SKIZZEN EINER ZARTEN LIEBE (German Edition)
an den Neujahrsabend hier mit Susanne im Mondschein. Er sah verträumt zum Himmel. Nein, heute schien der Mond nicht so hell. Aber dafür ein Stern.
Einen einzelnen Stern sah er am Himmel blitzen. Oder war es ein Flugzeug?
Johannes betrachtete den Himmel genau. Sog die klare Luft ein und merkte, wie sehr ihm das gefehlt hatte. Hier konnte er ein wenig neue Kraft tanken.
Ganz automatisch fing er an zu malen. Er hatte den Bleistift in die Hand genommen und skizzierte. Nach einer Weile merkte er, dass er ein Portrait zeichnete.
Er rief sich die Gesichter aus dem Traum in sein Gedächtnis und zeichnete. Er versank vollkommen in diesem Bild.
Etwas weiter oben links entstand das weise Gesicht seiner Großmutter. Es war, als könne er sich an jede einzelne Falte in ihrem gütigen Gesicht erinnern. Dann den Kragen ihres Nachthemdes, eine schmale Hand, die sich etwas hob.
Direkt darunter zeichnete er Susanne. Die Augen sahen nach rechts oben. Verunsichert war der Ausdruck ihrer Augen. Vorsichtig strich Johannes über das Gesicht auf dem Bild.
„Was mache ich hier überhaupt?“, dachte Johannes.
Er ließ das Bild zu Boden fallen und schleuderte den Stift weit weg. Seine Augen suchten den einen Stern am Himmel.
Der Stern blinzelte ihm zu.
Da hob er das Bild wieder auf. Plötzlich wusste er ganz genau, was seine Oma kurz vor ihrem Tod zu ihm gesagt hatte.
Wie einen Film ließ er die Szene vor seinem inneren Auge ablaufen. Ja, das musste es sein. Er war sich ganz sicher. Susanne hatte sie gesagt. Nimm Susanne und werde glücklich mit ihr.
Nimm siii, nimm sie. Zu.....an, Susanne. Natürlich, das war es.
Sie hatte ihn doch beobachtet. Seine Großmutter hatte es gewusst.
Jetzt hatte sich das Puzzle für ihn zusammengesetzt.
Langsam steckte er das Bild in sein Versteck. Nun wusste er, was er tun wollte. Er ging hinauf und packte ein paar Sachen zusammen. Dann suchte er seine Eltern und Karl.
„Mama, Papa, ich werde den Hof verlassen. Ich möchte Maler werden. Ich werde Kunst studieren. In München.“
Seine Eltern starrten ihn wütend und verzweifelt an. Nur Karl nickte fast unmerklich, aber wohlwollend.
„Aber das kannst du deiner Mutter nicht antun“, setzte sein Vater an und blickte zu seiner Frau Johanna hinüber.
„Es gibt jemanden, dem ich das versprochen habe, es wenigstens zu versuchen. Ich werde mein Versprechen halten. Ich gehe nach München.“
„Johannes, bitte, bleib, wir brauchen dich auf diesem Hof“, waren die verzweifelten Worte seiner Mutter.
„Karl kann das ebenso gut wie ich, wahrscheinlich sogar besser. Nicht wahr, Karl? Du wirst dich um den Hof und unsere Eltern kümmern?“
Karl versprach es. Er schluckte einen dicken Kloß, der in sich in seinem Hals festsetzte, tapfer hinunter. Er wusste, dass es genau das war, was sein Bruder konnte und wollte. Also würde er so stark sein, diesen Hof weiterzuführen.
„Ich möchte es wenigstens versuchen, Mutter. Lass mich gehen. Ich bin nicht der Richtige für diesen Hof. Ich kann das nicht mein Leben lang aushalten.“
„Steckt da eine Frau dahinter, Johannes?“ fragte sein Vater ihn streng.
„Nein, ich bin einfach nur nicht dafür geboren. Ich liebe es, Bilder zu malen, den Mond zu beobachten, Sterne zu zählen.....“
„Hör damit auf, Johannes. Du bist der Sohn eines redlichen Bauern. Kunst - so ein Quatsch. Irgendwann kommst eh wieder angekrochen. Aber dann brauchst auf uns nimmer zählen. Des schwör ich dir.“
Aufgebracht knallte der Vater die Faust auf den Tisch.
Sie stritten noch eine Weile hin und her. Seine Eltern wollten ihn einfach nicht verstehen.
Nachdem Karl ihm versichert hatte, auf alles acht zu geben, verabschiedete er sich trotzdem zumindest von Karl. Dann ging er eben ohne den Segen seiner Eltern. Irgendwann würden seine Eltern ihm verzeihen, davon war er überzeugt.
Er drückte Karl ganz fest.
„Viel Glück, großer Bruder“, sagte der schlicht.
„Alles Gute, Kleiner. Pass auf dich auf. Und danke.“
Johannes nahm seine Tasche auf. Das Geld hatte er ganz unten reingelegt, nicht ohne seinem Bruder vorher etwas davon zu geben. Sie zwinkerten sich ein letztes Mal zu.
Johannes lief im Dorf direkt zum Bahnhof. Er sah sich gar nicht mehr um. Er hatte Angst, sich es dan noch einmal anders zu überlegen.
Er nahm sich vor, an der Münchener Universität Kunst zu studieren. Er würde den nächsten Zug nach München nehmen und ein neues Leben beginnen. Konzentriert schaute er nach vorn und
Weitere Kostenlose Bücher