Sklavin des Herzens
jedoch nicht hier bleiben. Safiye hatte ihr vier Badehelferinnen an die Seite gestellt, die sie in ein kleineres Zimmer führten. Nun wurde Chantelle zum erstenmal gründlich mit einer schmirgelartigen Seife abgewaschen, bis ihre Haut sich wie rohes Fleisch anfühlte. Sie stand da und ließ die Prozedur über sich ergehen, die sie als Demütigung empfand, da die Mädchen darauf bestanden, daß sie die Waschung vornahmen. Chantelle wehrte sich auch nicht zu sehr, als der zarte Flaum, der ihren Körper bedeckte, mit einer enthaarenden Substanz entfernt wurde. Die Mädchen erklärten ihr, dies würde bei allen Frauen gemacht. Erwartete sie, eine Ausnahme zu sein?
Nein, natürlich nicht. Sie wollte sich den anderen anpassen, wollte nicht auffallen und somit dafür sorgen, daß sie vergessen wurde. Wenn die Mädchen nun aufgehört hätten, wäre alles gut gewesen, und Chantelle hätte den Reinigungsprozeß als beendet angesehen. Aber sie hörten nicht bei dem blaßblonden Flaum auf, und Chantelle schrie aus vollem Hals, als sie sich ihren Schamhaaren mit der Absicht zuwendeten, die lockigen Büschel auszurupfen.
Safiye, die schnell herbeigerufen worden war, fand Chantelle mit dem Rücken zur Wand, in der einen Hand einen Topf mit geschmolzenem Wachs, in der anderen die Kohlenpfanne, die das Wachs erhitzt hatte.
»Was für einen Zweck soll das erfüllen?« fragte Safiye. »Ich brauche nur einen oder zwei Eunuchen herbeizuzitieren, und Sie sind sofort gebändigt.«
»Diese Mädchen wollen mich nicht in Ruhe lassen«, erklärte Chantelle verärgert und betrachtete die inzwischen nervös gewordenen Sklavinnen zornig, die sich um ihre Einwendungen nicht gekümmert hatten.
»Und Sie möchten sie deswegen verbrennen?«
»Wenn es nötig ist, Madame.«
Diese ruhige Erwiderung bewirkte bei Safiye ein wütendes Stottern. »Sie sind verrückt! Verrückt! Was wollen Sie denn da schützen, Sie dummes Ding? Ihr Haar soll entfernt werden, nicht Ihr Hymen.«
Chantelle errötete, doch sie gab nicht auf. »Ich habe sie schon genug von meinem Haar entfernen lassen. Jetzt ist Schluß!«
»Das haben nicht Sie zu entscheiden. Ihr Körper gehört Ihnen nicht mehr, und Schamhaare sind sündig. Sie müssen …«
»Wer sagt das?« fragte Chantelle schneidend. »Mein Körper ist so, wie Gott ihn haben wollte. Wie kann dann etwas, das auf ihm wächst, sündig sein?«
»Ein sehr gutes Argument«, sagte Lalla Rahine von der Tür her. Sie war unbemerkt hereingekommen. »Und wenn Sie unsere Sitten lernen, Haar, werden Sie auch unseren Standpunkt verstehen. Aber im Moment ist all die Aufregung überflüssig.« Dann furchte sie die Stirn und fügte vorwurfsvoll hinzu: »Sie haben sich die Hände verbrannt, nicht wahr?« Sie schnippte mit den Fingern, und eine Sklavin rannte sofort, um Salbe zu holen. »Kommen Sie, Haar, legen Sie das Zeug weg und lassen Sie uns die Verbrennungen behandeln, ehe es Blasen gibt.«
Chantelle hatte den stechenden Schmerz an ihren Fingern kaum gespürt. »Man wird mir nichts mehr von meinem Haar ausreißen?« meinte sie störrisch.
»Nein, Sie beenden Ihr Bad und gehen in Ihr Zimmer zurück. Dort wird dann Ihre Schulung beginnen.«
»Aber …«, sagte Safiye und wurde durch einen scharfen Blick der smaragdgrünen Augen zum Verstummen gebracht.
Erst jetzt, nachdem die Kontroverse vorbei war, kam es Chantelle ins Bewußtsein, daß sie splitternackt dastand. »Könnte ich ein Kleid oder etwas anderes …«
»Natürlich, meine Liebe.« Rahine machte eine Handbewegung, und eine weitere Sklavin eilte davon. »Aber Sie müssen wirklich daran arbeiten, Ihre Schamhaftigkeit abzulegen, vor allem hier im Hammam, wo viele der Odalisken die meiste Zeit des Tages nackt herumliegen. Gehen Sie nun mit den Wärterinnen und lassen Sie sie ihre Pflichten erledigen.«
Sobald Chantelle im nächsten Raum verschwunden war, verwandelte sich Rahines Ton in frostiges Mißfallen, das sich auf Safiyes Haupt entlud. »Sie Närrin. Es ist genügend Zeit, die Äußerlichkeiten vorzunehmen, ehe sie von meinem Sohn gerufen wird, und genügend Zeit, daß sie sich an die Veränderungen gewöhnt, die von ihr erwartet werden. Es gab keinen Grund, sie so aufzuregen, daß sie das Gefühl hatte, gegen uns kämpfen zu müssen. Wenn sie in Zukunft an etwas Anstoß nimmt, sagen Sie es mir.« Mit diesen Worten schwebte sie hinaus und ließ Safiye keine Gelegenheit zur Verteidigung.
21
»Nun, was meinen Sie?« fragte Adamma.
Chantelle hob den
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