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Skelett

Titel: Skelett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Glas in einem Zug leer.
    »Das darf ich Ihnen nicht sagen.« Tweed musterte Greystoke, der jetzt ganz anders aussah als an jenem Abend, an dem er ihn im Santorini’s gesehen hatte: zerzaustes Haar, verkniffener Mund, gerötete Augen. Der Finanzchef von Gantia wirkte wie ein Mensch, der sich nur mit größter Anstrengung unter Kontrolle halten konnte.
    »Ich kann das Ganze nicht glauben«, sagte er.
    Die Reaktion kommt reichlich spät, dachte Paula.
    »Hatte Lee eventuell Feinde?«, fragte Tweed. »Und stimmt es, dass es da eine Freundin von ihr in den Vereinigten Staaten gibt? In Richmond, Virginia?«
    »Zu Ihrer ersten Frage«, sagte Greystoke, der Paula auf einmal stocknüchtern vorkam. »Soviel ich weiß, hatte sie keine Feinde. Zweite Frage: Als wir vor zehn Jahren gemeinsam in den Staaten waren, hat es ihr dort überhaupt nicht gefallen. Und wir waren nicht einmal in der Nähe von Virginia.«
    »Ich glaube, das ist für den Augenblick alles, was ich Sie fragen möchte«, sagte Tweed und stand auf. »Sobald ich mehr Informationen über den Tod Ihrer Frau habe, melde ich mich wieder bei Ihnen.«
    Greystoke begleitete die beiden hinaus. Als er ihnen die Tür öffnete, sagte er mit einer heiseren, betroffen klingenden Stimme: »Ich habe Lee geliebt …«
    »Ach ja?« Tweed drehte sich zu ihm um. »Warum haben Sie dann der Polizei nicht ihr Verschwinden gemeldet?«
    »Weil ich … weil ich nicht wollte, dass alle bei Gantia davon erfahren. Das hätte nur Anlass zu allen möglichen Gerüchten gegeben. Ich war mir sicher, dass sie …«
    Tweed schnitt ihm das Wort ab. »Danke, dass Sie uns Ihre wertvolle Zeit geopfert haben«, sagte er und trat in den Gang hinaus.
    Als er mit Paula im Aufzug nach unten fuhr, konnten sie endlich ungestört miteinander reden.
    »Was halten Sie von ihm?«, fragte Paula.
    »Die lügen alle«, knurrte Tweed. »Auch Greystoke hat uns etwas verheimlicht.«
    »Mir kamen seine Reaktionen irgendwie unstimmig vor. Und warum hat er sich nicht erkundigt, was jetzt mit der Leiche seiner Frau geschieht?«
    »Eine solche Frage hätte ich eigentlich auch erwartet.«
     
    »Wo fahren wir jetzt hin?«, fragte Paula, während sie vor dem Hochhaus auf ein Taxi warteten. »Wer steht als Nächstes auf Ihrer Liste?«
    »Lucinda.«
    »Wollen Sie wirklich mit einem Taxi bis hinaus zur Gantia-Anlage fahren?«
    »Nein«, sagte Tweed. »Wir fahren zu ihrer Londoner Wohnung. Wenn wir Glück haben, treffen wir sie noch dort an. Ich glaube, sie fährt immer ziemlich spät zur Arbeit, um nicht in den Berufsverkehr zu kommen. Dafür bleibt sie abends länger, wenn ihre Mitarbeiter schon längst gegangen sind.«
    »Was ihr dort die Möglichkeit gibt, zu tun und zu lassen, was sie will.«
    »Daran habe ich auch schon gedacht.«
    »Glauben Sie, dass unser Aubrey« - sie sprach den Namen betont vornehm aus - »zu solchen brutalen Morden überhaupt fähig ist?«
    »Ich suche jemanden, der fähig ist, Menschen von hinten an den Haaren zu packen und ihnen die Kehle mit einer scharfen Klinge durchzuschneiden; jemanden, der das Messer dann umdreht, um mit der gezackten Schneide den Hals bis auf die Wirbelsäule zu durchtrennen; jemanden, der anschließend den bedauernswerten Opfern das Fleisch in Brocken vom Leib säbelt.«
    »Das klingt ja fürchterlich, wie Sie das sagen …«
    »Es ist fürchterlich.«
    Tweed schwieg, bis das Taxi sie in die Park Crescent gebracht hatte. Dort stiegen sie in seinen Wagen um und fuhren - so schnell es der Verkehr erlaubte - nach Mayfair, wo Tweed in der Tiefgarage von Lucindas Haus parkte. Er stieg aus und eilte so schnell zu den Aufzügen, dass Paula ihm kaum folgen konnte.
    »Halten Sie es denn für eine gute Idee, dass ich Sie begleite?«, fragte sie. »Oder brauchen Sie mich am Ende als Anstandsdame?«
    »Wenn Sie bei mir sind, weiß Lucinda, dass es ernst wird.«
    Gerade als sie im Stockwerk aus dem Aufzug traten, kam Lucinda aus ihrer Wohnung. Sie trug eine schwarzlederne Motorradkombi. Paula war erstaunt, dass Lucinda trotz der Kälte offenbar vorhatte, Motorrad zu fahren. Sie selbst fror, obwohl sie ihren warmen Wintermantel trug, aber natürlich kam ihr der englische Winter nach der Hitze am Mittelmeer gleich doppelt so kalt vor.
    »Was gibt’s?«, fragte Lucinda ungehalten. »Ich wollte gerade in den Betrieb fahren.«
    »Wir werden Sie nicht lange aufhalten«, versprach Tweed ungerührt. »Ermittlungen in einem Mordfall haben nun einmal oberste Priorität.«
    »Wie Sie meinen …

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