Skorpion
können, wenn ich es dir erlaube.«
Ihr Kollege erhob sich aus seinem Stuhl und ging in einem langsamen Kreis um den Tisch. Gutierrez legte den Kopf leicht zurück, um ihn dabei zu beobachten, zog an seiner Kieme, stieß eine lange Rauchwolke in die Luft und sah daraufhin wieder die Frau an. Er schüttelte den Kopf.
»Sie holen mich vor dem Frühstück hier raus, Nicki. Das weißt du.«
Der andere Polizist schlug ihn. Er legte sein volles Gewicht in den Schwinger, eine hohle Hand, die dem Hacker übers Ohr und die Seite des Kopfes fuhr. Die Kieme flog davon. Im lockeren Griff der Marsschwerkraft folgten ihr Gutierrez und der Stuhl postwendend. Klappern von Kunststoff auf Evercrete, leises menschliches Winseln. Rovayo zuckte zusammen – Sevgi, zwei Sitze entfernt, bekam es aus dem Augenwinkel mit. Auf dem Bildschirm wälzte sich Gutierrez herum, bis er liegen blieb, und dann war der Polizist über ihm. Der Hacker schüttelte benommen den Kopf und versuchte, sich aufzurichten – sein Angreifer schloss einen Arm mit dicken Muskeln um seine Kehle und zerrte ihn damit hoch. Die ranghöhere Beamtin beobachtete es gleichmütig.
»Falsch geraten, Arschloch«, zischte der Polizist mit dem starken Arm ihm in das Ohr, das nicht vom Schlag taub geworden war. »Siehst du, wir haben hier einen ziemlich großen Spielraum. Du hast wirklich an der Horkan’s Pride herumgepfuscht, und ich meine, wirklich heftig. Da kommt gerade im Augenblick noch ’ne Menge mehr an Saft von COLIN runter, als ihr Kumpels da drüben in Wells aufschlürfen könnt. Ich würde sagen, wir halten dich hier unten wenigstens vierzehn Tage lang fest.«
Der Hacker hustete eine Erwiderung. »Reyes«, sagten die Untertitel. »Du bringst mal wieder deine feuchten Träume mit der Wirklichkeit durcheinander.«
Der Polizist bleckte die Zähne zu einem Grinsen. Er packte Gutierrez im Schritt. Drehte. Ein ersticktes Kreischen schaffte es die Kehle des Hackers hinauf.
»Kann er…«, setzte Rovayo wie betäubt an.
Marsalis drehte den Kopf ein wenig in ihre Richtung. Sah ihr in die Augen. »Koloniepolizei. Oh, ja. Er kann.«
Die leitende Beamtin vollführte eine winzige Bewegung mit dem Kopf. Ihr Kollege ließ Gutierrez’ Geschlechtsteil los und warf den Hacker nach vorn auf den Tisch, wie eine Ladung Wäsche. Er blieb dort liegen, das Gesicht zur Seite gedreht, und der Atem kam heiser pfeifend zwischen seinen Zähnen hervor. Der Polizist namens Reyes drückte die flache Hand fest gegen die Wange des Verdächtigen, stützte sich darauf, und beugte sich dann näher an ihn heran.
»Du lernst besser, dich zu benehmen, Franklin«, sagte er im Plauderton. »Man hat mir gesagt, wir können das gesamte Budget für Schadensersatz an dich verpulvern, falls nötig.« Er sah zu der Frau hinüber. »Wie hoch ist der Preis für ramponierte Hoden heutzutage, Nick?«
Die Beamtin zuckte mit den Schultern. »Siebenunddreißig.«
Reyes grinste erneut. »Genau. Für jeden, nicht wahr?«
»Nein, für beide.« Die Frau beugte sich leicht vor. »Wie ich gehört habe, ist die Wiederherstellungs-OP echt scheußlich, Franklin. Die willst du dir bestimmt nicht antun.«
»Ja. Wie wär’s also, wenn du zur Abwechslung mal Englisch mit uns sprichst?« Reyes unterstrich das betonte Wort dadurch, dass er die Handfläche heftig über die Wange des Hackers gleiten ließ, als wolle er sie sauber wischen. Sein Gesicht legte sich angeekelt in Falten. »Weil wir alle wissen, dass du das kannst, zumindest so in etwa. Leg das verdammte Oberland-Kauderwelsch einfach mal für ’ne Weile ab. Den kleinen Gefallen tust du uns doch, hm? Vielleicht halte ich mich dann bei deinen cojones zurück.«
Er trat zurück. Ein dünnes Geräusch sickerte aus Gutierrez heraus, das Sevgi ungläubig für Gelächter hielt. Der Hacker kicherte.
Reyes fuhr herum und starrte ihn an. »Erheitert dich was, pendejo?«
Gutierrez erhob sich vom Tisch. Er richtete sich die Kleidung. Nickte, als wäre ihm gerade etwas völlig Vernünftiges erklärt worden. In seinem Ohr, wusste Sevgi, musste es nach wie vor schrillen wie bei einem Feueralarm.
»Nur das Gespräch.« Sein Englisch hatte einen leichten Akzent, war ansonsten makellos. »Ihr sagt, ihr haltet mich auf unbestimmte Zeit hier fest. Na gut, ich beiße an. Nicki, würdest du deinen Wachhund bitte an die Leine nehmen?«
Reyes spannte sich an, aber die Frau vollführte eine weitere kaum wahrnehmbare Bewegung mit dem Kopf, und er entspannte sich wieder. Gutierrez
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