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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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bin.«
    »Ich war nicht hinüber.«
    »Na ja, dann haben Sie halt Ihr Glas fallen lassen, während Ihre Augen ausgeruht haben. Ich habe mir gedacht, Sie würden sowieso nicht weitertrinken, also bin ich zu Bett gegangen. Was macht Ihr Kopf?«
    Der Blick, den sie ihm zuwarf, war Antwort genug.
    »Kaffee ist noch in der Kanne, aber er muss fast kalt sein. Ich kann…«
    Das Telefon klingelte. Er hob eine Braue und stellte es an. Ertekin machte sich mit dem Kaffee zu schaffen, und er senkte den Blick auf den Bildschirm. Ein körniges Bild sprudelte herauf, stellte sich scharf. Weitwinkel auf einen kargen Hintergrund durch eine staubgepflasterte Windschutzscheibe sowie auf das Seitenfenster eines Geländefahrzeugs. Battal Yavuz im Fahrersitz, die pausbäckigen Züge wurden schmal, als er Carl ungläubig ansah.
    »Carl? Das kannst doch unmöglich du sein!«
    »Der eine und einzige.«
    »Die hatten dich doch in einem Gefängnis in Jesusland eingebuchtet, Mann. Di Palma hat uns das gesagt. Spezialkräfte herbeizitiert, Verwahrung ohne Anklage von unbestimmter Dauer. Wie, zum Teufel, bist du da wieder rausgekommen?«
    »Ich bin vom Mars weg, Battal. Hast du etwa geglaubt, Jesusland würde mich festhalten können?«
    »Man kann nie wissen, Mensch! Die sind bekannt für diese verdammte Kiste. Verfluchte Barbaren!«
    Auf der anderen Seite des Tischs schnaubte Sevgi Ertekin. Carl warf ihr einen verwirrten Blick zu. Sie zuckte mit den Schultern und schlürfte ihren Kaffee.
    »Was tust du überhaupt in Istanbul? Kommst du auf einen Besuch raus?«
    »Glaub nicht, dass ich dafür Zeit habe, Battal! Aber hör mal, ich hatte gehofft, du könntest mir ’nen Gefallen tun.«
    Nachdem er aufgelegt hatte, saß Ertekin immer noch in sich zusammengesunken ihm gegenüber und starrte ein Loch in den Boden ihres Kaffeebechers. Er beäugte sie neugierig.
    »Also, was sollte das denn?«
    »Was sollte was?«
    Er äffte ihr Schnauben nach. »Das.«
    »Oh. Ja. War nur ziemlich komisch, einen Türken über die Barbarei von jemand anderem reden zu hören.«
    »Na ja, er hat vonJesusland gesprochen.«
    »Ja, ja.« Plötzlich richtete sie sich auf. »Sehen Sie, Marsalis, mein Vater hat dieses Land aus einem bestimmt Grund verlassen. Sein Vater und sein Onkel sind beide da auf diesem verdammten Platz in Taksim gestorben, weil das erlauchte türkische Militär auf einmal entschied, dass die Redefreiheit ihm allmählich etwas aus den Händen glitt. Wisst ihr, ihr verdammten Europäer mit euren säkularen Gesellschaften, eurer sanften Gewalt und euren sanften, sanften Sicherheitskräften, von denen niemand gern spricht – ihr glaubt, ihr würdet so sehr über allem stehen. Aber am Ende…«
    »Am Ende«, unterbrach er sie ein wenig hart, weil Battal ein Freund war und er nicht viele davon hatte, »ist die Türkei nach wie vor ein einiger Staat. Hier gab es auch ein psychotisches religiöses Element, und sie hatten ein Problem mit fanatischen Patrioten. Aber sie haben es gelöst. Diejenigen, die blieben, diejenigen, die sich nicht in einer fundamentalistischen Idiotie vergraben oder einfach in einen gemütlichen Hafen anderswo abgesetzt haben – am Ende bedeuten sie den Unterschied, und sie halten den Staat zusammen.«
    »Ja, mit einiger umsichtiger Unterstützung seitens interessierter europäischer Parteien, wie ich gehört habe.«
    »Was nicht im Geringsten die Tatsache entwertet, dass Jesusland eine verdammte Gesellschaft von Barbaren ist, von der Sie nicht allzu weit entfernt sind. Worauf wollen Sie also hinaus?«
    Sie erwiderte funkelnd seinen Blick. Er seufzte.
    »Sehen Sie. Ich habe auch Kopfschmerzen, schon gut. Warum sprechen Sie nicht mit Battal, wenn er herkommt? Er ist derjenige, der mir die hiesige Geschichte vermittelt hat, er hat früher in einem Gefängnis unterrichtet, bevor er diesen Job bekam, er versteht seine Sache. Er hat seine Doktorarbeit über die Türkei und die alten USA geschrieben – darüber, dass die beiden sich ähnlicher waren, als man glauben würde. Sprechen Sie mit ihm!«
    »Sie glauben, er wird herkommen?«
    »Wenn Névant kommt, wird er eine Eskorte benötigen. Und ich sehe nicht, dass sich Battal die Chance entgehen lassen wird, seinen Freunden aus dem Teehaus in Istanbul auf anderer Leute Kosten einen Besuch abzustatten. Ja, er wird kommen.«
    Ertekin schniefte. »Falls Névant kommt.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen wegen Névant! Allein die Tatsache, dass ich ihn um Hilfe bitte, wird ausreichen, ihn

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