Sklavin des Herzens
Kopfhaut strichen, aber nur für einen Moment. Dann hob er die Hand und ließ ihr Haar langsam durch seine Finger gleiten.
Chantelle wandte den Kopf und sah, wie er eine platinblonde Strähne zwischen den Fingern rieb. Die junge Frau war einen Augenblick lang wie hypnotisiert. Es erschien ihr so intim, wie diese dunklen Finger ihr Haar streichelten, denn es war wirklich ein Streicheln, ein zärtliches Spürenwollen. Sie lehnte sich ihm entgegen, um ihm den Zugriff zu erleichtern – hatte sie doch die Möglichkeit, sich jederzeit zurückzuziehen. Jedenfalls glaubte sie das.
»Ich hatte nicht recht«, sagte er und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf seine dunkelgrünen Augen. »Es ist noch weicher als Seide. Ist Ihre Haut genauso?«
Oh, Gott, wollte er sie jetzt anrühren? Sie versuchte, sich gerade aufzurichten, doch er hielt ihr Haar noch fest und ließ es nicht los.
»Kommen Sie, Haar, rutschen Sie auf mein Kissen«, bat er schmeichelnd. »Legen Sie den Kopf auf mein Knie.« Als sie sich nicht rührte, fügte er hinzu: »Sie müssen sich daran gewöhnen, neben mir zu liegen, aber im Moment interessiert mich nur Ihre Haut. Und davon ist genügend zu sehen, so daß ich Sie nicht bitten werde, irgendein Kleidungsstück abzulegen.«
Das hätte sie beruhigen müssen, aber es war nicht so. Sie wußte, daß sie ihm diese kleinen Gefälligkeiten wirklich nicht versagen konnte, denn ihr Körper gehörte ihm. Er brauchte um nichts zu bitten. Er brauchte sich nur zu nehmen, was er wollte. Ob sie ihm zu gegebener Zeit erlauben konnte, sein »Ding«, wie Vashti es genannt hatte, ohne irgendeinen Widerstand ihrerseits in ihren Körper zu tauchen, wußte sie nicht, aber sie brauchte noch nicht in Panik zu verfallen, nicht, ehe er vorschlug, in den Palast zu gehen.
Für einen Mann, der sie sofort herbeizitiert hatte, ließ er sich nun erstaunlich viel Zeit mit ihr. Das erfüllte sie mit Dankbarkeit – und auch die Tatsache, daß er heute ein anderer Mensch zu sein schien als bei ihrer ersten Begegnung.
»Haar«, sagte er leise, nicht ungeduldig, aber mit dem Wink, daß ihr Zögern keine Begnadigung nach sich ziehen würde. Er wartete.
Sie bewegte sich und schlängelte sich auf sein Kissen. Aber sie mochte den Kopf nicht auf sein gebeugtes Knie legen, wie er vorgeschlagen hatte. Das fand sie bei weitem zu intim. Statt dessen stützte sie sich auf ihre Ellenbogen. Sie wußte zwar, daß diese Position ihre Brüste in den Vordergrund rückte, aber das konnte sie nicht ändern. Sie besaß keinen großen Busen, aber sie hielt ihn auch nicht für klein. Natürlich war er winzig im Vergleich zu dem der anderen Frauen, und deshalb hoffte sie, Jamil würde ihn gar nicht bemerken.
Er bemerkte ihn auch nicht. Er blickte auf ihre nackte Taille. Sicher war Chantelles Hoffnung unsinnig gewesen, daß er bei der Erwähnung ihrer sichtbaren Hautteile ihre bloßen Arme gemeint haben könnte. Die hatte er auch nicht gemeint. Seine Hand legte sich langsam auf ihren Bauch, und Chantelle hielt den Atem an, denn diese Hand brannte wie Feuer. Ein leiser Laut entrang sich ihren Lippen.
»Was?« flüsterte er, und sein Blick zog den ihren wie magnetisch an.
»Nichts«, erwiderte sie. Es klang piepsig, und sie stöhnte vor Verlegenheit.
»Unter meiner Hand wird dir kein Leid geschehen, Haar«, sagte er und verwendete das vertraute »Du«. »Aber du mußt dich entspannen.«
»Ich … Ich kann nicht.«
»Warum nicht?«
Seine Finger hatten sich über ihrem Bauch gespreizt und bedeckten fast die ganze Fläche. Nun bewegten sie sich in einem langsamen, beruhigenden Kreis. Doch Chantelle empfand dieses Streicheln nicht als beruhigend. Ihre Muskeln zogen sich zusammen, als könnten sie vor dem fleischlichen Kontakt davonspringen. Selbst ihr Inneres schien in einem Fluchtversuch zu beben.
»Warum nicht?« wiederholte er drängender. »Habe ich dir einen Anlaß gegeben, mich zu fürchten?« Mit einem Hauch von Groll fügte er hinzu: »Heute?«
Sie dachte einen Moment nach, doch es gab nur eine Antwort, die der Wahrheit entsprach. »Nein.«
»Was ist dann nicht in Ordnung?«
Alles, dachte sie, aber sie sagte nur: »Nie zuvor hat ein Mann mich so berührt.«
»Ich weiß«, erklärte er zu ihrer Überraschung. »Wegen deiner Unschuld sind wir hier, anstatt dort drinnen.« Er machte eine Kopfbewegung in die Richtung seines Schlafzimmers.
Chantelle schöpfte sofort Hoffnung, daß der Tag der Heimsuchung noch nicht gekommen war, daß diese
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