Skandal um Prinzessin Natalia (Julia) (German Edition)
verderben zu lassen. Er war wie ausgewechselt. So locker und regelrecht aufgedreht hätte sie sich den kontrollsüchtigen Finanztycoon niemals vorstellen können. Insgeheim hatte Natalia sich darauf eingestellt, dass er den gestrigen Abend ansprechen würde, doch Ben schien die ganze Episode einfach abhaken zu wollen. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als das Gleiche zu tun.
Seufzend hob sie den Fußball auf und folgte ihrem sportlichen Boss, der bereits wieder losjoggte, weil die ersten Zöglinge eintrafen. Im Nu umringten ihn Dutzende von Kindern, die er voller Enthusiasmus begrüßte und fröhlich in Richtung aufgestellter Tische dirigierte, wo sie sich von seinen Mitarbeitern registrieren lassen konnten.
Dann wandte er sich Natalia zu. „Warum gehst du nicht rüber und hilfst dabei, die Namen aufzunehmen?“
„Namen aufnehmen?“, echote sie schwach.
„Nur in einer Liste festhalten und die Buttons beschriften, Prinzessin “, präzisierte er launig, „… keine Doktorarbeit.“
Nur aufschreiben … keine Doktorarbeit!
„Die Liste übernehme ich, du beschriftest die Namensschilder“, entschied Fabio, sobald er sie kommen sah. Er wies auf eine Kiste mit Buttons, die sich die Kinder an die Trikots heften konnten.
„Kein Problem“, murmelte Natalia, setzte sich neben ihren Kollegen, zog die Kappe vom Filzstift und lächelte das erste Kind in der Reihe an, während ihr Herz oben im Hals schlug. „Come ti chiami?“
„Paulo.“
„ Benvenuto, Paulo, willkommen im Camp.“ Während sie ein großes P schrieb, biss sich Natalia vor Konzentration von innen auf die Lippe. Sie musste jeden Strich bedacht setzen und spürte selbst, dass sie viel zu lange dafür brauchte. Die Kinder in der langen Schlange begannen unruhig zu werden, was sie noch unsicherer machte als ohnehin schon. Endlich war sie fertig und reichte Paulo den Button mit zitternden Fingern. Er bedankte sich artig, und das nächste Kind rückte nach.
„Gabriella.“
So viele Buchstaben!
Natalia senkte den Kopf und schloss kurz die Augen. Ich kann das! Normalerweise war sie nicht so langsam, aber die Panik, ihre Schwäche auch noch vor einem großen Publikum präsentieren zu müssen, hatte sie inzwischen voll im Griff. Ihre Finger bebten, die Buchstaben verschwammen vor ihren Augen.
Basta!
„Weißt du, was?“, fragte sie Gabriella mit erzwungener Munterkeit. „Ich bin sicher, wir sind schneller fertig, wenn ihr eure Namen selbst schreibt.“ Damit schnappte sie sich eine Handvoll Filzstifte aus einer Kiste unter dem Tisch und verteilte sie an die wartenden Kinder. Danach ließ sie sich in ihren Stuhl zurückfallen und versuchte, das verräterische Zittern in den Griff zu bekommen. Dabei zeugte es diesmal von purer Erleichterung.
Das war ziemlich knapp gewesen! Zu knapp! So etwas durfte nicht wieder passieren. Sie hätte es nicht ertragen, ihr schreckliches Geheimnis aufgedeckt zu sehen … nicht von Ben Jackson!
Während die Kinder fröhlich lärmend ihre Buttons beschrifteten, schaute Natalia zu ihm hinüber. Ben teilte die eifrigen Sportler in verschiedene Gruppen auf und schien das Tohuwabohu um sich herum ausgesprochen zu genießen. In der kurzen Zeit, seit sie ihn kannte, hatte sie ihn nie so entspannt, ja geradezu glücklich, gesehen. Interessiert oder amüsiert hatte er sich häufiger gezeigt, aber glücklich?
Ebenso wenig wie ich …
„Natalia?“ Wie ertappt zuckte sie zusammen. „Hilfst du mir, den Kindern das Dribbeln beizubringen?“
Dribbeln? Wovon redete Ben da? Sie sah sich Fußball nicht einmal im Fernsehen an.
„Aber immer!“ Mit ihrem süßesten Prinzessinnenlächeln folgte Natalia ihrem Boss zum Spielfeld, wo sich die Kinder an der Kreidelinie aufgestellt hatten. Überrascht lauschte sie Bens flüssigem Italienisch, in dem er ihnen die Theorie erklärte. Dann folgte der anschauliche Teil, der sie noch mehr beeindruckte. Zunächst sah es so aus, als bedeute Dribbeln , einfach immer wieder gegen den Ball zu treten. Doch dann bugsierte Ben das runde Leder plötzlich mit der Fußspitze so hoch, dass es auf seiner Stirn landete, von der anderen Fußspitze aufgefangen und übers Knie in seine Hand befördert wurde.
Die Kinder lachten und klatschten begeistert Beifall.
Ben wandte sich um und suchte Natalias Blick. In dem Moment wusste sie es: Die Showeinlage war nicht in erster Linie für die Nachwuchssportler gedacht gewesen, sondern an sie gerichtet. Er hätte jeden anderen seiner freiwilligen Helfer
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