Skelett
eine Karte entrollt hatten, und zeigte ihnen dann, wie sie fahren mussten.
»Sie nehmen die M3 bis zur Ausfahrt Nummer acht. Dort geht es auf die A303 und dann immer weiter geradeaus bis ins West Country. Erst kurz vor Exeter wird es etwas kompliziert, aber ich werde Sie lotsen.«
Falls Sie dann noch am Leben sind, dachte Marler, behielt den Gedanken aber lieber für sich.
»Sind denn die Waffen inzwischen in den beiden Landrovern?«, fuhr Tweed fort.
»Das haben Sie schon einmal gefragt«, sagte Butler,
»und die Antwort lautet nach wie vor Ja.«
In diesem Moment läutete das Telefon. Alle außer Tweed erstarrten. Es gab nicht einen im Raum, der Paula nicht gut leiden konnte. Monica ging ans Telefon und reichte den Hörer dann an Tweed weiter.
»Es ist für Sie«, sagte sie ernst.
»Wer ist es?«
»Er. Da bin ich mir ganz sicher.«
»Tweed am Apparat.«
»Wie Sie inzwischen sicherlich wissen, habe ich Paula in meiner Gewalt.« Der Mann sprach mit einem leichten französischen Akzent.
»Dann holen Sie sie ans Telefon. Ich will ihre Stimme hören, damit ich weiß, dass sie noch am Leben ist …«
»Halten Sie den Mund und hören Sie mir zu«, zischte Charmian. »Sie können sie sich abholen, und zwar in Ihrem normalen Wagen. Falls irgendjemand bei Ihnen oder in Ihrer Nähe sein sollte, stirbt Paula auf der Stelle.«
»Wenn Sie Paula auch nur ein einziges Haar krümmen, sind Sie ein toter Mann. Das verspreche ich Ihnen.«
»Drohen Sie mir nicht!«, schrie Charmian ins Telefon. »Sie fahren jetzt allein zu dem Treffpunkt, und zwar nach Stonehenge. Sie wissen doch, wo das ist, oder?«
»Ja.«
»Fahren Sie sofort los. Und wie gesagt in Ihrem eigenen Wagen. Allein. Sehe ich auch nur einen aus Ihrer Mannschaft, stirbt Paula noch in derselben Sekunde.« Der Anrufer ließ ein leises, unangenehm fieses Lachen hören. »Verschwenden Sie lieber keine Zeit. Und kommen Sie durch den Haupteingang auf das Gelände.«
»Der dürfte nach Einbruch der Dunkelheit geschlossen sein. Und um diese Jahreszeit …«
»Das Tor wird offen sein, glauben Sie mir. Mit dieser dummen Fragerei verschwenden Sie nur Ihre Zeit …«
Auf einmal war die Leitung tot. Tweed gab Monica den Telefonhörer zurück. Als er aufblickte, sah er ringsum in angespannte Gesichter.
»Er hält sie in Stonehenge fest.«
»Wie bitte?«, rief Marler.
»Ganz recht, in Stonehenge. Ausgerechnet dort. Aber das ist auch von Vorteil für uns. Stonehenge liegt immerhin auf der Strecke, die wir ohnehin fahren müssen.«
»Den Kerl werden wir ein für alle Mal aus dem Verkehr ziehen«, knurrte Harry.
»Sie werden nichts dergleichen tun. Charmian hat mir unmissverständlich klar gemacht, dass ich allein und in meinem eigenen Wagen kommen soll. Wenn er einen von Ihnen sieht, bringt er Paula auf der Stelle um. Sie brechen vor mir auf, und wehe, wenn Sie sich in Stonehenge blicken lassen. In der Nähe von Wylye gibt es eine Haltebucht an der Schnellstraße. Dort warten Sie auf mich.« Tweed machte eine Pause. »Ich werde jeden, der sich meinen Befehlen widersetzt, hochkant hinauswerfen. Ist das klar?«
Monica wurde blass. So hatte sie Tweed noch nie reden hören. Sie stand schnell auf.
»Möchte jemand noch eine Tasse Tee, bevor es losgeht?«, sagte sie.
Monica war bereits aus dem Zimmer, als Marler ebenfalls aufstand. Er trat zu Tweed an den Schreibtisch. Mit entschlossener Stimme sagte er: »Geben Sie mir Loriots Privatnummer in Paris.«
Tweed kritzelte geistesabwesend eine Nummer auf einen Zettel. In Gedanken war er bereits in Stonehenge. Er versuchte sich daran zu erinnern, wie die Anlage aufgebaut war.
Marler nahm den Zettel, setzte sich hinter Monicas verwaisten Schreibtisch und wählte die Nummer. Er betete zu Gott, dass Loriot in seinem Büro war.
»Ja, bitte, mit wem spreche ich?«, meldete sich Loriot auf Französisch.
»Hier spricht Marler. Erinnern Sie sich noch an mich?«
»Mein lieber Freund, selbstverständlich erinnere ich mich an Sie. Wann haben wir wieder das Vergnügen …?«
Der Leiter der französischen Spionageabwehr war mittlerweile in ein perfektes Englisch verfallen. Marler schnitt ihm das Wort ab.
»Tut mir Leid, dass ich nicht mit Ihnen plaudern kann, Monsieur Loriot, aber wir haben hier einen Notfall. Ich muss alles wissen, was Sie über einen Auftragskiller namens Charmian vorliegen haben.«
»Das ist ein eiskalter Profi, der Beste überhaupt. Bislang liegt uns noch nicht einmal eine hinreichende Beschreibung von ihm vor.
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