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Sisters of Misery

Titel: Sisters of Misery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Kelley Hall
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aus dem Raum ging, war unergründlich.

    Kurz vor dem Einschlafen drifteten Maddies Gedanken zu einem Gespräch zurück, das sie ein paar Jahre, bevor Cordelia und Rebecca nach Hawthorne gezogen waren, mit Tess geführt hatte. Damals war ihr zum ersten Mal der Verdacht gekommen, Tess könne eine besondere »Gabe« besitzen. In jener Nacht rüttelte der Wind an den Fensterläden, und Maddie hatte ihre Großmutter ganz fest in die Arme geschlossen, tief ihren so vertrauten Duft nach Rosen und Gardenien eingesogen und gesagt: »Ich werde dich nie, nie, nie allein lassen, Grams.« Sie hatten gerade eine Partie Rommé mit Tess’ altem »Gipsy Witch«-Kartenspiel gespielt, das auch benutzt werden konnte, um die Zukunft vorherzusagen. Tess schob ihre Enkelin lachend von sich weg und behauptete, Maddie wolle doch nur einen Blick auf ihre Karten erhaschen.
    Sie gluckste leise in sich hinein. »Geschieht mir wohl ganz recht. Ich hätte euch beide nicht so schnell bei mir aufnehmen sollen, nachdem dein Vater euch verließ, sondern darauf bestehen sollen, dass ihr woanders hinzieht. Aber ich war selbstsüchtig. Ich wollte unbedingt miterleben, wie meine entzückende Enkeltochter hier bei mir aufwächst, auch wenn ich
damit verhindert habe, dass ihr einen großen Bogen um Hawthorne macht.«
    Â»Wieso denn einen großen Bogen, Grams?« Maddie kicherte, weil ihre Großmutter manchmal zu sehr drastischen Formulierungen neigte. Heute verstand sie, was Tess gemeint hatte, aber damals hatte sie überhaupt nicht das Gefühl gehabt, dass von der Heimatstadt ihrer Mutter und Großmutter irgendeine Gefahr ausgehen könnte. »Warum sollten wir denn einen großen Bogen um Hawthorne machen wollen? Hier gibt es doch nichts, wovor man Angst haben müsste«, hatte sie gefragt.
    Tess hatte Maddie fest in die Augen gesehen und ihre Karten dann aufgedeckt vor sich hingelegt. Es waren drei Buben und eine Reihe Pik. Sie zog das Karo-Ass und das Herz-Ass aus der Hand ihrer Enkelin, als wüsste sie genau, welche Karten Maddie hatte. Sie legte sie so hin, dass Maddie die Weissagungen lesen konnte, die in winzigen Buchstaben auf dem blutroten Hintergrund gedruckt waren, auf dem ein hinterhältig blickender Fuchs und ein Schwarm Vögel sichtbar wurden.
    Maddie las den Text laut vor:
    Die Vögel sind die Boten großen Unglücks und verkünden das Herannahen erbitterter Feinde. - Der Fuchs in nächster Nachbarschaft steht für Freunde, denen zu misstrauen ist, denn sie trachten danach, dich zu verraten und zu hintergehen.
    Â»Madeline Crane, wenn die Zeit gekommen ist - und glaub mir, du wirst es wissen, wenn es so weit ist -, dann lass alles stehen und liegen«, flüsterte sie eindringlich und fasste Maddie fest an den Schultern, »und lauf so schnell du kannst und so weit weg, wie es dir nur möglich ist.«
    Maddie fragte sich, was Tess damals gewusst hatte - ob sie
die schrecklichen Ereignisse von heute womöglich vorhergesehen hatte. Dabei hatte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal ahnen können, dass Rebecca und Cordelia jemals nach Hawthorne zurückkehren würden. Aber der Ausdruck in Tess’ Augen - als würde sie in eine Zukunft sehen, die nichts als schreckliche Ereignisse für sie bereithielt - hatte sie noch monatelang verfolgt.
    Maddie beobachtete, wie die Äste des Baums vor ihrem Fenster als Schatten auf ihrer Wand zum Leben erwachten und sich sanft im Wind wiegten. Wer auch immer für Cordelias Verschwinden verantwortlich war - es musste jemand sein, der in dieser Stadt lebte. Und wenn dieser Jemand noch hier war, überlegte Maddie, dann könnte es durchaus sein, dass sie als Nächste dran war. Denn sie war die Einzige, die nicht daran glaubte, dass Cordelia einfach davongelaufen war. Und ganz bestimmt würde derjenige nicht wollen, dass sie versuchte, der Sache auf den Grund zu gehen, sondern im Gegenteil alles dafür tun, dass das Geheimnis um Cordelias Verschwinden für immer verborgen blieb.
    Aber nach allem, was Maddie über Hawthorne wusste - diesem vom Rest der Welt nahezu unberührten Ort, der in der Zeit stehen geblieben und einem düsteren Grimm’schen Märchen zu entstammen schien -, blieben Geheimnisse hier nicht lange unentdeckt.
    Die Menschen lebten in denselben Häusern, die schon ihre Vorfahren erbaut hatten, und veränderten nichts an ihnen. Sie liebten ihre über den engen,

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