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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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und sich überlegte, ob es echt nichts anderes gäbe, womit er sich den Lebensunterhalt verdienen könnte.
    Natürlich. Sprich nach deiner Rückkehr mal mit Zooly und schau, ob sie nicht einen Türsteher für unter der Woche braucht.
    Säuerliches Grinsen. Sein Flug wurde aufgerufen. Er verzehrte den Rest seines Pampaburgers Marke Olé, wischte sich die Finger ab und ging los.
    Auf dem Flug nach Miami schlief er schlecht. Er träumte von den schweigenden Gängen auf der Felipe Souza und spürte ein leises Entsetzen, dass Gabys Geist ihn in der stillen Low-G-Umgebung verfolgte. Sie zeigte einen gelassenen Ausdruck, und das Gesicht war wunderbarerweise unversehrt von dem Schuss, der sie getötet hatte. Nur ihre Gehirnmasse tröpfelte aus dem Loch, das er ihr in den Hinterkopf gepustet hatte. Variationen über ein Thema, aber nichts Neues – bloß dass es sonst eine andere Frau war, die in dem verlassenen Raumschiff hinter ihm hertrieb, ihn nie so ganz berührte und ihm etwas ins Ohr zischelte, gerade so laut, dass es über dem totenstillen Gewinsel des Schweigens lag.
    Ruckartig und schweißgebadet erwachte er von der Ankündigung des Flugkapitäns, dass sie ihren Abstieg nach Miami begannen und dass der Flugplatz wegen eines Alarms gesperrt sei. Daher würden in nächster Zukunft keine Anschlussflüge starten. Örtliche Übernachtungsmöglichkeiten könnten gebucht werden über…
    Fuck.
    Das Suborb-Shuttle von Virgin hätte ihn fünfundvierzig Minuten nach seinem Abflug von Miami in den Himmel über London gebracht. Er hätte zur letzten Bestellung bei Banners daheim sein und dann in sein Bett unter den von Bäumen gesäumten Traufen seines Apartments in Crouch End steigen können. Hätte am folgenden Morgen langsam und spät unter dem Gesang von Vögeln draußen vor dem Fenster erwachen können, während von Wolken aufgesplittertes Sonnenlicht durch die hellen Blätter gesickert wäre. Zumindest ein bisschen Freizeit im britischen Sommer – angesichts der Verletzung wäre der Behörde nichts anderes übrig geblieben – und dazu der ganze Atlantik zwischen ihm und der emotionalen Topografie des Marspräp.
    Stattdessen trug er seinen Koffer durch die breiten, hellen Ankunftshallen, gesäumt von zehn Mal zwei Meter großen Holoschirmen, die mahnten: Vergiss nicht, alles bloß roter Fels und Luftschleusen! Überleg’s dir noch mal! Und: Wir schicken nur Gewinner zum Mars. Miami war die Drehscheibe Transamerikas, und das bedeutete, Drehscheibe für jede Gesellschaft, die etwas mit der Western Nations Colony-Initiative zu tun hatte. Eine Journalistin für eine farbige Zeitungsbeilage, die mehr Zugriffszeit auf den Zentralrechner hatte, als sie verdiente, hatte in einem Bordmagazin, das er vor mehreren Jahren gelesen hatte, geschrieben: Gegenwärtig passiert jede siebte Person Miami International aus Gründen, die direkt oder indirekt mit dem Mars und dem COLIN-Programm zu tun haben. Diese Zahl wird noch ansteigen.
    Heutzutage lag sie wahrscheinlich eher bei eins zu vier.
    Er nahm Rollstege und Aufzüge und fühlte sich nach wie vor leicht benommen von dem Kodein. Auf der anderen Seite des Flughafenkomplexes buchte er im neuen MIA Marriott ein Zimmer mit Aussicht auf die Skyline und bestellte aus der Liste von Serviceangeboten eine ärztliche Untersuchung. Dabei ließ er alles vom Behördenkonto abbuchen. Als Vertragsmitarbeiter verfügte er nur über einen beschränkten Spesensatz – da er verdeckt arbeitete, hieß das meist Bezahlung mit Kreditkarte oder Bargeld, das er sich dann als Teil seines Honorars zurückholen musste –, aber da er im ungünstigsten Fall einige Tage Zeit hätte, bis er zurück nach London kam, und da die Akte Gray offiziell geschlossen war, lag immer noch einiges Fleisch auf dem Teller.
    Zeit, es zu essen.
    Auf dem Zimmer streifte er sich das Jackett und das Weblar-Panzershirt ab, warf seine verschmutzte Kleidung auf den Boden und stellte sich fünfzehn Minuten lang unter eine heiße Dusche. Das Netz war verschwunden, hatte sich in sein spinales Versteck zurückgezogen, und so war er ein ganzer Katalog aus allen möglichen Schrammen, die er durch die dünner werdenden Vorhänge des Kodeins spüren konnte. Die verklebte Wunde an seiner Seite machte sich bei jeder Bewegung bemerkbar.
    Er trocknete sich mit großen flauschigen Marriott-Handtüchern ab und streifte sich gerade die sauberste seiner abgetragenen Segeltuchhosen über, als der Türsummer ertönte. Rasch schnappte er sich ein

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