Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'
Denkkasten.“
Katharina seufzte und dachte eine Weile
nach über Tims Erkenntnis.
Der Wagen erreichte die
Regenbogen-Brücke, und Olaf hielt an derselben Stelle wie vorhin.
Die Jungs stiegen aus. Durchs Fenster
verabschiedeten sie sich mit Handschlag und Dankesworten.
„Ich habe vor, eine Penner-Gewerkschaft
zu gründen“, sagte Tim. „Natürlich mit mir als Vorsitzenden. Willi wird
Chef-Funktionär. Wenn die Sache erstmals steht und wir noch freiwillige Spenden
brauchen, kommen wir zu Ihnen, Frau von Hippe, Herr Präht. Und dann kriegen wir
eine Liste mit all den netten Leuten, die heute abend da waren. Damit wir auch
die anhauen können, abgemacht?“
„Davor bewahre mich Satan!“ sagte Olaf
und kurbelte das Fenster zu.
Der Wagen fuhr ab.
Katharina winkte.
Müde stiegen die beiden Jung-Penner die
Treppe hinunter.
„Wenn jetzt die Baubude belegt ist“, sagte
Klößchen, „lege ich mich daneben. Mann, habe ich Durst.“
„Ich auch“, nickte Tim. „Der Fischsalat
war total versalzen. Und ausgerechnet von dem haben sie mir soviel aufgetan.“
„Wir haben ja den Tee“, murmelte
Klößchen und stolperte voran.
Auf dem Kai war es dunkel. Der
Nachtwind sauste über den breiten Fluß, und im schwarzen Wasser spiegelten sich
die Laternen der Ufer-Straße.
Niemand war in der Baubude.
Die beiden Freunde hockten sich hin.
„Ich könnte mich beölen“, meinte
Klößchen, „diese Schickeria haben wir reingelegt. Keiner hat was gemerkt.“
Tim öffnete seine Thermosflasche und
kostete vom Tee. Er war heiß, ungesüßt und schmeckte sehr gut. Tim trank einen
Becher und dann noch einen.
„Gute Idee“, meinte Klößchen.
Auch er trank zwei Becher.
Kurz darauf wurden die Lider
bleischwer.
Beide Jungs schliefen ein, und aus dem
Schlaf wurde tiefe Bewußtlosigkeit.
16. Geld, Geld, Geld
Der Penner Theo Weber, den seine
Kollegen boshafterweise Schrumpfkopf nannten, trollte durch die Vuideibel-Gasse
und benutzte wie immer seinen Spazierknüppel, um die morschen Kniegelenke zu
entlasten.
Nach dem Ärger vorhin mit Taschke und
Kröse hatte Theo sich wieder beruhigt.
Im Stadtpark, wo er manchmal
übernachtete, gefiel es ihm heute nicht. Er beschloß, unten am Fluß zu pennen,
und war jetzt auf dem Weg dorthin.
Am Ende der Gasse war ein
Uhren-Geschäft. Die große Normaluhr über dem Eingang zeigte 23.35 Uhr an.
Theo überquerte die Wieland-Straße.
Dort, wo eine Steintreppe zum Fluß
hinunter führt, parkte ein dunkler Mercedes. Niemand saß drin.
Im Vorbeischlurfen warf Theo einen
Blick ins Innere. Auf dem Beifahrersitz lag ein Herrenhut.
Theo stieg die Treppe hinunter.
Südlich — in einer Entfernung von etwa
400 Metern — sah er die Laternen der Regenbogen-Brücke.
Hart setzte Theo seinen Stock auf. Das
Geräusch war weit zu hören. Aber der Mann, der neben der Bank unten am Kai lag,
hörte es nicht.
Verblüfft blieb Theo stehen.
Der Mann röchelte. Er spreizte die
Beine, verdrehte das eine, hatte die Arme ausgebreitet. War er bewußtlos?
Theo knipste sein Feuerzeug an und
leuchtete dem Mann ins Gesicht. Es war zur Seite gewandt.
Mich sticht der Schwertfisch, dachte
Theo. Das ist doch der reiche Alte, den ich heute nachmittag sah. Oben in dem
Park, wo die Enkel bei dem Alten waren.
Theo bückte sich. In dieser Haltung war
er nur eine Handbreit größer als ein Dackel.
Aus nächster Nähe stellte Theo fest,
daß der Alte — natürlich handelte es sich um Friedrich-Etzel von Färber —
offenbar einen Herzanfall hatte. Oder galoppierendes Lungen-Asthma, Blutfieber,
Wadenkrämpfe im Magen, Gehirnschüttelfrost mit lähmenden Folgen...
Was Krankheiten betraf, hatte der
Penner null Ahnung. Störungen, die er bei anderen beobachtete, benannte er auf
seine Weise. Das hier sah ernst aus. Aber Theo hätte eher eine Giftschlange am
Schwanz gezogen als einen Kranken angerührt.
Vielleicht sollte ich, dachte der
Penner, irgendwen benachrichtigen.
In dieser Sekunde fiel sein Blick auf
die Tasche.
Sie stand auf der Bank, eine
Reisetasche aus beigem Material — absolut oberste Preiskategorie, mit dem
goldenen Firmenzeichen Gianino Portovetto, Italia — und fetten Steppnähten.
Klasse! dachte Theo. Und bestimmt ist
was drin.
Statt sich um Etzel zu kümmern, öffnete
er die Tasche. Mit seinem Feuerzeug leuchtete er hinein.
Dem Penner war, als küsse ihn eine Fee
auf seine Glatze — während es vom Himmel herab Gold regnete.
Die Tasche enthielt Geld, Geld, Geld —
sozusagen
Weitere Kostenlose Bücher