SKIZZEN EINER ZARTEN LIEBE (German Edition)
anschließend ordentlich Geld in den Hut, den sein Vater rumgehen ließ.
Oft brachten sie auch abgelegte Kleidung mit, die die Angestellten des jeweiligen Hotels gesammelt hatten und brachten sie mit herauf. Johannes trug das Zeug aus Prinzip schon nicht.
Müde und schmutzig ging er schnurstracks die alte knarrende Treppe hinauf in das Bad im ersten Stock und traf auf seinen Bruder, der die Gäste begrüßen sollte. Dieser konnte das und hatte seine Trachtenjacke schon übergeworfen.
„Heut erzähl I die Geschicht von der Zenzi und zeig allen das Kalb. Es sind auch ein paar Kinder dabei.“ frohlockte Karl und sprang die letzten drei Stufen nach unten.
Johannes interessierte es nicht, woher die Gruppe kam oder wie viele es waren. Er musste zunächst etwas schlafen und freute sich auf sein mit karierter Bettwäsche frisch bezogenes Bett. Wenigstens hier hatte er seine Ruhe.
Das alte Bauernhaus hatte zwei Stockwerke und einen Keller. Oben waren die Schlafzimmer. Unten gab es die große Wohnküche, in der sie sich zumeist aufhielten. Nebenan war die gute Stube, dann ein Flur mit drei gleich aussehenden Holztüren. Eine zum Keller hinunter, eine zur Kammer seiner Großmutter und eine zum Klosett.
Alles war mit dunklem Holz vertäfelt. Von der Decke hingen getrocknete Strohblumen, die Wände waren gespickt mit Postkarten von Urlaubern oder Freunden. Da nicht viel Platz war, waren Schuhe und Jacken in den Garderobenschrank gestopft. Überall hing oder stand etwas. Und die knisternden Holzscheite in den Öfen brachten eine heimelige Wärme.
Sein steifer Körper entspannte sich etwas. Er schlurfte vom Bad in sein Zimmer, das am Ende des oberen Ganges lag. Er war viel zu müde, um sich noch vollständig zu entkleiden, schmiss sich auf sein Bett und schloss die Augen. Seine Knochen taten ihm weh. Und sein Herz erst recht. Er musste an das Mädchen denken und wollte sie gerne wiedersehen. Er fragte sich zum wohl hundertsten Mal an diesem Tag, wie er das anstellen sollte. Er war einfach zu ungeübt in solchen Dingen. Er wusste nur, dass sie seine Gedanken nicht mehr losließ.
Johannes lag kerzengerade auf seiner Decke. Die Kraft reichte nicht einmal mehr, sich zuzudecken.
Er dachte an ihr scheues Lächeln in der Kirche und mit einem Lächeln auf seinem Gesicht schlief er tief und traumlos für zwei Stunden ein.
Kapitel 7
Bastl, Frank, macht euch bitte fertig, wir wollen gleich losgehen“, rief Valerie.
„Können wir die Gameboys mitnehmen?“ Das war Bastl.
„Wo ist mein Tiroler Hut?“, fragte Walter seine Frau.
„Setz heut lieber eine warme Mütze auf“, riet Valerie ihm, obwohl sie wusste, dass er das ohnehin nicht tun würde. Alle liefen unruhig im Zimmer auf und ab und suchten noch Handschuhe, Mützen oder Gameboys.
„Mama, Papa, ich geh schon runter, warte im Lesezimmer auf euch“, kam es von Susanne. Sie war bereits fertig angezogen.
Alle waren froh, dass sie sich der Wanderung angeschlossen hatte. Und trotz der Müdigkeit von der langen Silvesternacht, freuten sie sich auf die klare Luft und den Spaziergang.
Neujahr bot der Club Aldiana alljährlich eine Wanderung mit Einkehr auf einem der Bauernhöfe, einer deftigen Jausen aus Speck und Brot und ein wenig Zittermusik an. Dies war Tradition. Meistens wurde das ein feucht-fröhliches Unternehmen.
Dieses Jahr führte der Ausflug auf den Reitmeyer-Hof, weit oben, sehr abgelegen. Susanne kannte diesen Hof nicht und erhoffte sich eine schöne Wanderung mit Blick auf die Kirche von der anderen Seite aus.
Heute morgen hatte sie ein kleines Briefchen auf ihrem Frühstücksgedeck gefunden.
ICH BIN GANZ VERNARRT IN DICH. DU BIST EINE TOLLE FRAU. TREFFEN WIR UNS SPÄTER ALLEIN IRGENDWO?
Das Papier hatte keine Unterschrift. Sie trug das Zettelchen bei sich.
Anton kam auf die letzte Minute angerannt, unausgeschlafen und nicht rasiert. Wahrscheinlich hatte er die ganze Nacht ausgiebig gefeiert.
Sie machten den Aufstieg durch herrliche Landschaften und dicken Tiefschnee.
Irgendwann gelangte Anton neben Susanne und flüsterte: „Na, tolle Frau, was ist, treffen wir uns später noch irgendwo, nur wir zwei?“
Susanne musste lachen. Er war also der Briefeschreiber. Einen kurzen Moment hatte sie gehofft, es war der junge Mann, den sie in der Kirche
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