Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe
wuschen.
»Sie schmilzt!«, rief jemand. Wir standen in einer Pfütze aus weißer Seife oder Leim oder was auch immer es war und wünschten, wir könnten uns unsichtbar machen und verschwinden. Zumindest musste es den feixenden Leuten, die uns umringten, so vorkommen. Savannah und Emily standen etwas abseits und sie genossen jede Minute des wohl peinlichsten Moments in Lenas Leben.
In dem allgemeinen Aufruhr rief jemand: »Ihr wärt besser zu Hause geblieben.«
Ich hätte diese blöde Stimme überall wiedererkannt. Ich hatte sie oft genug auf dem Spielfeld gehört, denn normalerweise machte er nur dort den Mund auf. Earl hatte den Arm um Savannahs Schulter gelegt und flüsterte ihr etwas ins Ohr.
Ich rastete aus. Ich rannte so schnell durch den Saal, dass Earl mich nicht einmal kommen sah. Ich schlug ihm meine seifenverschmierte Faust ins Gesicht und brachte ihn zu Boden und Savannah fiel gleich mit auf ihren reifberockten Hintern.
»Was soll das? Bist du verrückt geworden,Wate?« Earl wollte aufstehen, aber ich stieß ihn mit dem Fuß zurück. »Du bleibst liegen, wo du bist.«
Earl setzte sich und zog den Kragen seines Jacketts straff, als könnte er so immer noch cool aussehen. »Ich hoffe, du weißt, was du tust.« Aber er stand nicht wieder auf. Er konnte sagen, was er wollte, aber wir beide wussten, wenn er wieder aufstand, war er derjenige von uns beiden, der gleich wieder zu Boden gehen würde.
»Das weiß ich.« Ich zog Lena aus dem Brei, der einmal ein künstlicher Schneehaufen gewesen war.
»Lass uns gehen, Earl, gleich findet dieWahl statt«, sagte Savannah gereizt. Earl stand auf und klopfte sich den Staub von der Hose.
Ich wischte mir die Augen und schüttelte meine nassen Haare. Lena stand zähneklappernd da und tropfte wie ein frisch gewaschenes Bettlaken. Sogar mitten in der eng gedrängten Menge machten alle einen Bogen um sie. Niemand wagte sich in ihre Nähe, niemand außer mir. Ich wollte ihr mit meinem Ärmel das Gesicht trocken wischen, aber sie wich zurück.
So ist es immer.
»Lena.«
Ich hätte es vorher wissen müssen.
Ridley tauchte neben ihr auf, gleich hinter ihr kam Link. Sie war wütend, das sah ich auf den ersten Blick. »Ich fass es nicht, Cousinchen. Ich verstehe nicht, warum du mit denen herumhängen willst.« Sie sagte das so verächtlich, wie es sonst nur Emily konnte. »So lassen wir uns von niemandem behandeln, und erst recht nicht von denen.Wo ist deine Selbstachtung geblieben, Lena Longina?«
»Lass es gut sein, jedenfalls für heute Abend. Ich möchte einfach nur nach Hause.« Lena schämte sich viel zu sehr, um so wütend wie Ridley zu sein. Es gab nur Kampf oder Flucht, aber Lena wollte jetzt nicht kämpfen. »Bring mich nach Hause, Ethan.«
Link nahm sein silbernes Jackett und legte es ihr über die Schultern. »So eine Schweinerei.«
Ridley konnte sich nicht beruhigen oder wollte es nicht. »Das sind Widerlinge, Cousinchen, mit Ausnahme von Streichholz. Und meinem neuen Freund Dinkyboy.«
»Link. Das hab ich doch schon gesagt. Ich heiße Link.«
»Halt den Mund, Ridley. Für heute hab ich genug.« Die Sirene hatte keine Macht mehr über mich.
Ridley sah mir über die Schulter und lächelte, es war ein finsteres Lächeln. »Weißt du was? Ich auch.«
Ich folgte ihrem Blick. Die Königin und ihr Hofstaat hatten sich auf die Bühne begeben und jetzt grinsten sie eingebildet auf uns herab. Savannah war schon wieder Schneekönigin geworden. Alles war wie immer. Sie strahlte Emily an, die wie schon im letzten Jahr ihre Eisprinzessin war.
Ridley lupfte ihre dunkel getönte Brille nur ein klein wenig. Ihre Augen begannen zu glühen – man konnte die Hitze geradezu spüren. Plötzlich hatte sie einen Lolli in der Hand und ich roch wieder diese widerliche Süße.
Tu’s nicht, Ridley.
Hier geht es nicht um dich, Cousinchen. Hier geht’s um Wichtigeres. Hier in diesem Arschkaff wird sich einiges ändern.
Ich hörte Ridleys Stimme in meinem Kopf so laut und deutlich wie die von Lena.
Ich schüttelte den Kopf. Lass gut sein, Ridley. Du machst alles nur noch schlimmer.
Sperr die Augen auf. Es kann nicht mehr schlimmer werden. Oder vielleicht doch?
Sie tätschelte Lenas Schulter. Schau zu und lern was draus.
Ridley starrte auf die Schneekönigin und ihr Gefolge und lutschte an ihrem Kirschlolli. Ich hoffte, dass es zu dunkel war und die anderen ihre unheimlichen Katzenaugen nicht sehen konnten.
Nein. Sie werden es mir in die Schuhe schieben, Ridley.
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