SKIZZEN EINER ZARTEN LIEBE (German Edition)
nicht mehr.
Seine Eltern redeten die ganze Nacht unten in der Wohnküche, erledigten Formalitäten.
Auch der Pfarrer war ins Haus gekommen.
Karl hatte sich stillschweigend in sein Zimmer verzogen. Es war selten genug, dass er nichts zu sagen wusste.
Mittlerweile 3.00 Uhr lag Johannes mit offenen Augen da und starrte an einen Punkt unter der Decke. Seine Arme hatte er hinter dem Kopf verschränkt.
Immer wieder fiel ihm Susanne ein. Sie hatte bestimmt gestern Abend auf ihn gewartet. Er hatte Sehnsucht nach diesen herrlichen blauen Augen, wollte diesen Mund endlich küssen.
Früh um sechs Uhr sprang er auf, riss seine Jacke vom Haken und rannte los. Er konnte sowieso jetzt nichts frühstücken.
Verzweifelt rannte er den ganzen Weg vom Reitmeyer-Hof bis zum Aldiana. Er hoffte inständig, dass er Susanne dort antreffen würde. Er musste ihr alles erklären, wollte unbedingt mit ihr reden. Musste sie einfach noch einmal sehen vor ihrer Abreise.
Er sprintete durch das Dorf.
Kurz vor dem Aldiana verlangsamte er seine Schritte, versuchte gleichmäßiger zu atmen.
Er beruhigte sich und kam wieder zu Atem.
Johannes hatte das Aldiana noch nie betreten.
All seinen Mut zusammennehmend ging er von der Seite auf die Eingangstür zu. Er atmete tief ein.
Durch die großen Glasfenster spähte er ins Innere des Hotels. Es brannte schon Licht. Er sah nach oben auf die vielen Fenster und fragte sich, ob Susanne wohl hinter einem von diesen schlafen würde. Vielleicht träumte sie auch von ihm.
Dann glitt sein Blick die Fassade herunter wieder zu den Fenstern. Angestrengt sortierte er die Bilder vor seinem Auge.
Ihm stockte der Atem. Was er dort sah überstieg seine kühnsten Träume. Er war wie gelähmt.
In dem Raum neben dem Empfang vorne standen Susanne und Anton sich gegenüber, sahen sich tief in die Augen.
Er wollte schreien, wollte die beiden trennen, konnte aber nur stehen bleiben und offenen Mundes nach drinnen gucken. Seine Füße waren wie festgefroren.
Dort stand seine Susanne und legte Anton gerade lachend die Hände auf die Schultern. Er konnte es nicht glauben, rieb sich verzweifelt über das Gesicht und die Augen.
„So schnell also hat sie sich getröstet“, schoss es ihm durch den Kopf.
Mehr wollte er gar nicht sehen, sollte sich eigentlich wegdrehen. Doch er stand wie angewurzelt.
In diesem Moment nahmen sich die beiden auch noch in die Arme. Das war zuviel. Für Johannes brach die ganze Welt zusammen.
„ Und dann mit diesem Schuft“, waren seine Gedankengänge.
Kraftlos ließ er die Arme sinken, drehte sich ganz langsam um und schleppte sich den Weg aus dem Dorf zurück.
Er hatte genug gesehen.
„Wie alle anderen Touristen auch“, dachte er.
„Ihren Spaß hatten sie mit den Bauernjungs. Ließen sie dann wie eine heiße Kartoffel fallen. Fanden schnell Ersatz und wollten nur ein schnelles Abenteuer erleben“, flimmerte es durch seinen Kopf.
Er stellte sich vor, wie sie wohl mit Anton über sein Bild lachen würde. Ob sie es überhaupt noch hatte?
Geschickt hatte sie ihn eingewickelt. Hatte Interesse an seinen Bildern geheuchelt. Nun wendete sie sich so schnell von ihm ab.
Tief enttäuscht und sich sicher, dass er Susanne damit verloren hatte, trat er den Aufstieg zum Hof zurück an. Seinen Eltern zuliebe konnte er sich jetzt nicht hängen lassen. Er musste auch Karl erst über diese Zeit helfen. Schließlich war er der Vernünftigere.
Schmerzlich wurde ihm bewusst, dass er heute auch keinen Trost in der Kammer seiner Großmutter finden würde. Er brauchte ja nicht mehr vorlesen.
Sie konnte ihm nicht mehr über die Haare streichen. Eine Träne stahl sich den Weg aus seinem Augenwinkel und lief die Wange herunter. Ungeduldig strich er sich mit dem Ärmel darüber. Er würde doch jetzt nicht heulen.
Er richtete seinen Blick nach vorn und sah auf das Zwiebeltürmchen. Hier und jetzt wollte er einige Vorsätze fassen. Seiner Großmutter zuliebe. Die Bilder ihres Antlitzes ließen sich nicht vertreiben.
Johannes versuchte, seine wirren Gedanken zu sortieren. Das Bild von Susanne verbannte er daraus. Das fiel ihm schwer. Immer wieder sah er, wie sich die blonden Haare Susannes auf Antons Schulter verteilten. Er schüttelte sich, daran wollte er nicht mehr denken.
„Ich muss mich jetzt um den Hof kümmern“, nahm er sich vor. „Ich werde tun, was von mir verlangt wird. Ich bin der Hoferbe und Vorbild für Karl.“
Er dachte daran, wie viel Geld in seinem Schrank lag.
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