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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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stellen, vor denen andere zurückschrecken, erklärt er. Dann schüttet er seinen Drink runter und schlendert davon. Ich denke noch, dass heute wahrscheinlich ein G-Tag für Sick Boy ist, aber da kommt schon Norrie Moyes auf mich zu und regt sich über die Currans auf. Scheint, als würde er dieses Pack genauso sehr hassen wie ich, da sie alle paar Tage in seinem Büro im Wohnungsamt auf der Matte stehen und ihm dort gehörig auf den Senkel gehen. Wir hecken gemeinsam einen Plan aus, um uns zu rächen, und amüsieren uns prächtig dabei.
    Dann sehe ich Billy, der mit einem angsteinflößenden Funkeln in den Augen auf mich zusteuert. Er hat die ganze Zeit mit den Weedgies, also der Glasgow-Fraktion in unserer Familie, gequatscht und soeben Margaret und Olly Curran hinausbegleitet. Norrie hat Billys Blick ebenfalls wahrgenommen und schleicht sich schnell davon.
    — Na, wie läuft’s, Bruderherz?, witzele ich.
    Billy stinkt ziemlich stark nach Whisky. — Suchst dir gerade n neuen Schwulifreund, oder was is los?
    Während in meinem Inneren kontrollierte Wut aufsteigt, bleibe ich äußerlich cool und verdrehe nur die Augen. — Bietest du dich etwa an, Bruderherz? Dann könnten wir’s ja in der Familie halten!
    Wir beide merken, dass Fiona und der schmierige Geoff aus Bonnyrigg zu uns herüberkommen. Wenn der Arsch sie angemacht hat …
    — Du kleiner perverser Wichser …
    — Du bist echt fantastisch, sag ich zu Billy.
    — Was?! Was hast du zu mir gesagt?!, schreit er mich an.
    Natürlich hört alle Welt sein Gebrüll, und sofort kommen ein paar Leute auf uns zugeeilt. — Nichts, sage ich lässig. — Ich hab nur gesagt, dass du ein richtiges Genie bist.
    — Mark …, beschwört mich Fiona und greift dabei meinen Arm, während Sharon auf Billy einredet. — Was ist hier los, Billy? Warum schreist du Mark an? Es ist doch die Beerdigung von Klein Davie, Billy!
    — Weiß auch nich, worüber er sich so aufregt, protestiere ich mit weit aufgerissenen Augen und scheinheiliger Unschuldsmiene.
    Als Nächstes kommt Begbie herbeigestürmt. Seine bloße Präsenz sorgt für neue Spannung in den schlaffen Gesichtern der Besoffenen, für zeitweilige Nüchternheit, Einsicht und Vernunft. Ein rügender Blick aus seinen Laseraugen reicht aus, um meinen Bruder zum Schweigen zu bringen, der nun von Charlie und Dougie weggeführt wird. Dougie wirft mir über die Schulter noch einen Blick zu und schüttelt dabei traurig den Kopf. Am liebsten würde ich ihm dafür in seine bescheuerte Visage lachen. Stattdessen zwinkere ich dem immer noch ultra-aggro dreinblickenden Franco zu (Liebe ich diesen Psycho? Auf jeden Fall!), schnappe mir einen Kugelschreiber von der Bar, springe auf einen Stuhl und schlage ein paarmal mit dem Stift gegen mein leeres Glas. — Könnte ich bitte kurz um Aufmerksamkeit bitten?!
    Die Augen der Gäste bewegen sich in beide Richtungen, halten Ausschau nach den Stänkerfritzen und kommen schließlich bei mir zur Ruhe. Ich schweige kurz und weiß, dass die Bühne nun mir gehört. — Klein Davie und ich …, ich schaue auf meine verwirrten Eltern und meinen vor Wut kochenden Bruder hinunter, — … hatten trotz seiner schweren Behinderung eine ganz besonders innige Beziehung zueinander. Ich werfe dem empörten Big Boy Billy ein Lächeln zu und sehe, dass er kurz vor der Explosion steht. — Meine Ma und mein Dad haben dem Klei nen das unter diesen Umständen bestmögliche Leben geschenkt. Sie haben alles für ihn getan, haben ihn von Herzen geliebt, sich stets um sein Wohlergehen gekümmert und trotz aller Widrigkeiten das Beste für ihn gehofft. Im Gegenzug hat Klein Davie immer wieder für Freude in unserem Haushalt gesorgt und uns oft zum Lachen gebracht. Er wird uns allen fehlen. Sehr sogar.
    Ich mache eine Pause und schaue in die ernüchterten Gesichter der Anwesenden und die schamerfüllte Fratze von Billy. Mir wird langsam schwindelig, und ich beginne, auf dem Stuhl zu wanken. Der verdammte Alk. Also hole ich tief Luft und halte mein Glas in die Höhe. — Auf Klein Davie!
    Die Visagen der Gäste sacken kurz zusammen. Sie sehen traurig und erschöpft aus. Dann aber scheinen sie zu neuem Leben erwacht, als sie im Chor den Toast wiederholen: — Auf Klein Davie!
    Ich bin froh, als ich wieder vom Stuhl runtersteigen und mich in Fionas Arme fallen lassen kann. Ich sehe den Stolz und die Liebe in den gramerfüllten Augen meiner Eltern und habe dabei selbst mit den Tränen zu kämpfen.

Anmerkungen zu einer

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