dinge. »Ich liebe dich«, sage ich dann guten Mutes.
    »Nacht«, sagt 6 und knipst ihre Barbie-Lampe aus.
    Ich liege ’ne Weile so im Dunkeln da, vielleicht fünf Minuten, und befasse mich geistig mit 6. Klar, eigentlich sollte ich mich einfach umdrehen und schlafen, ich weiß. Trotzdem tu ich’s nicht. »Bist du noch wach?«
    Ein langer Seufzer.
    »Schau, ich hab gerade ein bißchen nachgedacht«, sage ich. »Ich hab dir jetzt schon x-mal gesagt, daß ich in dich verliebt bin.«
    Schweigen.
    »Ja, das hab ich. Und, weißt du: Ich will dich ja nicht bedrängen. Also, wenn du dich noch nicht festlegen kannst, ist das schon okay.«
    Weiterhin keine Antwort. Ich krieg plötzlich ’ne mittlere Panikattacke und denke schon, daß 6 eingeschlafen ist und ich bloß ihr Kopfkissen bequatsche. Deshalb verpaß ich ihr halb unschlüssig einen leichten Stoß.
    »Was?«
    »Entschuldigung«, wispere ich, »war ja nur ein Test.«
    »Scat«, sagt 6 müde. »Was willst du eigentlich?«
    »Ich wollte dir nur sagen, na ja – was ich für dich empfinde. Aber ich weiß nicht, was du für mich empfindest.«
    6s Rücken schweigt mich an. Ich unterdrücke den Impuls, sie noch mal anzustoßen.
    »Ich meine, empfindest du überhaupt irgendwas ?« sage ich ziemlich verkniffen.
    6 seufzt. »Scat…«
    »Also gut«, sage ich jetzt etwas aggressiver, als ich eigentlich will. »Bedeute ich dir überhaupt irgend etwas? Oder bin ich für dich nur ein naiver Schwachkopf, den du benutzt, um dir zu holen, was du willst?«
    »Ich…«, sagt 6 und verstummt dann wieder. Klingt ganz so, als ob sie echt um Worte ringt, deshalb geb ich ihr noch ein bißchen Zeit. »Scat…«
    »Ja?«
    »Du bist…« Sie holt tief Luft. Dann dreht sie sich abrupt um und sieht mich direkt an. Es ist Nacht, wir liegen zusammen im Bett, und wir haben Augenkontakt. Wahrscheinlich der intimste Augenblick, den wir je zusammen verbracht haben. »Scat«, sagt 6 sanft, »du bist für mich mehr als ein naiver Schwachkopf.«
    das große bibbern

    Der Dienstag fängt gut an. Wir sind beide um fünf Uhr fix und fertig angezogen und schon um sechs am Dreh. Natürlich können wir nichts machen, bevor die Leute eintrudeln, aber 6 findet es wichtig, daß wir einen guten Eindruck machen. Schließlich hängt für uns alles davon ab, daß eine Menge Leute sich voll hinter das Projekt klemmen, und 6 möchte füglich durch unser Engagement ein Exempel statuieren.
    Die erste Regieassistentin trifft noch ziemlich verpennt um sieben Uhr ein, und 6 verwickelt sie auf der Stelle in ein lebhaftes Gespräch. Ich selbst hänge noch ein bißchen herum, bis das übrige Team am Set aufkreuzt. Dann mache ich Einzeltherapie. Die meisten meiner neuen Klienten begegnen mir zunächst mit einer gewissen Skepsis, wie ich es an ihrer Stelle auch machen würde, und so bedarf es diverser Einfühlungen meinerseits, bis die – noch ahnungslosen – Beleuchter, Maskenbildner und so weiter was über ihre Tätigkeit und ihre Ansichten im allgemeinen rauslassen. Ich höre aufmerksam zu und sage ihnen aufrichtig, was Sache ist. Ja, ich verhehle ihnen nicht mal, was das für den Fortgang der Arbeit bedeutet. Dabei zeigt sich, daß das ganze Team sich mit dem Projekt total identifiziert, und als Kline schließlich gegen acht in Aktion tritt, kehrt mein Lebensmut allmählich zurück.
    Gegen zehn kreuzt dann Tina auf und gibt sich sichtlich Mühe, ihre Aufgeregtheit zu verbergen. Ich führe sie gerade ein bißchen am Set herum, als 6 mich am Arm faßt. »Cindy ist nicht da.«
    Ich sehe sie erstaunt an. »Nicht…?«
    »Such sie«, sagt 6.
    sternchen

    Das Telefon läutet vielleicht zwanzigmal, bevor Cindy abhebt. »Hallo?« Ihre Stimme klingt leise und verschlafen.
    »Cindy? Hier spricht Scat.«
    »Oh, hallo, Scat.« Sie fängt an zu husten.

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