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Sklaven der Begierde

Sklaven der Begierde

Titel: Sklaven der Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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stammen von Hugenotten ab.“
    Stearns stieß missbilligend Luft durch die Nase aus. „Calvinisten.“ Es klang wie ein Fluch. „Es wird gern gesehen, wenn du am Gottesdienst teilnimmst“, fuhr er dann fort. „Es ist aber keine Pflicht. Du darfst dein Haar auch weiter lang tragen. Die Schuluniform hingegen ist Pflicht, allerdings nur deshalb, um an der Schule ein gleichberechtigtes Umfeld zu schaffen. Hier bei uns ist keiner was Besseres. Hast du das inzwischen kapiert?“
    Kingsley senkte den Blick. „Ja.“
    Stearns brachte ihn zum Gebäude mit den Schlafsälen. Bevor er eintrat, bückte er sich, um einen Armvoll Holzscheite einzusammeln. Kingsley folgte seinem Beispiel, in der Annahme, dass sie das Feuerholz in ihren eigenen Schlafsaal im zweiten Stock tragen würden. Doch Stearns ging in den Raum, in dem die jüngsten Schüler schliefen, und stapelte das Holz ordentlich neben dem Kamin. Dann nahm er Kingsley die Scheite ab und stapelte sie ebenfalls.
    Etliche Jungen hockten auf ihren Betten und lasen. Nur einer brachte ein fast unhörbares „Danke“ über die Lippen. Stearns sagte nichts, tippte dem Kleinen aber mit einer beinahe brüderlichen Geste an die Stirn. Als er den Raum verließ, blickten ihm alle Jungen im Zimmer mit weit aufgerissenen Augen ehrfürchtig nach.
    Kingsley folgte Stearns in die oberste Etage, wo die ältesten Schüler schliefen.
    „Um neun wird das Licht gelöscht“, erklärte sein Cicerone, weiterhin in schockierend perfektem Französisch. Hätte Kingsley es nicht besser gewusst, hätte er Stearns für einen Landsmann gehalten. „Wenn du für deine Hausaufgaben länger brauchen solltest, kannst du im Gemeinschaftsraum unten arbeiten. Aber wie sagt Father Henry so schön: ‚Brennholz wächst nicht auf Bäumen.‘ Also leg bitte für jedes Scheit, das du verheizt, wieder eins nach.“
    „Bien sûr“ , sagte Kingsley, obwohl er nie im Leben von selbst darauf gekommen wäre, das verbrauchte Brennholz zu ersetzen.
    „In diesem Raum schlafen achtzehn Leute. Jetzt, da du da bist, sogar neunzehn. Nathan Weitz hat oft Albträume, was dahintersteckt, hat er bislang noch keinem anvertraut. Mindestens einmal in der Woche wacht er schreiend auf. Ignoriere ihn einfach, nach ein paar Minuten schläft er wieder ein. Aber wenn du ihn schlafwandeln siehst, solltest du ihm folgen. Im vorigen Winter ist er einmal draußen im Hof gelandet und hat sich fast eine Lungenentzündung geholt. Für die Aufgabenverteilung ist Joseph Marksbury zuständig. Ich empfehle dir, mit ihm zu reden, bevor er mit seiner Liste zu dir kommt, es sei denn, du willst für den Rest des Schuljahrs Toiletten putzen. Und wenn du mich jetzt entschuldigen würdest – ich muss zu meinem Portugiesischunterricht zurück.“
    „Du lernst auch noch Portugiesisch? Wie viele Sprachen sprichst du denn?“
    „Acht.“
    „Ich bin bilingual. Wie nennt man das, was du bist?“
    Stearns hob eine Braue. „Intelligent.“
    Kingsley fing an zu grinsen, bevor er merkte, dass Stearns gar keinen Witz gemacht hatte.
    „Acht Sprachen“, sagte er. „Ich würde durchdrehen, wenn ich so viele Wörter im Kopf hätte. Es fällt mir schon schwer genug, mein Französisch und mein Englisch auseinanderzuhalten.“
    „Ein paar Mitschüler können ein bisschen Französisch, aber seit dem Tod von Father Pierre bin ich der Einzige hier, der die Sprache fließend beherrscht. Wenn du Französisch sprechen willst, sprich es mit mir. Du hast ja jetzt gesehen, dass es an unserer Schule zahlreiche freundliche und mutige Priester gibt und jede Menge intelligente und fleißige junge Männer, von denen viele gewaltige Hürden überwinden mussten, um überhaupt herzukommen. Falls du also jemals wieder das Bedürfnis hast, zu lügen, dann belüg mich.“
    Kingsley errötete und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich werde mich bei Matthew entschuldigen.“
    „Das ist eine ausgezeichnete Idee, Mr Boissonneault.“
    „Du kannst Kingsley zu mir sagen. So heiße ich.“
    Stearns schien sich diese Aufforderung gründlich durch den Kopf gehen zu lassen.
    „Kingsley …“ Er nickte, und Kingsley spürte eine eigenartige Spannung, als er seinen Namen aus dem Mund des blonden Pianisten hörte, der sich benahm, als gehörte ihm die Schule. „St. Ignatius war meine Rettung. Ich würde es daher sehr zu schätzen wissen, wenn du hier etwas Respekt zeigst – oder zumindest so tust.“
    Er drehte sich um und machte einen Schritt auf die Tür zu.
    „Merci“,

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