Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe
klarer zu sein als in den letzten Monaten. Er hörte sich fast so an wie früher, als er noch ein richtigerVater war. Und da begriff ich, dass nicht er es war, der sprach, zumindest nicht aus eigenem Antrieb. Das war alles RidleysWerk, er stand unter einer Überdosis ihrer Überredungskünste.
»Dad, du willst nicht springen. Lass mich dir helfen.« Ich machte ein paar Schritte auf ihn zu.
»Bleib stehen!«, schrie er und streckte abwehrend die Hand aus.
»Du willst nicht, dass er dir hilft, Mitchell, nicht wahr? Du willst einfach in R uhe gelassen werden. Du willst endlich Lila wiedersehen.« Ridley hatte sich gegen dieWand gelehnt und lutschte selbstsicher an ihrem Lolli.
»Wage es nicht noch mal, den Namen meiner Mutter auszusprechen, Hexe!«
»Rid, was tust du da?« Link stand in der Tür.
»Halte dich da raus, Dinkyboy. Das hier ist nicht deine Liga.«
Ich trat vor Ridley, stellte mich zwischen sie und meinenVater, so als könnte ich tatsächlich auf dieseWeise ihre Kräfte abwehren. »Ridley, warum tust du das? Er kann nichts dafür, er hat nichts mit Lena und mir zu tun.Wenn du mir wehtun willst, nur zu. Aber lass meinenVater aus dem Spiel.«
Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte, ein sinnliches, böses Lachen. »Es ist mir völlig egal, ob ich dir wehtue oder nicht, Streichholz. Ich mache nur meinen Job. Nimm’s nicht persönlich.«
Mir gefror das Blut in den Adern.
Ihren Job.
»Du machst das für Sarafine.«
»Ich bitte dich, Streichholz, was hast du denn erwartet? Du hast doch gesehen, wie mein Onkel mich behandelt. Dieser ganze Familienquatsch kann mir im Moment gestohlen bleiben.«
»Rid, was redest du da?Wer ist Sarafine?« Link ging auf sie zu.
Sie sah ihn an. Einen Moment lang glaubte ich, etwas in ihrem Gesicht aufblitzen zu sehen, ein kurzes Zucken nur, aber immerhin etwas, das fast ein echtes Gefühl hätte sein können.
Doch Ridley schüttelte es ab; so schnell, wie es gekommen war, war es auch wieder verschwunden. »Willst du nicht zur Party zurückgehen, Dinkyboy? Die Band spielt sich schon für die zweite R unde warm. Du weißt doch, wir nehmen diesen Auftritt für dein nächstes Demo-Band auf. Ich werde es selbst bei einigen Labels in New York vorbeibringen«, säuselte sie und blickte ihn durchdringend an. Link wirkte unschlüssig, natürlich wollte er wieder zur Party zurück, trotzdem zögerte er.
»Dad, hör mir zu. Du willst das doch gar nicht. Du tust nur das, was sie will. Sie lässt die Leute nach ihrer Pfeife tanzen, das macht sie immer so. Mom würde auf keinen Fall wollen, dass du das tust.« Ich suchte in seiner Miene nach einem Zeichen, dass er verstanden hatte, was ich sagte, dass er mir zugehört hatte. Aber da war nichts. Er starrte blicklos in die Nacht. In der Ferne hörte man Bajonette klirren und das Kampfgeschrei von Männern in den mittleren Jahren.
»Mitchell, du hast nichts mehr, wofür es sich zu leben lohnt. Du hast deine Frau verloren, du kannst nicht mehr schreiben, und in ein paar Jahren wird Ethan aufs College gehen. Frag ihn doch nach der Schuhschachtel mit den Prospekten, die unter seinem Bett steht. Du wirst dann ganz alleine sein.«
»Halt die Klappe!«
Ridley sah mich an und wickelte einen Kirschlolli aus. »Es tut mir leid, Streichholz. Es tut mir wirklich leid. Aber jeder muss seine R o lle im Leben spielen und das hier ist meine R o lle. DeinemVater wird heute Nacht ein kleiner Unfall zustoßen – genau wie deiner Mutter.«
»Was soll das heißen?« Ich wusste, dass Link auf mich einredete, aber ich hörte seine Stimme nicht. Ich hörte gar nichts mehr, nur noch das, was sie gerade gesagt hatte, es dröhnte laut in meinem Kopf.
Genau wie deiner Mutter.
»Hast du sie umgebracht?« Langsam ging ich auf Ridley zu. Ihre Caster-Kräfte waren mir egal.Wenn sie meine Mutter getötet hatte, dann …
» R eg dich ab, großer Junge. Das war nicht ich. Das war vor meiner Zeit.«
»Ethan, was zumTeufel geht hier vor?« Link stand jetzt neben mir.
»Sie ist nicht das, was sie zu sein vorgibt, Mann. Sie ist …« Ich wusste nicht, wie ich es Link so erklären konnte, dass er es verstand. »Sie ist eine Sirene. So was Ähnliches wie eine Hexe. Und sie hat mit dir gemacht, was sie wollte, so wie sie jetzt mit meinemVater macht, was sie will.«
Link fing an zu lachen. »Eine Hexe. Jetzt drehst du aber durch, Kumpel.«
Ich ließ Ridley keine Sekunde aus den Augen. Sie lächelte und strich Link durchs Haar. »Komm schon, Baby, du weißt doch,
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