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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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File vom Mars, den du dir vielleicht ansehen möchtest. Norton hat anscheinend Verbindung zur Kolonie aufgenommen, während wir in Istanbul waren, und Gutierrez herbeizitieren lassen. Möchtest du das mal durchgehen?«
    Sie glaubte zu sehen, wie ihn eine untergründige Anspannung durchlief. Aber er zuckte nur mit den Schultern. »Meinst du, dass es die Sache wert ist?«
    »Weiß ich nicht«, erwiderte sie ätzend. »Ich hab’s noch nicht gesehen.«
    »Die Chancen, dass die Kolonie irgendwas Nützliches aus einem alten Hasen der familias wie Gutierrez herausholt, sind ziemlich dürftig.«
    »Das ist nicht wirklich der springende Punkt«, meinte Rovayo abwesend von der anderen Seite des Raums, ohne von ihren Papieren aufzuschauen. »Die Polizistin wird Ihnen sagen, dass es ebenso oft das ist, was die Burschen nicht sagen, das einem einen Hinweis gibt.«
    »Öh, genau«, meinte Sevgi überrascht.
    Marsalis ließ einen säuerlichen Blick zwischen den beiden Frauen hin und her gehen.
    »Na gut«, sagte er unfreundlich. »Also sehen wir uns das verdammte Ding halt mal an.«
    Aber im Vorführraum beobachtete Sevgi, wie seine rasch entflammte Gereiztheit abklang und zu einem eindringlichen Blick wurde, der gut und gern auch Langeweile hätte sein können, wenn er nicht genauso dem dritten Skater in New York hinterher gesehen hätte, dem Mann, den er nicht hatte töten können. Unmöglich zu sagen, wohin genau Marsalis seine Aufmerksamkeit gerichtet hielt – es handelte sich um das übliche gesplittete Band eines Verhörs, bei dem sechs oder sieben Facetten auf dem LCLS-Display untergebracht waren, frontal auf Gutierrez, Gesicht und Körper aus Höhe der Tischplatte, Vitalfunktionen auf einem quer darunter liegenden Display, verkleinertes Bild des gesamten Verhörzimmers aus zwei oder drei verschiedenen Blickwinkeln, Stimmprofile im Dropdown links. Aus alter Polizistinnengewohnheit überflog sie die Einzelheiten des Ganzen in zufälligen Mustern. Aber wenn sie hätte raten müssen, so hätte sie gesagt, dass der Blick des Dreizehners neben ihr auf die leicht hageren, sonnengebräunten Züge des Hackers der familia gerichtet waren, der unbeeindruckt und rauchend das Verhör über sich ergehen ließ.
    »Sie lassen ihn da drin verdammte Zigaretten rauchen?«, fragte Rovayo entrüstet.
    »Es ist keine richtige Zigarette«, erklärte ihr Sevgi geduldig. Auch sie war leicht erschrocken gewesen, als sie es zum ersten Mal gesehen hatte. »Das ist eine Kieme. Wissen Sie, wie in den Siedlerstreifen. Chemische Glut, gibt Sauerstoff ab, statt ihn zu verbrennen. Wie ein Lungenkompressor.«
    Rovayo schnippte mit den Fingern. »O-kay. Genau wie Kwame Oviedo, der hatte immer eine im Mundwinkel hängen, praktisch in jeder Szene der Helden-von-Oberland-Trilogie.«
    Sevgi nickte. »Ja, auch Mirsa Mansour. Sogar in Marineris Queen, das, wenn man es sich recht überlegt, ziemlich…«
    »Sollten wir uns nicht eigentlich das hier ansehen?«, fragte Marsalis laut.
    Sevgi sah die Rimpolizistin mit gehobener Braue an, und sie wandten sich wieder der Leinwand zu. Gutierrez hatte es sich in seiner Rolle ab cooler Karriereverbrecher gemütlich gemacht. Er sprach den lang gezogenen Dialekt aus Oberland – der Sprachenmonitor bildete ihn in der rechten unteren Ecke des Bildschirms ab, stellte maschinenhaft schnell einen Simultan-Untertitel in Amenglisch zur Verfügung, aber für die ursprünglichen Verhörbeamten musste es ein Stück harter Arbeit gewesen sein. Sie kannten ein wenig Straßen-Quechua, vermutete Sevgi, das musste man, wenn man ein richtiger Polizist da draußen sein wollte, aber man sah ihnen an, dass sie sich damit nicht wohl in ihrer Haut fühlten. Stattdessen fielen sie wiederholt ins Amenglische oder Spanische zurück – was Gutierrez, der Akte zufolge, beides fließend beherrschte – und horchten beständig auf das Geflüster in ihren schmalen schwarzen Ohrstöpseln.
    Der Hacker grinste höhnisch. »Seht mal, pusten wir uns doch nicht so auf, Nicki«, sagte er anscheinend. »Ihr könnt keinesfalls was gegen mich in der verfluchten Hand haben. Früher oder später müsst ihr mich telefonieren lassen. Warum ersparen wir uns also nicht das ganze beschissene Drum und Dran und tun’s jetzt?«
    Die ranghöhere Beamtin auf der anderen Seite des Tischs lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und fixierte den Ex-Hacker mit einem düsteren Blick.
    »Ich glaube, du hast vergessen, auf welchem Planeten du bist, Franklin. Du wirst telefonieren

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