Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe (German Edition)
befahl jedem einzelnen Muskel, aufzustehen und wegzulaufen.
Mum warf der Frau Laserstrahlblicke voller Hass zu. »Er tut das, weil er es will, Sie faschistische Kuh. Wenn ich das zu entscheiden hätte, würden Sie gar nichts bekommen.«
»Mum, nicht. Hör bitte auf. Ich will es einfach nur hinter mich bringen.«
Die Frau schwärzte meine Fingerkuppen und nahm meine Fingerabdrücke, während Mum sie beschimpfte. »Ich weiß genau, was vor sich geht. Sie versuchen, ihn weichzukochen, indem sie einen weiblichen Polizisten hier hinsetzen. Bei mir wird das nicht funktionieren, Sie sollten sich schämen!«
»Mum, hör auf.«
Die Frau bat mich, den Mund zu öffnen, damit sie eine Speichelprobe nehmen konnte. Sie schob etwas hinein, was aussah wie ein riesiges Wattestäbchen. Ich spürte, wie es mir von innen gegen die Wange schabte.
»Wenn wir einen festen Wohnsitz hätten, würden Sie das nicht tun«, murmelte Mum. »Euer Haufen steht doch drauf, uns zu verfolgen. Wenn es eine Minderheit gibt, auf die man sich stürzen kann, dann seid ihr da.«
Ich gab meine Versuche auf, sie zu bremsen. Wenigstens brüllte sie nicht herum.
Die Frau trat einen Schritt zurück. »Vielen Dank. Ich bin fertig. Du kannst jetzt gehen.«
Mum packte mich bei der Hand, zog mich aus dem Raum und knallte die Tür hinter uns zu. Als wir draußen waren, tauchten die Polizisten, die uns hergebracht hatten, wieder auf. »Fahrt zur Hölle!«, fuhr Mum sie an. Aber als sie anboten, uns nach Hause zu bringen, schob sie mich trotzdem in das Polizeiauto.
Sobald wir auf dem Boot waren, holte ich mein Handy raus. Es gab nur einen Menschen, den ich jetzt sehen wollte. Jemand, der nicht den ganzen Abend über schimpfen und herumwüten würde. Jemand, der einfach für mich da sein würde, wenn ich ihn brauchte.
43_Jenna
Bis zum Abend hatte ich noch keine SMS von Ryan bekommen. Es war schon fast acht, als er mir endlich eine Nachricht schickte, in der stand, dass er aufgehalten worden wäre und ob er noch vorbeikommen könne, obwohl es schon so spät sei. Innerhalb von fünfzehn Minuten stand er vor der Tür.
Ich wusste sofort, dass irgendwas nicht stimmte. Er war blass und nervös, und während Mum ihm einen Tee machte, trommelte er mit den Fingern auf der Tischdecke herum.
»Deine Haare sehen hübsch aus«, sagte er leise. »Es steht dir.« Ich freute mich, dass es ihm auffiel, vor allem, weil er in so einer seltsamen Stimmung war.
»Wenn ihr fernsehen wollt, geht einfach ins Wohnzimmer«, sagte Mum. »Charlie ist oben und macht Hausaufgaben und Dad hilft ihm. Ich habe hier auch noch ein bisschen zu tun.«
Manchmal war Mum wirklich ein Schatz.
Doch selbst als wir beide allein waren, blieb Ryan so still. Ich machte die Tür zu und kuschelte mich neben ihn aufs Sofa. »Du bist doch nicht sauer, weil ich dich gestern hierhergeschleppt habe, um dich Dad vorzustellen, oder?«
Er war mit seinen Gedanken offensichtlich ganz woanders gewesen und zuckte zusammen. »Nein, Quatsch. Hattest du gestern noch Ärger, nachdem ich weg war?«
»Ach, so schlimm war es nicht. Es hat nichts mit dir persönlich zu tun – er würde sich immer so benehmen, egal bei wem. Er mag es nicht mal, wenn ich über Beth und Max rede. Er vergisst, dass wir nicht mehr in der Grundschule sind.«
Ryan lachte nicht und machte auch keinen Scherz. Das beunruhigte mich.
»Seit das Ergebnis seines DNA-Abgleichs vorliegt, ist er viel besser drauf. Das Gefühl, verdächtigt zu werden, hat ihn echt fertiggemacht.«
Er antwortete nicht.
»Was ist los?«
»Es war ein blöder Tag. Ich bin einfach nur kaputt.«
»Oh. Vielleicht willst du dann lieber gehen?«
»Willst du denn, dass ich gehe?«
»Nein, natürlich nicht. Aber willst du?«
Er ließ sich noch tiefer ins Sofa sinken und zog mich mit sich. »Nein, aber mir ist danach, einfach ein bisschen Fernsehen zu gucken.«
»Okay.« Ich lächelte und gab ihm die Fernbedienung. »Du darfst aussuchen.«
Doch mein Gefühl, dass etwas nicht stimmte, verschwand nicht.
44_Ryan
Mit dem Mord hatte sich die Stimmung in der Gegend völlig verändert. Die Plakate mit der Aufforderung, zur Aufklärung des Falls beizutragen, waren nicht zu übersehen. Sie klebten an Laternenmasten, auf Tafeln neben der Straße und in Schaufenstern.
Bei der Arbeit unterhielten sich Pete und Bill darüber.
»Was sagt dein Neffe denn so?«, fragte Pete.
Bill zuckte die Achseln. »Er darf nicht viel erzählen, aber bislang haben sie noch nicht den Richtigen
Weitere Kostenlose Bücher