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Skalpell Nr. 5

Skalpell Nr. 5

Titel: Skalpell Nr. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Baden , Linda Kenney
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war die Kinnlade der Frau. Passt zu dem Schädeloberteil, das als Erstes ausgegraben wurde.«
    Pete starrte darauf, schauderte. Die Bewegung schien ihn aus seiner Trance zu reißen. »Du hast recht«, sagte er, nachdem er sich gebückt und beide Teile genauer in Augenschein genommen hatte. »Wir sollten die Knochen in die Leichenhalle bringen. Das Baxter Community Hospital ist fünf Meilen von hier. Ich ruf die anderen vom Bauwagen aus an und sag ihnen, dass wir uns da treffen.« Er suchte seine Taschen ab. »Hab die Telefonnummern im Auto liegen lassen. Bin gleich wieder da.«
    Er ist krank, erkannte Jake. Es würde wirklich ihr letzter gemeinsamer Fall werden. Dessen war er sicher.
    Nachmittags um vier hatte sich die gesamte Gruppe in einem Kellerraum neben der Leichenhalle versammelt. Die Skelette waren auf vier Bahren in der Leichenhalle angeordnet – nicht vollständig, das war Jake klar, aber letztlich genug, um zumindest Teile einer Geschichte zu erzählen. Eine Frau, drei Männer. Aber die Knochen konnten noch erheblich mehr verraten: Größe, Alter, Rasse, Todesursache, Zeitpunkt des Todes und mögliche alte Frakturen, die vielleicht einen Hinweis für die Identifizierung lieferten.
    Im Leben hatten sie Namen gehabt, Gesichter, Arbeit, Meinungen, Gefühle. Jetzt waren sie auf Zahlen reduziert, die auf einem Blatt Papier am Fuße jeder Bahre notiert waren. Das Publikum war feierlich ernst; selbst Sheriff Fisk wirkte beinahe ehrfürchtig.
    »Woher wissen Sie, dass Nummer vier eine Frau ist?«, fragte Miss Crespy.
    Jake zeigte auf den oberen Rand der linken Augenhöhle. »Das ist der sogenannte Brauenkamm. Bei Frauen ist er glatt, bei Männern höckerig.« Er sah, dass einige der Umstehenden ihre eigenen Augenbrauen betasteten, und unterdrückte ein Grinsen. Das tat jeder. »Das Gleiche gilt für die äußere okzipitale Protuberanz, ein Knochenvorsprung am Hinterkopf.« Er drehte den Schädel herum und fuhr mit dem Finger über die sacht gerundete Fläche. »Die ist bei Männern ausgeprägt, bei Frauen glatt.« Er betrachtete den Oberkiefer genauer. »Und sie war jung. Die Weisheitszähne sind noch nicht durchgebrochen.«
    Harrigan fing an, die Knochen zu vermessen und Notizen auf Band zu diktieren. Sein Gesichtsausdruck verriet Jake, dass er ungemein aufgewühlt war. »Skelett Nummer vier, die meisten Knochen vorhanden, weiblich. Außer den noch nicht durchgebrochenen Weisheitszähnen lässt auch die nicht geschlossene Wachstumsfuge des Schlüsselbeins darauf schließen, dass sie unter zweiundzwanzig war. Einige dunkle Haarreste von bis zu fünfzehn Zentimetern Länge am Scheitel des Schädeldachs. Alle langen Knochen der oberen und unteren Extremitäten sind vorhanden. Achte und neunte rechte Rippe zeigen Frakturen im hinteren Bereich. Der Heilungsgrad deutet darauf hin, dass diese Verletzungen rund zwei Wochen vor Eintritt des Todes erlitten wurden. Die Dehnung der Schambeinfuge lässt eine vaginale Geburt vermuten.« Pete hielt inne und rang gierig nach Luft. »Sheriff, diese junge Frau hat vielleicht ein Kind irgendwo da draußen.« Seine Blässe wirkte schon fast unwirklich.
    »Vielleicht solltest du mal ein bisschen frische Luft schnappen«, sagte Jake.
    Harrigan schüttelte den Kopf. »Ich will hier fertig werden. Die Aussicht auf den Scotch wird immer verlockender.« Er hob das Diktiergerät vor den Mund. »Skelett Nummer drei. Auch hier sind die meisten Knochen vorhanden. Knorpelverkalkung an der ersten und zweiten Rippe, Osteophyten an Brust- und Lendenwirbelsäule sowie die geschlossenen Schädelnähte bedeuten, dass er mindestens fünfunddreißig war.«
    Jake wandte sich der Gruppe zu. »Diese Osteophyten sind Knochenauswüchse an der Wirbelsäule. Sie entstehen erst im fortgeschrittenen Alter.«
    Harrigan hielt den Schädel hoch. »Auch hier ist noch etwas dunkles Haar vorhanden; diesmal etwa fünf Zentimeter lang. Auffällig ist ein ovales Loch im Schädeldachbereich der Scheitelbeine. Etwa zehn mal sieben Zentimeter groß. Dabei handelt es sich nicht um einen post mortem eingetretenen Verfall.«
    »Soll das heißen, dem hat einer den Schädel eingeschlagen?«, fragte Fisk.
    »Eher nicht. Wenn es sich um einen frischen Bruch handeln würde, wären die Kanten rau. Ich würde sagen, er hat danach noch so lange gelebt, dass die Wunde verheilen konnte, zwei bis sechs Monate, schätze ich.« Er hielt ihm den Schädel hin. »Wollen Sie mal fühlen? Ganz glatt.«
    Fisk wich zurück. »Nein,

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