Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'
wieder in den Mantel gesteckt, und die
TKKG-Bande strebte zum Festsaal, wo der Kontrolleur soeben die Tür schließen
wollte. Die vier zeigten ihre Einladungen vor.
3. Alte Bekannte
Diese wogende Menge! Dieses schicke
Gewimmel! Jeder hielt sein Sektglas in der Hand. Man stand paar- oder
grüppchenweise zusammen, und das Geschnatter erinnerte an einen Teich voller
Enten — Schnatter- oder Knäk-Enten, natürlich.
Die TKKG-Bande postierte sich am
Eingang und blickte umher.
War Caroline schon da?
„Willi“, sagte Tim. „Kneif mich mal.
Träume ich? Oder siehst du dasselbe wie ich?“
„Lange nicht mehr so erschreckt
gewesen“, murmelte Klößchen. „Dachte schon, ich spinne. Das sind doch —
abgesehen von den amtlichen Würdenträgern — exakt die Typen, die uns auf
Wendelin Wiegands Party beglotzt haben. Damals im November, als wir Penner
waren wegen der Wette.“
„Ich entsinne mich, worum es ging“, nickte
Tim. „Ist ja erst drei Monate her.“
„Entschuldige! Ich weiß, wie
gehirnstark du bist.“
„Seid ihr sicher“, fragte Gaby, „daß es
dieselben sind? Au wei!“
„Alles Schicki-Mickis“, sagte Karl.
„Das Gesochs treibt sich überall rum, wo’s gesellschaftlich ,in’ ist und die
Presse zuguckt.“
„Vielleicht erkennt man uns nicht“,
meinte Klößchen. „Typen wie Tim und mich gibt’s an jeder Ecke.“
Gaby lachte glockenhell.
Tim beschloß, kalt zu bleiben — sowohl
-blütig als auch -schnäuzig.
„Dort hinten ist Caroline“, sagte Gaby.
„Wir...“
Sie stockte. Denn drei Personen — eine
Dame und zwei Herren — näherten sich.
Hätte ich das geahnt! dachte Tim. Jetzt
sind wir blamiert. Wenn ich wenigstens meine Sonnenbrille hier hätte!
Der weißhaarige Dr. Nachtenger, der Philosophie
studiert und Tim auf diesem Gebiet ausgefragt hatte, wirkte etwas dümmlich mit
seinem halboffenen Mund.
Katharina von Hippe, das Frauchen des
Boxer-Welpen Ben, trug ein italienisches Kostüm in Dunkelrot und Schwarz, dazu
massenhaft Schmuck. Ein verstörter Ausdruck überzog das Make up.
Katharinas ständiger Begleiter, der
Friseurläden-Inhaber Olaf Präht, runzelte heftig die Stirn. Obwohl er sich
sonst bestimmt mehr für das Weibliche interessierte, war sein forschender Blick
nur auf Tim und Klößchen gerichtet.
„Hallo“, Tim grinste. Er wollte den
Stier bei den Hörnern packen. „So sieht man sich wieder. Gut durch den Winter
gekommen?“
„Tim?“ fragte Katharina mit total
hohler Stimme.
„Willi?“ Nachtenger wirkte verwirrt.
Die beiden nickten.
„Ich glaube“, Olaf Prähts Stirn war
eine einzige Runzel, „ihr seid eine Erklärung schuldig.“
„Och“, lächelte Tim, „eigentlich haben
wir uns nur verkleidet. Nachher schlüpfen wir wieder in unsere Penner-Klamotten
und gehen unter die Brücken. Daß wir hier sind, hat einen einfachen Grund: Zur
Zeit interessieren wir uns für Kunst. Darf ich bekanntmachen — Gabriele
Glockner, Karl Vierstein.“
Nach einem langen Augenblick
unbehaglichen Schweigens sagte Olaf: „Und wie heißt ihr beide wirklich?“
„Daran hat sich nichts geändert. Ich
bin Peter Carsten, Tim genannt. Früher hieß ich mal Tarzan. Willi ist immer
noch Willi-Willi Sauerlich.“
Olaf gab einen erstickten Laut von
sich. „Aber... aber doch nicht verwandt mit Frau Sauerlich, meiner besten
Kundin?“
„Naja...“, Klößchen hätte beinahe auf
den Nägeln gekaut, „...ein bißchen schon. Sozusagen. Ein wenig... Sie ist meine
Mutter.“
Nachtenger begann zu lachen. „Ihr habt
uns reingelegt. Nicht zu glauben. Die ganze Nacht wurde damals noch von euch
geredet. Es fanden sich sogar zwei kinderlose Ehepaare, die euch adoptieren
wollten. Aber mit zunehmender Ernüchterung gegen Morgen wurde dieser Gedanke
wieder fallen gelassen. Soweit ich mich erinnere, habt ihr aber doch
tatsächlich unten am Fluß in einer Bude...“
„Ja“, fiel Katharina ihm ins Wort.
„Dort haben wir sie gefunden. Wie richtige Stadtstreicher sind sie dort
untergekrochen. Ich schwöre es...“
Tim nickte. „Es ging um eine Wette.“
„Und?“ fragte Nachtenger. „Gewonnen?“
„Unentschieden“, sagte Klößchen. „Wir
hätten dreieinhalb Tage wie echte Penner leben müssen. Aber wir wurden
gekidnappt und zur Wächtlings-Burg verschleppt. Wir sollten Sklaven werden in
Wutawia, aber...“
„Was?“ quietschte Katharina, der es
offenbar nicht gegeben war, jemanden ausreden zu lassen. „Dann seid ihr die
beiden Jungs, von denen in der Zeitung
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