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Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3

Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3

Titel: Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Lee
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zögerte sie nicht, eine zufällige Beobachterin zu erpressen, die Arbeit für sie zu erledigen. Hatte sie diese Rücksichtslosigkeit tatsächlich für bewundernswert gehalten?Vielleicht in ihrer unbedingten Zielstrebigkeit. Und warum hatte ihr die Agentur diese Information nicht schon vor Tagen geliefert? Es war doch wohl allgemein bekannt. Sie unterdrückte eine kurze Verärgerung und konzentrierte sich auf Honorias versteinertes Gesicht. »Und   … wenn ich den Herrn nicht überzeugen kann, mir zu erzählen, was passiert ist?«
    Honoria entblößte die Zähne wie ein Raubtier auf Beutefang, was man nur undeutlich als Lächeln erkannte. »Dann musst du dich eben mehr anstrengen.«

Zwanzig
    Mittwochnachmittag
    Der Tower von London
    E iner der lächerlichen Aspekte Londons war, dass man sein Ziel fast immer am schnellsten zu Fuß erreichte. Trotzdem waren die Straßen verstopft von unzähligen Kutschen, Droschken, Fuhrwerken, Omnibussen und Pferden. Obwohl ihr der Spaziergang vom Buckingham-Palast guttat, wurde Mary von ihrer Zuversicht mehr und mehr verlassen, je näher sie dem Tower von London kam.
    Das lag auch an der trostlosen Steinmauer, die nur von Schießscharten unterbrochen wurde. Als sie das Tor erreichte, kam Mary sich jedenfalls sehr klein vor.
    »Wem gilt der Besuch?« Der Wärter sah sie von Kopf bis Fuß an.
    »Einem neuen Gefangenen: Lang.« Sie trug ihren besten Sonntagsmantel mit Hut und hatte beim Verlassen des Palastes einen alten Seidenschirm mitgehen lassen, der möglicherweise Mrs Shaw gehörte. Ihr Gesamtbild zeugte von sittsamer Anständigkeit.
    Trotzdem schien der Wärter argwöhnisch. »Und wie stehen Sie zu dem Gefangenen?«
    »Mein Name ist Miss Lawrence vom Damenkomitee der St. Andrew’s Kirche. Wir haben von der Notlage des Gefangenen gehört und würden ihm gerne beistehen.«
    »Bisschen gegen die Vorschrift«, brummte der Wärter. »Es kommt meistens eine Delegation von Damen.«
    Mary beugte sich vor und senkte die Stimme. »Ich hoffe, ich kann mich darauf verlassen, Sir, dass Sie darüber nichts verlauten lassen, aber dieser Gefangene ist in unserem Komitee nicht sonderlich beliebt. Es gibt so viele Gerüchte über seine Straftat und einige der Damen sind sehr stolz auf ihre entfernten Beziehungen zu den vornehmsten Familien   …« Sie lächelte; eine schwache Erklärung, die aber anscheinend ausreichte.
    »Richtig, der zieht die Skandale an, dieser Lang«, stimmte ihr der Wärter zu und öffnete das Tor. »Und er ist auch nicht sonderlich höflich, seien Sie also achtsam, Miss. Er flucht sogar vor Damen.«
    »Danke«, murmelte Mary. Nachdem sie eingelassen worden war, konnte sie das oberflächliche Ge schwätz des Wärters kaum mehr ertragen. Beim Überqueren des großen, schlammigen Innenhofs wünschte sie sich wenigstens ein bisschen Hoffnung, den Mann betreffend, der vielleicht ihr Vater war. Absurd. Sie wusste nicht einmal, was sie hoffen sollte.
    Sie riss sich von ihren kindischen Gedanken los und konzentrierte sich auf ihre Umgebung. Der Tower von London bestand aus zahlreichen Gebäuden innerhalbeiner einzigen Befestigungsmauer, die über die Jahrhunderte von verschiedenen Königen erbaut worden waren. Man brauchte beinahe einen Plan, um sich zurechtzufinden. Aber sie würde sich an je den einzelnen Schritt zu dem Turm erinnern, der schwarz verwittert und unheimlich vor ihr aufragte.
    »Cradle Tower«, sagte der Wärter beiläufig, als sie am Eingang waren und er sie einem weiteren Wärter überließ. »Hier haben die berühmtesten Verräter eingesessen.«
    »Geschichte wiederholt sich«, sagte der neue Wärter wichtigtuerisch.
    Die beiden Männer glucksten, und Mary fragte sich, wie viel von dem Klatsch über Lang sie wohl für wahr hielten. Nicht, dass es von Bedeutung war. Sie wusste es ja selbst kaum.
    Der zweite Wärter war weniger zu Gesprächen aufgelegt. Nach einem flüchtigen Blick in ihre Hand tasche führte er sie eine schmale Wendeltreppe hinauf, die nach Mäusenestern stank, immer im Kreis, immer höher, bis sie ganz oben waren. Sie traten durch einen niederen Türbogen in ein schwach erleuchtetes Vorzimmer. Hier roch es anders, nach abgestandenem Essen, verbranntem Talg und ungewaschenen Menschen.
    Mary wurde plötzlich von Furcht ergriffen. Sie hatte irgendwie angenommen, einen längeren Weg vor sich zu haben; Zeit zu haben, sich zu wappnen. Doch ungefähr ein Dutzend Schritte von ihr entfernt war eine Steinmauer mit einer Tür aus Gitterstangen.Sie

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