Sixty Shades of Blood. Episode I: Rote Lust (Erotik-Satire oder so) (German Edition)
Atomkraftwerke zu errichten, aber Autos bauen, das können sie. Mir fällt auf, dass ich von deutschen Automob i len umgeben bin. Kyra hat den Porsche, meine Großmutter fährt BMW. Mein Käfer stammt von daher, auch wenn er schon uralt ist. In den Fahrzeugpapieren ist der Preis noch in Reichsmark angegeben.
Mit einem Mal brodelt Wut in mir hoch. Verdammt! Die Vereinigten Staaten sind eine fantastische Nation mit einer ruhmreichen automobilen Geschichte. Ich will endlich ein ec h tes, heimisches, uramerikanisches Auto fahren. Ich will einen Mitsubishi!
Die Begegnung mit Cornelius hat mich in meinen Grundfe s ten erschüttert, daran kann kein Zweifel bestehen. Gewissheiten und Überzeugungen, scheinbar für die Ewigkeit in Stein geme i ßelt, mit Titan ausgegossen und mit Diamantpanzer versehen, geraten ins Rutschen und lösen sich auf wie ein Vampir im Sonnenlicht. Beispielsweise sehe ich Bergziegen jetzt mit völlig neuen Augen.
»Hey Baby. Gib´s doch zu. Du willst, dass er dir an die W ä sche geht, oder?«
Ich stöhne auf. Das ist Carlos Untie, der da zu mir spricht. Der hat mir gerade noch gefehlt.
»Komm schon. So ein Hecht, da stehst du doch drauf. Hast du gesehen, wie eng seine sündteuren Anzugshosen anlag? Wie tief sie auf seiner Hüfte saß? Wie gewaltig sich der Schlüsse l bund darunter abgezeichnet hat?«
»Sei still.« murmele ich ohne rechten Nachdruck. Carlos ist lästig, aber nicht wirklich schlimm. Meryl ist schlimmer.
»Also Herzchen, diesmal bist du zu weit gegangen.« meldet sich Meryl Untie in diesem Moment. Sie klingt wie immer, also wie meine Mutter. Carlos´ Stimme dagegen hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der meines Bruders Andy.
»Wie kannst du es wagen, einen Wirtschaftsmogul wie Co r nelius Blood so schamlos anzugraben?« herrscht Meryl mich an. »Dass du nicht gesabbert und den Kopf in seine Boxershorts gesteckt hast, ist ein reines Wunder.«
»Ach Quatsch. Ich finde, das lief richtig gut.« meldet sich Marylin Untie zu Wort. »Er mag dich. Vielleicht kauft er sich eine Ritterrüstung und ein Banner?«
»Hm.« gibt Wayne zu bedenken. Er redet nie viel. Ganz im Gegensatz zu den anderen.
Die vier sind meine Freunde. Meine Begleiter. Die Stimmen meines Unterbewusstseins. Daher nenne ich sie die Familie Untie. Sie stehen mir mit Rat und Tat zur Seite und beschützen mich auf all meinen Wegen.
Als ich jünger war dachte ich, dass alle Leute sich mit den Stimmen in ihrem Kopf unterhalten. Ich erzählte manchmal davon. Doch nachdem mich die dritte beste Freundin angesehen hatte wie ein Haufen Kojotenkacke und nie wieder ein Wort mit mir redete, kam ich langsam dahinter. Mir wurde ein einzigart i ges Privileg geschenkt, welches normalen Sterblichen nicht zugänglich ist. Wer kann schon die Fragmente seines Unterb e wusstseins »Die Waltons« mit verteilten Rollen nachspielen lassen, wenn ihm langweilig ist?
»Verrückt wie eine Scheißhausratte.« murmelt Wayne. »Akute Psychose, schizoider Schub, multiple Persönlichkeit s spaltung. Kein Wunder, bei der Familie.«
Wayne macht immer solche Scherze. Ich lache ein wenig.
»Du schamloses Luder.« keift Meryl. »Gib doch eine Anze i ge auf: Welcher Milliardär möchte mich bespringen?«
»Ach, kannst du ihr die süßen Gefühle nicht lassen?« Mar y lin verteidigt mich. Das tut sie oft. Leider ist sie nicht besonders gut darin.
»Süße Gefühle? Dass ich nicht lache!« Meryl lacht doch. Das hört sich an wie Darth Vader. »Du hast dich so bei ihm engeschleimt, dass ich gleich das große Kotzen kriege!« Die Würgegeräusche, die sie von sich gibt, hallen sehr überzeugend in meinem Kopf.
»Gar nicht wahr!« Marylin klingt wie eine beleidigte Fün f jährige. »Du bist immer so gemein zu ihr.«
»Schnauze, du grenzdebile Maus.«
»Selber Schnauze.«
»Arghh…«
Meryl stürzt sich mit ausgefahrenen Klauen auf Marylin. Sie wälzen sich auf dem schlammigen Boden meines Unterb e wusstseins und hauen sich gegenseitig auf die Lippen. Carlos steht daneben und feuert sie mit unflätigen Schimpfwörtern an. Wayne zieht ein düsteres Gesicht und schüttelt den Kopf. Ich seufze leise. Manchmal wünsche ich mir auch einen einzigen unsichtbaren Freund, wie ihn alle anderen haben. Oder meine t wegen einen Typ im Kaninchenanzug, der sich mit Flugzeuga b stürzen auskennt.
Nachdem die Familie Untie gut mit sich selbst beschäftigt ist, kann ich mich wieder voll auf Cornelius konzentrieren. Eine messerscharfe Analyse meiner Emotionen ergibt
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