Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'

Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'

Titel: Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
und Damen waren in gleicher Stückzahl
vertreten — lachten leise und fein.
    „Du scheinst belesen zu sein“, sagte
Blöbb. „Hm. Hast ja auch genug Zeit, wie? Aber wie kommt einer wie du an
Bücher? Mußt ja nehmen, was sich gerade so anbietet. Daraus kann keine
geordnete Bildung entstehen.“
    „Ich lese nach System“, entgegnete Tim.
„Zur Zeit beschäftige ich mich mit Philosophie.“
    „Unglaublich“, sagte ein weißhaariger
Herr in der Nähe. Er hielt sein Champagnerglas in der Hand, als wäre es ihm zu
schwer. „Ich habe Philosophie studiert. Wärst du bereit, dich von mir ganz kurz
examinieren ( ausfragen ) zu lassen?“
    „Nur zu, Herr Professor.“ Tim grinste.
„Für jede Antwort, die ich schuldig bleibe, muß Willi ein Sandwich essen. Damit
wir auf die gewünschte Punktzahl kommen. Einverstanden?“ Etwa die Hälfte der
Gäste lachte beifällig. Alle waren näher gekommen und genossen das Schauspiel.
    „Ich nenne dir die Namen von
Philosophen, Tim“, sagte der weißhaarige Herr. „Und du sagst mit einem einzigen
Satz, was dir dazu einfällt.“ — „Gut.“
    Bevor der Weißhaarige anfangen konnte,
entstand in der hinteren Reihe Bewegung.
    „Der Hausherr ist wieder da“, sagte Katharina.
„Moment noch, Dr. Nachtenger. Erst muß ich Tim und Willi vorstellen.“
    Wendelin Wiegand wurde von einer jungen
Frau begleitet. Sie war hübsch, hatte dunkles Kurzhaar und sprühende Glutaugen.
Trotzdem — Tim spürte auf Anhieb Widerwillen.
    Das ist eine falsche Schlange, schoß es
ihm durch den Kopf. Wie sie sich bewegt, wie sie Blicke wirft! Ihr Lächeln ist
angeklebt.
    Wendelin war sehr groß und hatte die
Figur eines Kegels: mit abfallenden Schultern und mehr Rundungen als Ecken.
Dick war er allerdings nicht, eher plump. Der muskulöse Hals wirkte gebläht.
Der runde Bauernschädel schien keine Ohren zu haben — so flach lagen sie an.
Eine fleischige Nase hing über die Oberlippe. Eisige, sehr helle Augen
richteten sich auf Tim und auf Klößchen.
    So hätte der TKKG-Häuptling sich einen
Scharfrichter vorgestellt — einen Henker, egal ob mit Schlinge oder Schwert.
    „Als meine Gäste“, sagte Wendelin mit
kurzatmiger Stimme, „heiße ich euch willkommen. Ist es wahr, daß ihr
mutterseelenallein seid auf der Welt?“
    „Es ist wahr, ficht uns aber nicht an“,
erwiderte Tim.
    „Bist du kahl unter deinem Hut?“

    „Sie wollen wissen, weshalb ich ihn
aufbehalte. Das ist eine Gewohnheit, von der ich nicht abgehe. Seit zweieinhalb
Jahren habe ich ihn auf der Birne. Nur wenn Willi mir die Haare stutzt, nehme
ich ihn ab. Kahl bin ich nicht.“
    Wiegands blonde Brauen schoben sich
zusammen.
    Die junge Frau trat vor und reichte —
tatsächlich — Tim und dann Klößchen die Hand.
    „Ich bin Petra Dalmig, die Schwester.“
    „Krankenschwester?“ fragte Tim und nahm
seine verdreckten Finger zurück.
    „Nein.“ Sie lachte. „Ich bin Wendelins
Schwester, geborene Wiegand, geschiedene Dalmig. Ihr könnt Petra zu mir sagen.“
    Trotzdem kann ich dich nicht leiden,
dachte Tim.
    Klößchen sagte: „Jetzt wird’s mir zu
heiß. Ist ja eine Affenhitze in diesem Stall. Und dieser Auftrieb. Soviele Typen
an einem Ort habe ich das letzte Mal gesehen, als der weiße Wal im Rhein
umherirrte. Du entsinnst dich, Tim? Im übrigen ist der Ofen dort offen. Wieso
hat der keine Klappe? Weshalb kann man ihn nicht schließen?“ Er nahm seine
Fliegerkappe ab. „Mein Gehirn braucht Frische.“
    „Dieser Ofen“, erklärte Katharina
rasch, während die Umstehenden grinsten, „ist ein offener Kamin.“
    „Sehr unpraktisch“, meinte Klößchen.
    „Von mir aus können wir jetzt anfangen,
Herr Dr. Nachdenker“, sagte Tim zu dem Weißhaarigen.
    „Nachtenger“, verbesserte der. „Mit t
und mit g. Im übrigen hast du recht. Altvordere von mir hießen tatsächlich
Nachdenker. Noch im Jahre 1769 gab es einen Hyppolit Nachdenker. Das ist
verbürgt. Irgendwann später wurde der Name geändert.“
    „Nomen est omen (lat. Im Namen liegt
Vorbedeutung)“, sagte Tim.
    „Du kannst Latein?“
    „Latein? Ich dachte, das wäre
Spanisch.“
    Dr. Nachtengers Mundwinkel zuckten.
    Tim bemühte sich um ein harmloses
Gesicht, zog an der Hutkrempe und stemmte eine Hand in die Hüften.
    „Also“, sagte Nachtenger. „Ein Name —
ein Satz. Friedrich Nietzsche.“
    „Der hat das Mitleid verachtet und
wollte den Übermenschen.“
    „Hervorragend, Tim! Karl Marx.“
    „Der deutete die Geschichte als ewigen
Klassenkampf

Weitere Kostenlose Bücher