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SISSI - Die Vampirjägerin

SISSI - Die Vampirjägerin

Titel: SISSI - Die Vampirjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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hin zu dem jüngeren Mann, der immer noch redete. Er riss den Dolch in die Höhe und hätte vor Entsetzen beinah aufgeschrien, als er den Mantel mitzog. Die Klinge musste in einer seiner schlecht verarbeiteten Nähte hängen geblieben sein. János schüttelte den Dolch und zog an ihm, hörte Fäden reißen.
    »Majestät!«, schrie der ältere Mann, während der Leutnant bereits zurückwich und sich umdrehte.
    Nein, nein, nein! Nicht so! Oh Gott, lass mich nicht so scheitern!
    Die Klinge kam frei. János warf sich nach vorn, den Dolch in der ausgestreckten Hand. Ein Stoß traf seine Schulter, ließ ihn stolpern. Seine Klinge glitt durch Stoff, bohrte sich in Fleisch. Dann wurde er auch schon zu Boden gerissen. Der ältere Mann schlug ihm den Dolch aus der Hand. János wand sich unter ihm weg, aber ein zweiter Mann trat ihm ins Gesicht. Verschwommen sah er Hände wie Pranken und eine Metzgerschürze. Es war ein Passant, der nicht wusste, was er tat. Eine Schwertspitze wurde plötzlich gegen János’ Hals gedrückt.
    Er hob den Blick. Der rothosige Leutnant stand breitbeinig über ihm. Eine schwarze Flüssigkeit sickerte aus seinem Hemdkragen über seine Brust. Es roch nach verbranntem Fleisch.
    Ich habe versagt, dachte János. Wut und Scham trieben ihm Tränen in die Augen. Um ihn herum schrien Soldaten Befehle. Irgendjemand betete.
    »Seht, wie das feige Schwein heult, Majestät«, hörte er den Metzger sagen. Dann tauchte direkt über ihm ein Gesicht auf. Kalte blaue Augen musterten ihn.
    »Er wird noch viel mehr heulen«, sagte Kaiser Franz-Josef I. von Österreich-Ungarn. »Bis zum Strang.« Er lächelte. Lange Eckzähne schoben sich über seine Lippen.
    János schloss die Augen.

 
    KAPITEL EINS
    An seinem neunundachtzigsten Geburtstag tanzte Ramses der Große vor seinem Volk. Vielleicht war dies der Tag, an dem sich erste Zweifel regten. An dem Männer und Frauen einander flüsternd fragten: »Was für ein Ungeheuer beten wir da an?« Als sie sich schließlich gegen ihren fremden Herrn erhoben, als Echnaton, der letzte menschliche Pharao, die Sonne zum Gott erklärte und ihn anflehte, die Nacht zu vertreiben, war es längst zu spät. Und doch ist sein Name bis heute unvergessen unter denen, die sich dem Widerstand verschrieben haben, die für eine immer noch ahnungslose Menschheit kämpfen und nicht aufgeben werden, bis das letzte Ungeheuer zu Staub zerfallen ist. Sie selbst nennen sich »die Kinder Echnatons«. Ihre Feinde nennen sie »die Pfähler«.
    – Die geheime Geschichte der Welt von MJB
    »Grüß Gott, Prinzessin.«
    »Grüß Gott, Frau Huber.«
    Sissi zügelte ihr Pferd im Hof des Schlosses, sprang aus dem Sattel und übergab es einem Stallknecht. Der Mann lächelte freundlich und führte die Stute zu den Ställen im hinteren Teil des Hofs. Das Haupthaus lag rechts. Trotz der Morgensonne wirkte es mit seinen dunklen Holzfassaden und den kleinen Fenstern düster. Sissi sah, dass die Eingangstür offen stand, und eilte darauf zu. Wenn sie Glück hatte, erwischte sie ihren Vater noch vor einem seiner morgendlichen Ausflüge.
    »War’ns scho zu Besorgungen in Possenhofen, Prinzessin?« Frau Huber stützte sich schwer auf ihren Besen. Sie schien den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als den Hof zu fegen, aber Sissis Vater ließ sie gewähren. Ihr Leben lang hatte sie für die Familie gearbeitet, da würde er sie im Alter nicht fallen lassen.
    »Nur ein Telegramm.« Sissi tastete nach dem Stück Papier in ihrer Weste. Ihr Vater musste so schnell wie möglich davon erfahren. Sie wollte weitergehen, aber Frau Huber winkte ab, schien ihre Eile nicht zu bemerken.
    »Neimodisch’s Zeig«, sagte sie. »Heut muas immer ois schnell geh’n. Wia mei Onkel Loisl damals vom Schlag troffa worn is, ham wir das erst fünf Joahr später erfahr’n, weil er ja zu dene Preiß’n gangen is und sei Vetter, der Klaus, dann erst wieder in d’ Heimat z’ruck kemma is.«
    Sissi nickte und lächelte. »Ich muss jetzt wirklich …«
    »Und hat’s uns g’schadt? Naa. Ganz andersrum. Des woar, ois hätt der lieba Herrgott ihn no fünf Joahr leb’n lass’n für uns. ’s is no koana glücklich word’n, der wo schneller schlechte Nachricht’n g’hört hod.«
    »Da haben Sie recht.« Sissi nickte erneut. »Ich werd’s dem Papili gleich sagen.«
    Wenn ich je zu ihm komme, fügte sie in Gedanken hinzu.
    »Passt scho, Prinzessin.« Frau Huber hob den Zeigefinger wie eine aufgebrachte Lehrerin, obwohl sie in ihrem ganzen Leben

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