SKIZZEN EINER ZARTEN LIEBE (German Edition)
wiedergesehen hatte. Deutlich hatte er sich mehrmals nach ihr umgedreht. Sie konnte nur noch an ihn denken. Diese tiefen dunklen Augen, die diese Sanftheit ausstrahlten. Ihr Herz bebte, wenn sie an ihn dachte. So musste Liebe auf den ersten Blick sein.
Anton verstand ihr Zögern falsch und legte beherzt einen Arm um sie. Susanne schüttelte ihn ab und antwortete: „Nein, Anton, wirklich nicht. Das wird nichts mit uns zweien.“
Anton stapfte schnaufend neben ihr her. So schnell gab er nicht auf. Er zeigte mit der rechten Hand Richtung Gipfel, seine Linke rutschte über Susannes Nacken. Dabei raunte er heiser: „Hast die Gemsen dort oben schon gesehen?“
Sein Mund kam dabei gefährlich nahe an ihr Ohr. Seine Alkoholfahne aus der letzten Nacht wehte deutlich zu ihr herüber.
„Anton, Anton“, schallte es hell aus der hinteren Reihe. „Wart auf mich, Anton, zeigst mir auch noch ein paar Gemsen droben in den Bergen?“
Die Stimme gehörte zu Claudia, der alleinstehenden Dame vom Nachbartisch. Einen viel zu engen Schneeanzug über ihr knackiges Hinterteil gezogen, den Reißverschluss vorne nur halb geschlossen, versprühte sie hier ihre Erotik.
Nun wollte Basti natürlich auch die Gemsen sehen und Susanne löste sich von Anton. Schnell lief sie weiter und vertiefte sich in ein Gespräch mit ihren Eltern.
Von weitem konnte man nun schon den Bauernhof sehen. Etwas weiter links erkannte sie bereits das Zwiebeltürmchen. Der Hof lag genau am Rand zu den felsigen Bergen. Ein Gebirgsbach plätscherte unter dem Schnee vor sich hin. Susanne genoss den Anblick und atmete tief durch. Im Sommer musste es hier herrliche Blumenwiesen geben.
Sie dachte wieder an den unbekannten Jungen. Stellte sich vor, mit ihm hier Hand in Hand umherzuwandern. Wer war er? Wo konnte sie ihn finden?
Auf dem Hof angekommen, musste Susanne wie immer zuerst dringend auf die Toilette. Sie stolperte über die Schwelle in den Flur und musste ihre Augen erst an die Dunkelheit gewöhnen. Sie nahm den Geruch von brennendem Holz wahr, gemischt mit dem von frischer Wäsche.
Schnell öffnete sie eine dicke Holztür und stand unschlüssig in einer kleinen Kammer.
Sofort sprach eine ruhige Stimme sie an: „Komm nur näher, mein Kind. Kann ich irgendwie helfen?“
Susanne stammelte verlegen: „Oh, Entschuldigung, ich werde mich in der Tür geirrt haben. Eigentlich wollte ich zur Toilette.“
Das Gesicht, welches am Fenster unter der Bettdecke hervorschaute, hielt sie jedoch gefangen. Sie machte keinerlei Anstalten kehrtzumachen.
Die grauhaarige alte Frau in dem weiß bezogenen Bett strahlte eine eigenartige Güte und Sanftheit aus. Susanne sah die vielen Falten und die hellen Lippen der langsam atmenden Frau. Die sehnige Hand der alten Dame hob sich vorsichtig von der Decke. Ihre Haut war fast durchsichtig und voller brauner Altersflecken.
Sie bedeutete Susanne durch eine Handbewegung, etwas näher zu kommen. Susanne konnte sich nicht lösen, musterte das Bild, das sich ihr bot.
„Wer bist du? Woher kommst du?“, wollte die Greisin wissen.
„Oh, ich bin Susanne Keyser aus München. Ich bin 19 Jahre alt. Ich bin mit Ant...., also mit der Gruppe aus dem Aldiana hier heraufgekommen.“
„Setz dich ein wenig zu mir mein liebes Kind, ich kann leider nicht mehr aufstehen.“
Susanne gehorchte. Die Großmutter hörte dem sympathischen Mädchen eine Weile in ihren Erzählungen zu.
„Warst du am Abend vor Neujahr auch in dem Gottesdienst in der kleinen Kapelle?“ fragte die Alte nun.
„Ja, war ich.“
„Das habe ich mir schon gedacht. Erzähl mir davon.“ bat Lisbetha Reitmeyer.
„Ich liebe diese kleine Kirche mit ihrem Zwiebeltürmchen“ geriet Susanne ins Schwärmen.
„Und das Innere ist zauberhaft. Ich liebe diese Predigten und den Geruch von Weihrauch zwischen den alten Bänken aus Holz.“ Susanne räusperte sich.
„Der Gottesdienst war sehr stimmungsvoll.“ Susanne senkte den Kopf. Sie merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Die Greisin lächelte weise.
„Bitte stell mir das Kopfteil noch ein wenig höher“ bat die alte Frau mit brüchiger Stimme.
„Liegen Sie den ganzen Tag in diesem Bett?“ wollte Susanne wissen. Ihre Neugier war geweckt. Sie beugte sich etwas weiter vor.
„Mein Körper ist verbraucht, alt und müde. Aber ich muss nicht mehr lange hier liegen“, war die Antwort. Susanne wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Die Frau tat ihr irgendwie leid.
„Ich muss dir nicht leid tun, Liebes,
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