Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
beim letzten Mal hat es mir nicht sehr gefallen. Ich rechtfertige nicht, was ich mit Nu getan habe. Aber ich verstehe, woher es kommt. Das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe.«
    Norton ließ die Erinnerung an Megan verblassen. »Ja, schon okay. Lass gut sein. Tut mir leid, dass ich schon wieder damit angefangen habe. Ich fühle mich selbst ziemlich gestresst und gereizt. Muss mich um meine eigenen genetischen Tendenzen kümmern, weißt du?«
    »Müssen wir alle«, erwiderte sein Bruder ruhig. »Dreizehner oder Bonobo, oder einfach und schlicht verdammt menschlich. Früher oder später müssen wir alle uns dem stellen, was in uns drin steckt.«

 
25
     
     
    Der Morgen kam herein, gesäumt von den Verkehrsgeräuschen an der Moda Caddesi und dem Geschrei von Kindern. Strahlendes Sonnenlicht fiel auf die Seitenwand des Zimmers, das er sich zum Schlafen ausgesucht hatte. Widerwillig kam er zum Schluss, dass hier, an der Rückseite der Wohnung, direkt unter dem Fenster ein Schulhof liegen musste. Er stemmte sich aus dem Bett und schlurfte herum, suchte das Bad, stolperte dabei über eine leicht schnarchende Ertekin; sie schlief auf dem Rücken, mit halb geöffnetem Mund, die langen Gliedmaßen von sich gestreckt und prächtig unelegant in dem verblassten NYPD-T-Shirt und dem verknuddelten Bettzeug, einen gebeugten Arm zurück über den Kopf geworfen. Er saugte diesen Anblick gierig in sich auf, schlüpfte dann lautlos wieder hinaus, fand das Bad und pisste lange und ausgiebig. Ein leichter Kater knabberte rostig an seinen Schläfen, nicht annähernd so schlimm wie erwartet. Er steckte den Kopf unter einen Wasserhahn.
    Ertekin ließ er schlafen, tappte in die Küche und entdeckte einen semi-intelligenten Lebensmittelbesteller, der gleich neben dem Kocher eingelassen war. Er bestellte sowohl frisches Brot als auch Cimits, da er Ertekins Vorlieben nicht kannte, und noch weitere Zutaten. Fand eine ungeöffnete Packung Kaffee – auf der Erde gewachsen, nicht genmanipuliert – in einem Schrank sowie einen Espressobereiter im Mittelmeer-Stil auf der Arbeitsfläche. Er heizte den Einsatz hoch, setzte die Kanne darauf, und als sie vor sich hinblubberte, klingelte der Frühstückslieferdienst unten am Hauseingang. Er ließ ihn ein, entdeckte schließlich ein Bildschirmtelefon und holte es sich an den Küchentisch. Dort wickelte er die Cimits aus – knorrige Ringe aus gebackenem und in sich gedrehtem Teig, bestäubt mit Sesamsamen, immer noch warm –, zerbröckelte eines, schenkte sich einen Kaffee ein und machte sich sodann auf die Suche nach Stéphane Névant.
    Er benötigte eine Weile.
    Den diensthabenden Offizier im Hauptquartier des Internierungstrakts in Ankara kannte er nicht, und er konnte auch nicht die UNGLA ins Spiel bringen, weil seine Operationscodes sechs Monate veraltet waren. Das Nennen von Freunden half nicht viel. Er musste sich zu einem der Lagerbüros weiterverbinden lassen, wo Battal Yavuz anscheinend einige Überstunden schob. Als er es dort versuchte, schlich Battal gerade draußen irgendwo herum und beantwortete den Funkruf nicht. Das Beste, was die Frau im Lager tun konnte, war, eine Nachricht entgegenzunehmen. Was sollte…
    »Sagen Sie ihm einfach, er sei ein gottverdammtes Arschloch, und ein großer, böser Dreizehner wird gleich zu ihm rausfliegen und ihm seine Frau klauen, wenn er mich nicht zurückruft.«
    Das Gesicht auf dem Bildschirm wurde leicht rot. »Ich glaube nicht…«
    »Doch, genau. Das ist die Nachricht. Danke.«
    Geräusche aus dem Korridor. Er legte auf und zerbrach ein weiteres Cimit. Entdeckte ein unerwartetes Grinsen im Mundwinkel, verscheuchte es mit einem Stirnrunzeln. Ertekin benutzte das Bad, kehrte, den Geräuschen nach zu urteilen, ins Schlafzimmer zurück, und für einen Augenblick lang dachte er, sie würde sich wieder hinlegen. Dann vernahm er vom Korridor erneut Schritte. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, um sie die Küche betreten zu sehen. Überlegte, ob sie wohl nach wie vor das T-Shirt trüge. Sein Kater, bemerkte er verschwommen, verzog sich.
    Sie war angezogen. Das dichte Haar ungekämmt, das frisch gewaschene Gesicht zeigte einen finsteren Ausdruck.
    »Morgen. Gut geschlafen?«
    Sie brummte. »Was tun Sie da?«
    »Arbeiten.« Er zeigte auf das Handy. »Warte auf einen Rückruf wegen Névant. Was haben Sie denn gedacht? Ich würde verduften, sobald Sie hinüber waren? Niederträchtiges, selbstsüchtiges Arschloch von Dreizehner, das ich

Weitere Kostenlose Bücher