Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe (German Edition)
gefunden, deshalb geben sie jetzt ziemlich Gas. Ich glaube, sie werden sich das ganze Dorf vorknöpfen, bis sie den Mann haben.«
»Wie die Fliegen auf der Scheiße«, sagte Mum missmutig, als ich ihr davon berichtete. Sie war immer noch wütend, dass sie mich auf die Wache gebracht hatten. Auch ich fühlte mich deswegen mies, nicht, weil sie mich schlecht behandelt hatten, denn das stimmte ja gar nicht. Aber ich hatte keine Ahnung, was diese Tests ergeben würden, und jedes Mal, wenn ich darüber nachdachte, geriet ich in Panik. Ich versuchte, das Gefühl zu unterdrücken, aber es gelang mir nicht.
Jenna konnte ich nichts davon erzählen. Nicht nach dem, was sie in den letzten Wochen wegen ihres Vaters durchgemacht hatte. Sie dachte, dass meine schlechte Stimmung mit Mums Krankheit zusammenhing, und ich ließ sie in dem Glauben. Ich wollte ihr nicht noch mehr zumuten.
Und Mum … tja, es ging ihr schlechter. Ihr Blick war getrübt – als ob jemand gestorben wäre. Als sie am Dienstagabend früh zu Bett ging, sagte ich ihr, dass ich sie liebte.
»Tust du nicht«, erwiderte sie und verschwand in ihrem Zimmer, ohne mich anzusehen.
45_Jenna
»Das Abendessen ist im Backofen«, rief Mum. »Wann kommt Ryan vorbei?«
Ich ging in die Küche. »In ungefähr zehn Minuten.«
»Ich weiß nicht, wann wir wieder da sind. Manche Eltern brauchen wirklich eine Ewigkeit – ziemlich rücksichtslos.« Sie lächelte. »Ich nehme nicht an, dass dir das etwas ausmacht?«
Nein, ganz bestimmt nicht.
Charlie kam hinter mir hereingeschlurft. »Muss ich wirklich mit? Es ist doch keine Pflicht.«
Dad erschien, er hielt Charlies Jacke in der Hand. »Das ist dein Elternabend. Du kannst dir ruhig anhören, was deine Lehrer zu sagen haben. Oder erwartet uns etwa eine Enttäuschung?«
Mein Bruder schob die Unterlippe vor und hob die Schultern. Ich stupste ihn an und fischte ihm heimlich einen Mitleids-Keks aus dem Glas.
Bevor es an der Hintertür klopfte, war Raggs schon kläffend an uns vorbeigesprungen. Sein Schwanz wedelte wie verrückt.
Mum lachte. »Ich glaube, Ryan ist da.«
Wieder war Ryan so still. Beim Essen redete ich entschlossen auf ihn ein – in der Hoffnung, ihn aufzuheitern. Doch er schien damit zufrieden zu sein, nur zuzuhören, und steuerte kaum etwas zur Unterhaltung bei. »Sehr leckeres Hühnchen« war alles, was er unaufgefordert von sich gab.
»Komm mit nach oben. Ich will dir was zeigen«, sagte ich, nachdem ich die Teller abgeräumt hatte.
In meinem Zimmer guckte er sich mit einem Interesse um, das schon mehr an den normalen Ryan erinnerte. »Schönes Zimmer«, sagte er und fasste an die cremefarbene Tapete. »Ich dachte immer, Mädchen hätten Hunderte von Teddybären in ihren Zimmern.«
Ich hob Barney, meinen abgewetzten schwarzen Bären, hoch und drückte ihn an meine Brust. »Nein, nur diesen einen. Er ist zu besonders, um Rivalen zu haben. Ich habe ihn seit meiner Geburt.«
Ryan schüttelte den Kopf. »Verschwende dich nicht an ihn. Lass das lieber jemandem zugutekommen, der es zu schätzen weiß.«
Ich lachte und setzte Barney zurück auf den Sessel. »Dann komm her.«
Er schlang die Arme um mich, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich eher ihn in den Armen hielt als er mich.
»Ich nehme an, wenn du den Bären nicht betrügst, dann betrügst du mich auch nicht«, sagte er aus dem Nichts heraus.
»Natürlich nicht. Was ist denn bloß los mit dir?«
»Nichts. Sollte eigentlich ein Scherz sein. Ist nur falsch rübergekommen. Was wolltest du mir zeigen? Nein, nicht weggehen …« Er klammerte sich noch fester an mich. »Erzähl es mir.«
»Das kann warten.« Karen ging es wahrscheinlich immer noch schlecht. Manchmal war es bestimmt schwer, ein Junge zu sein. Wenn ich traurig war und umarmt werden wollte, war es völlig in Ordnung, das offen zu zeigen. Für Jungs war das nicht so leicht. Ryan war nicht viel älter als ich und musste trotzdem zu Hause der Erwachsene sein. Wenn er sich also nach Streicheleinheiten sehnte, dann konnte ich das sehr gut verstehen.
Nach ein paar Minuten ließ er mich los. »Nun sag schon, was ist es?«
Ich schob ihn zum Bett. »Setz dich.« Ich wühlte hinten im Schrank herum. »Die habe ich noch nie jemandem gezeigt, seit …«
Als ich mit der Schachtel wieder auftauchte, klopfte er aufs Bett. »Komm her.«
Ich setzte mich neben ihn und holte die verhasste Plastikmaske hervor. »Ich weiß nicht, was ich damit tun soll. Man kann sie nicht verbrennen,
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