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Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3

Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3

Titel: Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Lee
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den Füßen auf sicherem Boden, blendete Mary ihre Laterne wieder weit auf. Der Kanal war eine Backsteinröhre, deren Boden nur wenig feucht war. An der höchsten Stelle war sie über zwei Meter hoch, ausreichend selbst für einen großen Mann, um aufrecht zu stehen, solange er in der Mitte der Röhre blieb. Das war überraschend. Mary hatte ein Labyrinth von niedrigen, glitschigen Tunneln erwartet, die unerträglich stanken und schwierig zu begehen waren. Und obwohl es in der Röhre tatsächlich ziemlich schwefelig roch, war der Geruch nicht abstoßend. Die Straßen oben waren viel schlammiger und mit mehr Unrat verschmutzt.
    James übersprang die letzten beiden Sprossen und landete mit einem leisen Aufschlag neben ihr.
    »Scheint dir ja Spaß zu machen.«
    »Ich will nur, dass du auf meine gut sitzenden Stiefel neidisch wirst.« Er blendete seine Laterne ganz auf und übergoss sie beide mit einem Schein warmen, gelben Lichts.
    Sie blinzelte geblendet   – nicht nur von der Laterne, sondern auch von seinem Übermut. Seit wann gingen sie wieder so neckisch miteinander um? Es war ziemlich riskant, wenn man an ihre vorausgegangenen Erfahrungen dachte.
    Gemächlich machten sie sich auf den Weg durch das Tunnelsystem. James ging voran. Er war eindeutig vertraut mit diesen unterirdischen Wegen. Zwischendurch zeigte er ihr Stellen und Dinge, die von Interesse waren, und gab ihr einen Überblick über die Geschichte des Kanalsystems.
    Was sie zunächst für einen kleinen, privaten Kanal unter dem Buckingham-Palast gehalten hatte, stellte sich als einer der Hauptkanäle von London heraus, der in Hampstead anfing und entlang des alten un terirdischen Flusses Tyburn ostwärts verlief. Es war eine erschreckende Erkenntnis: dass jeder, der in dem Abwasserkanal arbeitete, ungehinderten Zugang zur Residenz der Königin hatte.
    Als sie das aussprach, nickte James. »Aus dem Grund werden die Arbeiten hier so geheim gehalten.«
    »Na, das ist ja wohl sonnenklar. Aber ich fasse esnicht, dass bisher niemand Sicherheitsvorkehrungen für nötig gehalten hat!« Wusste die Agentur davon? Das hätten sie ihr doch sagen müssen.
    »Der Kanal ist ja nicht offen«, erinnerte er sie. »Am Ende, wo er in den Fluss mündet, ist ein verschlossenes Tor. Man müsste über die Gezeiten Bescheid wissen, ein Schloss aufbrechen, einen Teil der Kanäle mit einem Boot befahren   …«
    »Na gut, man muss wohl nicht damit rechnen, dass irgendjemand versehentlich hier reingerät. Aber es ist dennoch eine ziemliche Gefahr für den Palast.«
    Er sah sie kurz an. »Das wissen wir. Und das wird sich auch ändern, wenn wir mit den Arbeiten fertig sind.«
    Sie dachte an Honoria Dalrymple. »Wer ist ›wir‹?«
    »›Wir‹, das Bauunternehmen Easton. Wir arbeiten mit dem Leitenden Beauftragten für öffentliche Baumaßnahmen zusammen.«
    »Ist das derselbe wie beim St. Stephen’s Turm?«
    Er zögerte nicht. »Ja. Deswegen hat man mir den Auftrag angeboten.«
    Ein paar Sekunden gingen sie schweigend weiter. Dann fragte sie: »Und wie laufen eure Geschäfte sonst so?«
    James warf ihr einen Blick zu. »Interessiert dich das wirklich oder machst du nur Konversation?«
    »Interessiert mich wirklich. Aber spielt das eine Rolle?«
    Er zuckte die Schultern. »Die Geschäfte laufen ordentlich. Ich würde nicht Nein sagen zu mehr Aufträgen,aber nach dem Indien-Desaster bin ich schon froh, überhaupt Arbeit zu haben.«
    »Und dein Bruder?«
    Er schnaubte. »Jetzt weiß ich, dass du nur höfliche Konversation machst.«
    »Nur, weil dein Bruder mich ablehnt, heißt das nicht, dass ich ihn nicht mag«, sagte sie steif.
    »Pffft. Sehr großzügig von dir.« James schwieg, als müsse er über eine so einfache Frage nachdenken. »George geht es recht gut. Er hat sich verlobt, daher verbringt er gerade viel Zeit mit Besuchen bei seiner Auserwählten.«
    Mary musste sofort an das hübsche Mädchen mit den rotgoldenen Locken denken. Und James klang irgendwie zweideutig. »Schätzt du seine Verlobte?« Wenn nicht, dann gnade Gott der möglichen Braut. James kümmerte sich übermäßig um die Belange seines älteren Bruders   – und um den Ruf der Familie. Sie wusste von ihrem ersten Fall her, wie weit zu gehen er bereit war: Da war er in das Arbeitszimmer eines Kaufmanns eingebrochen, um Beweise für die korrupten Machenschaften von Georges zukünftigem Schwiegervater ans Licht zu befördern.
    James zuckte die Schultern   – ganz leicht nur, ohne die übliche Überzeugung.

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