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Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3

Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3

Titel: Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Lee
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vorzuwarnen. »Mr Lang?«
    Immer noch keine Antwort, aber sie erwartete auch keine.
    »Ich heiße Mary Lawrence. Ich kann Ihnen vielleicht helfen.« Lang blieb stumm, doch Mary glaubte, dass sein Zittern etwas nachließ   – als konzentriere er sich auf ihre Worte. »Ich habe weder Verbindungen zur Polizei noch zur Familie des toten Mannes. Ich bin jedoch an den Geschehnissen interessiert, die in jener Nacht passiert sind.«
    Das Zittern hörte kurz auf, als ob es mit Willenskraft unterdrückt wurde. Ganz langsam streckte sich die zusammengerollte Gestalt unter der Decke ein wenig. Und obwohl das Zittern wieder einsetzte, reckte sich der Körper Langs weiter, bis ganz langsam ein zerzauster Kopf wie der einer Schildkröte unter einem Ende der Decke hervorkam. Der Schädel war bedeckt von fettigem, spärlichem Haar, das eine gelblich graue Farbe hatte. Die Haut war fast von derselben Farbe, eine fahle, traurige, von Äderchen durchzogene Landkarte mit dunklen, blauen Kratern unter den Augen. Und die Augen selbst   –Mary unterdrückte ein Schaudern. Eine Welt des Schmerzes   – ein vernichteter Mensch.
    Es waren auch ihre Augen.
    Ihr blieb die Luft weg. Plötzlich spürte sie ihr Herz bis zum Hals schlagen. Ihr Mund dörrte aus. Das war doch unmöglich. Dieser alte Mann, dieser drogenabhängige, im Kerker gefangene Matrose   – ihr Vater? Sie hatte sich auf die Möglichkeit gefasst gemacht, doch jetzt, wo sie damit konfrontiert wurde, konnte sie es kaum glauben.
    Aber da waren seine Augen. Sie hatten nicht dieselbe Farbe wie ihre; ihre waren immer haselnussbraun gewesen. Aber die Form war genauso. Und jetzt blickten sie suchend und verwirrt über den Rand der Gefängnisdecke zu ihr. Blinzelten, um den Schleier auf den Augäpfeln zu entfernen, obwohl das Gewicht seiner Lider mehr zu wiegen schien, als er tragen konnte. Er sah Jahrzehnte älter als vierzig aus. Er sah aus wie der Tod.
    »Ihr Name?« Es war die Stimme eines gebrechlichen Alten   – rau, schwach. Er sah ihr Gesicht forschend an, suchte nach einem Anhaltspunkt.
    Mary sah ihn direkt an. »Sind Sie Lang Jin Hai, ehemals aus Limehouse?«
    Und dann passierte das Undenkbare: Er schloss die Augen, wandte den Kopf ab und sagte: »Nein.«
    Sie runzelte die Stirn. »Nein zu was?«
    »Nicht aus Limehouse.«
    Er sah kein bisschen so aus wie der Vater, den sie erinnerte, dennoch war ein Irrtum ausgeschlossen.Die Augen   – der Name   – die Tatsache, dass er nach ihrem Namen gefragt hatte   … »Wenn nicht aus Limehouse, woher dann?«
    Keine Antwort. Lang zitterte weiter, rollte sich wieder zusammen und sah ostentativ weg.
    Mary wartete eine Minute. Dann zwei, dann drei. Schließlich sagte sie: »Ich glaube Ihnen nicht. Sie sind Lang Jin Hai, ehemals aus Limehouse. Sie waren verheiratet mit Maire Quinn, einer Näherin.«
    Keine Antwort, aber wieder das Innehalten   – ein Aussetzen des Zitterns. Sie hatte ins Schwarze getroffen.
    »Sie hatten eine Tochter namens Mary. Sie wäre jetzt neunzehn oder zwanzig Jahre alt.«
    Er blieb immer noch fast bewegungslos.
    Schock und Fassungslosigkeit verwandelten sich allmählich in Wut. »1848 oder 1849 sind Sie zur See gegangen. In einer wichtigen Mission. Sie haben Ihre schwangere Frau und Ihre Tochter zurückgelassen. Und ein Kästchen mit Dokumenten in Händen eines Mr Chen, das geöffnet werden sollte, falls Sie nicht zurückkehrten.« Ihre Stimme bebte jetzt, doch er weigerte sich noch immer, sich umzudrehen. Sie anzusehen. Sein einziges Kind. »Streiten Sie das ab, Lang Jin Hai?«
    Eine qualvolle Pause. Dann, so leise, dass sie es kaum hörte, die Silbe: »Ja.«
    »Sie streiten es ab?«
    Schweigen.
    »Sie unsäglicher Feigling«, sagte Mary mit leiser,zitternder Stimme. »Haben Sie denn noch etwas zu verlieren, wenn Sie die Wahrheit sagen?«
    Der Mann auf dem Bett blieb still und stumm. Draußen vor der Zelle hörte Mary die Tower-Raben krächzen. Vielleicht wurden sie gerade gefüttert.
    Die Zeit verstrich. Ihre Wut ließ nicht nach, sondern war jetzt eiskalt statt heiß und glühend. Sie wollte keine Aussöhnung   – nicht mit dieser lügenden Hülle eines Menschen. Aber sie wollte Antworten. »Na gut«, sagte sie schließlich nach fünf Minuten Stille. »Sie wollen keine Fragen beantworten. Aber ich kann Sie dazu nötigen.« Sie griff in ihre Handtasche und ihre Finger schlossen sich um ein schlankes verstöpseltes Fläschchen. Es war dem Wärter wohl einfach entgangen, als er in die Tasche geschaut

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