Skinwalker 01. Feindesland

sein Laptop war so gedreht, dass ich den Bildschirm nicht sehen konnte. Das schien mir verdächtig, also nutzte ich Beasts Fähigkeit, sich anzuschleichen, und betrat das Zimmer leise wie das Raubtier, das Katie in mir gespürt hatte.
    Als ich mich ihm lautlos näherte, drehte der Troll sich plötzlich um. Anscheinend stimmte es, was man sich erzählte: Wenn ein Vampir willentlich sein Blut gibt, gibt er auch immer ein wenig von seiner Geschwindigkeit und seinen scharfen Sinnen. Bevor ich etwas erkennen konnte, drückte der Troll eine Taste, und der Bildschirm wurde schwarz. Doch er selbst lächelte mir freundlich entgegen, was mich überraschte.
    Ich sagte: »Ich habe gesehen, dass Sie die Kamera von der Mauer hinterm Haus entfernt haben. Gibt es einen besonderen Grund, warum Leo Pellissier Katie überwachen lässt ?«
    ErrunzeltedieStirn.»LeohatdieKameradortnichtangebracht.Dasistunmöglich.EswäreeinVerstoßgegendieVampiraCarta .«
    Ich lachte, ein kurzes, scharfes Hüsteln. »Gegen die was ?«
    »Die Vampira Carta .« Als er sich zurücklehnte, sah ich die 45er an seiner Seite, griffbereit. Der Troll war nervös oder hatte Angst, oder Schlimmeres. Nun, das war wohl verständlich bei einem Mann, der kürzlich nahezu ausgesaugt worden war. »Kennen Sie sich in der Geschichte der Vampire aus ?« , fragte er.
    »Vamps interessieren mich ehrlich gesagt nicht weiter, es sei denn, es geht um neue Methoden, sie zu töten .«
    Die Freundlichkeit wich aus seinem Gesicht. »In Katies Gegenwart benutzen Sie gefälligst den Ausdruck ›Vampire‹ oder, etwas förmlicher, ›Mithraner‹. ›Vamp‹ ist eine Beleidigung .«
    Ich hockte mich auf eine Sessellehne, sodass ich den Troll ansah, aber die Tür noch im Augenwinkel hatte. Außerdem konnte ich mich in dieser Position in jede Richtung werfen, ohne das Gewicht zu verlagern. Der Troll grinste selbstgefällig, als hätte er darauf gewettet, dass ich genau das tun würde. In Anbetracht des Umstandes, dass ich diesen Sessel zum ersten Mal sah und zudem einen Hauch von Katie in der Luft roch, fragte ich mich, ob dies alles geplant war. Vielleicht beobachtete sie uns auf den Monitoren in der Eingangshalle. Laut sagte ich: »Mithraner? Wie der Mithraskult in der römischen Mythologie ?« Der Troll sah beeindruckt aus, bis ich sagte: »Das kann man auf Wikipedia nachlesen. Nicht, dass dort Vamps mit Mithras in Verbindung gebracht werden. Da wissen Sie offenbar mehr als Wikipedia. Vielleicht sollte ich den Artikel gelegentlich aktualisieren .« Der Troll schien den Witz nicht zu verstehen.
    Ich grinste, als er verunsichert zu seinem Laptop blickte. Die wirkliche Welt holte die Vamps ein. Die Mithraner. Wie auch immer. Das dürfte ihnen gar nicht gefallen. Allerdings war ein Großteil von dem, was man in Büchern oder online über Vampire las, Blödsinn oder frei erfunden oder Wunschdenken, oder eine Mischung aus alledem. Und nirgends fand sich eine Erklärung, warum christliche Symbole eine Wirkung auf Vampire hatten. Ich hatte es mir zur persönlichen Aufgabe gemacht, auf diese Frage eine Antwort zu finden, aber bisher hatte ich kein Glück gehabt.
    »Leos Bodyguard hat die Kamera angebracht « , sagte ich. »Darauf können Sie wetten .«
    Der Troll lehnte sich zurück und blickte irritiert, aber er widersprach mir nicht. Es schien, als wollte er mich fragen, woher ich meine Gewissheit nahm. Ich wechselte das Thema, um zu sehen, was passierte. »Ich will heute Abend tanzen gehen « , sagte ich. »Können Sie mir hier im Quarter etwas empfehlen ?«
    »Tanzen ?« Erstaunen schwang in seinem Ton mit.
    »Das ist eine hervorragende Methode, wenn man als Frau ein neues Terrain beschnuppern will .« Und zwar buchstäblich. »Der Rogue hat sich gestern Abend über eine Stricherin hergemacht. Ich will mich als Köder anbieten .«
    »Sie gehen doch nie im Leben als Stricherin durch .«
    Ich grinste. »Wenn ich mich richtig rausputze … Sie werden schon sehen. Ich komme kurz vorbei, wenn ich losgehe. Vielleicht fällt Ihnen bis dahin ja ein passender Laden ein .«
    Zurück bei mir zu Hause, legte ich dunkelroten Lippenstift auf und umschlang meine Zöpfe mit einem Turban, in dessen Falten noch Platz für Beasts Tasche war. Unter dem Rock schlang ich drei Kreuze um die Hüfte, hängte mir eins gut sichtbar um den Hals und schnallte einen Vampkiller mit kurzer Klinge um den Oberschenkel, wo ihn ein Tanzpartner nicht finden würde, es sei denn, wir tanzten sehr eng Tango. Außerdem steckte