Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe (German Edition)
überzeugen, dass du in der Lage bist, dich verantwortungsvoll zu benehmen? Und jetzt frage ich mich, ob ich mich die ganze Zeit getäuscht habe.«
»Ach, hör auf, Mum! Ich habe dir gesagt, es ist nichts passiert. Ryan ist traurig, weil seine Mutter krank ist und –«
»Seine Mutter ist krank? Was hat sie denn?«
»Sie hat eine bipolare Störung und –« Ich brach ab, als ich sah, wie sie alarmiert die Augen aufriss. »Was ist?«
»Jenna, vielleicht … nun, ich sage es nicht gerne, weil die arme Frau nichts dafür kann … aber ich bin mir nicht sicher, ob du dort hingehen solltest, wenn es ihr … nicht gut geht. Leute in diesem Zustand können gefährlich sein. Ich weiß, das sind nur die extremen Fälle, aber vor nicht allzu langer Zeit habe ich einen Artikel über jemanden mit dieser Krankheit gelesen. Er hat seine Medikamente nicht mehr genommen, ist Amok gelaufen und hat in einem Einkaufszentrum vier Leute getötet –« Plötzlich verstummte sie und schlug sich die Hand vor den Mund. »Oh nein! Was ist, wenn sie … oh mein Gott!«
»Sei nicht albern, Mum. Sie ist höchstens 1,50 Meter groß. Als ob sie Steven Carlisle den Schädel hätte einschlagen können.«
»Aber wenn sie wütend war, könnte sie stärker gewesen sein, als du denkst. Das kommt vom Adrenalin –«
»Das ist kompletter Schwachsinn und total übertrieben!«
Mum presste die Lippen zusammen. »Nun, vielleicht hast du recht, aber du solltest dich jetzt erst mal beruhigen. Ich gehe so lange nach unten. Trotzdem besuchst du sie nicht mehr, bis wir das endgültig geklärt haben. Ich möchte Ryans Mutter kennenlernen, bevor ich dich wieder bedenkenlos dort hingehen lasse. Sie tut mir leid, aber du bist meine Tochter, und ich will dich beschützen.«
»Und das ist dir ja bisher ganz fantastisch gelungen!«, schrie ich ihr hinterher, als sie die Treppe hinuntereilte. »Geh schon und erzähl ihm die Neuigkeiten, dann kann er sich darüber auch noch aufregen.«
Ich suchte nach irgendwas, das ich werfen konnte, doch da war nur Barney. Stattdessen brach ich in Tränen aus.
Hör auf, du dämliche, plärrende Kuh. Reiß dich zusammen. Wie muss er sich nach diesem Rauswurf erst fühlen? Mach irgendwas.
Ich wischte mir mit dem Ärmel das Gesicht ab und schlich mich in die Küche, um mein Handy zu holen – keine Nachrichten. Schnell tippte ich eine SMS.
»Sorry. Ich liebe dich XXX.«
Er musste schon gewartet haben, sofort kam eine SMS zurück.
»Alles ok?«
»Ja + bei dir?«
»Ja. Melde mich morgen.«
Ich schickte ihm noch eine SMS und füllte das Display mit lauter X.
Als ich aufsah, stand Charlie in der Tür. Er grinste. »Du hast ja mächtig Ärger.«
»Halt den Mund!«
Er schlenderte in die Küche. »Du solltest besser nett zu mir sein. Als Erstes könntest du mir einen Milchshake machen.«
»Mach dir selbst einen.«
Es streckte mir die Zunge raus. »Wenn nicht, erzähle ich Dad, dass du die ganze Nacht mit Ryan draußen warst, und dann –«
Als er mein Gesicht sah, verstummte er. Charlie drehte sich um … und sah Dad an, der hinter ihm in der Tür stand.
»Charlie, geh nach oben.«
Mein Bruder warf mir einen »Tut mir leid«-Blick zu und schlich dann aus der Küche.
Dad war kreidebleich. »Also?«, sagte er, und es klang, als ob es ihn fast umbrachte, mit mir zu sprechen.
»Es stimmt nicht –«
»Natürlich, war klar, dass du das sagst.«
Ich presste die Zähne aufeinander. »Ist aber so. An einem Morgen habe ich mich mal mit Ryan getroffen, bevor er zur Arbeit gegangen ist. Und Charlie hat gesehen, wie ich wieder zurückgekommen bin. Das ist alles.«
»Und du erwartest, dass ich das glaube?«
»Dann frag doch seine Mutter! Sie wird es dir bestätigen – er war die ganze Nacht über bei ihr.« Das würde sie doch, oder? Sie hatte ja schon der Polizei gegenüber gelogen, was diese Nacht betraf.
»Sie ist wohl kaum vertrauenswürdig.« An seinem Kieferknochen zuckte ein Muskel.
»Sie hat Depressionen, aber sie ist kein Psycho!«
»Ich sage das nur ein Mal, Jenna, und es ist mein voller Ernst: Du wirst diesen Jungen nicht mehr wiedersehen. Du wirst weder zu ihm noch zu seiner Mutter Kontakt haben. Ich erlaube es nicht.« Er machte auf dem Absatz kehrt und marschierte ins Wohnzimmer.
Ich stürmte hinter ihm her. »Glaub, was du willst. Aber du wirst mich
nicht
davon abhalten, Ryan zu sehen. Dazu hast du kein Recht!«
Er saß auf dem Sofa und starrte auf den stumm geschalteten Fernseher. Ich wartete einen Moment.
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