Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'
rufe
ich dich nochmal an. Küüüßchen.“
Ein Telefonhörer wurde aufgelegt.
Petra Dalmig, dachte Tim. Unverkennbar
die Stimme. Sie hat also einen Ossi, den sie durchs Telefon küßt. Und der hat eine
Alte am Bahnhof, und eine Kleine wird zum Park gebracht. Und wo, zum Teufel,
sind die Toiletten?
Er fand sie.
Ein Problem stellte sich! Händewaschen
ja oder nein?
Er entschied sich dagegen, ging zur
Party zurück und entdeckte Klößchen in einer Ecke, wo er die Delikatessen von
seinem überladenen Teller in sich hineinschaufelte.
Katharina winkte Tim zu sich.
Sie stand bei einem Typ, der beim Reden
sein Champagnerglas schwenkte und ziemlich viel verschüttete.
„Tim“, Katharina lächelte, „ich habe
gewonnen. Meine Wette, meine ich. Fritz Blöbb mußte einräumen, daß ihr beide
nicht das verkörpert, was man sich unter Stadtstreichern vorstellt. Willst du
nichts essen?“
„Gleich.“
Der Mann mit dem Champagnerglas sah Tim
neugierig an. Dann wandte er sich wieder an Katharina: „...und da habe ich also
zu ihm gesagt: Lieber Herr Friedrich-Etzel von Färber, habe ich gesagt, von
einem Gönner wie Ihnen erwartete man einfach, daß er dem Euro-Museum diese
Bilder als Leihgaben überläßt. Ich als Direktor des Euro-Museums muß geradezu
darauf bestehen. Denn diese Kunst- und Kultur-Schätze sollen jedermann
zugänglich sein und nicht eingesperrt werden in privaten Safes der Eigentümer.“
Er schwenkte sein Glas. „Nun wollen wir mal sehen, ob er seinem Herzen einen
Stoß gibt, der alte Bierbrauer. Hahahah.“
Katharina lächelte pflichtschuldig, war
aber gedanklich nicht bei der Sache.
Ach, wie klein die Welt doch ist,
dachte Tim. Man trifft immer wieder auf dieselben Bekannten — oder ihre Namen.
„Es hat keinen Stil, werter Herr“,
sagte er unter seiner Hutkrempe hervor, „wenn Sie einerseits einen Bierbrauer
bedrängen, für Ihr Euro-Museum den Gönner zu machen, andererseits und
gleichzeitig aber Champagner trinken — also den Bierabsatz verhindern. Eine
gewisse Solidarität ( Kameradschaftsgeist ) könnte dieser Herr von Färber
erwarten.“
Der Museums-Direktor bekam einen
Hustenanfall und verschüttete nun auch den Rest seines Prickelweins.
„Das ist Herr Leckler“, stellte
Katharina vor. „Haben Sie sich verschluckt, Kuno?“
Kuno Leckler erstickte fast.
„Gestatten Sie?“ Tim schmetterte ihm
die flache Hand zwischen die Schulterblätter.
Leckler wurde fast auf die Knie
geworfen. Aber der Husten hörte auf.
„Danke!“ keuchte er. „Meine Lunge ist
wieder frei. Stattdessen kann ich nun die Brustwirbelsäule nicht mehr bewegen.“
„Tut mir leid“, grinste Tim. „Ich
dachte, Sie halten das aus.“
Leckler war ein großer,
raubvogelartiger Typ mit Geiergesicht und Armen, die irgendwie an Flügel
erinnerten. Er trug eine schwarze Hornbrille. Unter dem linken Auge hatte er
ein violettes Muttermal — so groß wie ein Markstück.
Katharina blickte über Tims Schulter.
„Ich glaube, Petra Dalmig will was von
dir.“
Tim drehte sich um.
Die Schwester des Gastgebers stand in
jener Flurtür, die, wie Tim wußte, zu den Toiletten führte. Petra winkte ihm
zu.
Tim sockte zu ihr.
„Ich hab’ was für dich“, lächelte Petra.
„Einen Pullover mit einem großen T drauf. Fast neu. Nein, ganz. Er war für
Wendys Gärtner bestimmt. Der heißt Theobald. Aber Wendy hat ihn rausgefeuert —
weil ihm, Theo, die Rosenstöcke eingegangen sind. Jetzt ist der Pullover noch
da. Er müßte dir passen. Für Willi habe ich was Kariertes. Ja, und bevor euch
Katharina dann zurückbringt, kriegt ihr zwei große Thermosflaschen mit heißem
Tee, ja?“
„Nehmen wir alles sehr gern“, nickte
Tim. „Zwischen zwei und fünf Uhr früh ist es besonders kalt. Ein Schluck heißer
Tee wirkt da Wunder.“
15. Alles Angeber
Auf dem Hauptbahnhof, Gleis 23, war es
schon am späten Abend eiskalt.
Oswald Müller trug seinen Daunenmantel
und außerdem schmale Pflaster auf dem zerkratzten Gesicht.
Ohne meßbare Verspätung fuhr der Intercity
ein, und in der riesigen Halle kündete eine Lautsprecher-Durchsage an, daß er
jetzt da sei, der IC Nr. soundso...
Oswald stand in Höhe der Lok und sah
sich um.
Manager mit Aktenkoffern, müdem Schritt
und fahlen Gesichtern stiegen aus. Einige dachten voller Grausen an den
nächsten Tag. Andere dachten gar nichts und schlurften in Richtung
Stehbier-Halle.
Barbara Müller von Färber stieg
rückwärts aus dem vierten Wagen und zerrte an einer großen
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