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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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eigenhändig umbringen.«
    Der Franzose gestikulierte. »Die Grenzen der Rache. Sie können dich nicht alle töten, und da, wo sie gerade festsitzen, kann es keiner von ihnen. Man erwirbt im Lager eine gewisse Weisheit – kümmere dich um das, was du kriegen kannst, es ist besser als nichts.«
    »Und ich soll vermutlich deswegen ein schlechtes Gewissen haben?«
    Das wölfische Grinsen kehrte zurück. »Dein Gewissen gehört dir, Marsmensch. Suhle dich darin, wie es dir passt.«
    »Sie hatten ihre Chance, Stéphane. Ihr alle hattet eure Chance. Ihr hättet zum Mars gehen können.«
    »Ja, anscheinend besteht er nicht nur aus roten Felsen und Luftschleusen. Habe die Werbeplakate auf meinem Herflug gesehen.« Névant berührte das Rakiglas auf dem Tisch vor sich mit einem Fingernagel. Er hatte es noch nicht gehoben, auch das Tablett mit Meze noch nicht angerührt, das zwischen den beiden Männern gedeckt worden war. »Klingt prächtig. Schwer zu begreifen, weshalb du zurückgekommen bist.«
    »Ich habe in der Lotterie gewonnen.«
    »Oh, ja, stimmt. Hatte ich ganz vergessen. Das Leben auf dem Mars macht so viel Spaß, dass die Malocher da oben jeden Monat ’n Los kaufen, um zu sehen, ob sie nicht von da wegkommen und heimkehren können.«
    Carl zuckte mit den Achseln. »Ich hab nicht behauptet, das ist ’n Paradies. Es war eine Option.«
    »Sieh mal, Mann. Du bist zurückgekommen, und der Grund, weshalb du zurückgekommen bist, ist der, dass das Leben auf dem Mars ein Haufen Scheiße ist.« Névant blies ihm weiteren Rauch entgegen. »Einige von uns müssen diese Reise gar nicht antreten, um das rauszufinden.«
    »Ihr seid damit beschäftigt gewesen, Pläne zu schmieden, wie ihr den Rest eures Lebens oben auf dem Altiplano zubringen könntet, als ich euch erwischt habe. Das ist bloß der Mars mit größerer Schwerkraft.«
    Névant lächelte dünn. »Wenn du meinst.«
    »Warum sollte ich lügen?«
    Draußen, entlang der Promenade auf der Kaimauer, sprangen die Straßenlaternen an. Sevgi Ertekin saß mit Battal Yavuz auf hohen Hockern an einem Sahlep-Stand etwa ein Dutzend Meter weiter unten. Sie hielten ihre Getränke in der hohlen Hand und nippten daran und kamen anscheinend so weit miteinander klar. Névant kippte den Kopf in ihre Richtung.
    »Wer ist die denn?«
    »Nein, ich bin nicht seine Partnerin.« Sevgi gab sich alle Mühe, die Gereiztheit aus ihrer Stimme herauszuhalten. »Das ist eine strikt vorübergehende Sache.«
    »Okay, tut mir leid. Mein Fehler. Ist nur so, ihr beiden seid anscheinend, Sie wissen schon…«
    »Anscheinend was?«
    Yavuz zuckte mit den Schultern. »Miteinander liiert, vermute ich. Das ist ungewöhnlich für Marsalis. Selbst für einen Dreizehner ist er ziemlich verschlossen. Und es ist nicht so, als wäre es leicht, an diese Knaben irgendwie heranzukommen.«
    »Erzählen Sie mir was davon!«
    »Nun ja. Ich will mich nicht wie diese Menschliche-Reinheit- Armleuchter anhören, aber ich arbeite jetzt seit fast einem Jahrzehnt im Lager, und ich muss sagen, dass die Variante Dreizehn das Nächste an einer außerirdischen Rasse ist, was man je zu Gesicht bekommen wird.«
    »Dasselbe habe ich über Frauen sagen hören.«
    »Von Männern, ja.« Yavuz schlürfte seinen Sahlep und grinste. Im abendlichen Dämmerschein und den gelblichen Lampen des Stands gab er eine fröhliche Figur ab. Der Kragen seines Jacketts umrahmte ein gebräuntes, gut genährtes Gesicht, und unter seinem Pullover steckte ein kleiner, jedoch unentschuldbarer Wanst. Das Leben in einer UNGLA-Eurozone schien ihm gut zu bekommen. Sein Haar war akademisch ungekämmt, und seine Augen glänzten fröhlich im gespiegelten Licht. »Natürlich. So wie ihr gepolt seid im Vergleich zu uns.«
    »Ihr?«
    »Ich mache einen Witz, natürlich. Aber ebenso, wie die genetische Polung sich bei Männern und Frauen substanziell unterscheidet…«, Yavuz zeigte beiläufig mit dem Daumen hinter sich auf das Innere des Restaurants und die beiden Männer, die einander gegenüber im Fenster saßen, »… so unterscheiden sich die beiden substanziell von sowohl Ihnen als auch mir.«
    »Dennoch etwas näher an euch«, meinte Sevgi säuerlich. »Stimmt’s?«
    Yavuz kicherte. »Schon in Ordnung. In der Chemie der Testosterone, in der Bereitschaft zu gewalttätigen Handlungen sowie in mangelndem grundlegendem Einfühlungsvermögen, ja, vermutlich schon. Natürlich sind sie mehr männlich als weiblich. Dann wiederum hat niemand je versucht, einen weiblichen

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