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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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ein Abgebrannter Karten ausgibt – nämlich wenn er unausweichlich so weit getrieben worden war oder wenn sie zu jemand anderem gehörten. Obwohl es eher eine linguistische als ein moralische Marotte zu sein schien, weil er keinerlei offensichtliche Verlegenheit oder gar Ekel zeigte, wenn er andere Leute solchermaßen zitierte – oder wenn Sevgi fluchte, was heutzutage ziemlich häufig der Fall war.
    »Wie kommt’s also, dass du mich nicht früher wegen dieses Scheißdrecks angeklingelt hast?«
    »Glaub mir, ich hab’s probiert. Du hast einfach nicht geantwortet.«
    »Oh.«
    »Genau. Also habe ich dich bei Nicholson gedeckt, falls es das ist, was du dich gefragt hast. Habe gesagt, du seist in der City und würdest Spuren von der Razzia in der Spring Street verfolgen und mich dann am Terminal treffen.«
    Sevgi nickte in sich hinein. »Danke, Tom. Dafür bin ich dir was schuldig.«
    Sie war ihm noch mehr schuldig, ziemlich viel mehr über die letzten beiden Jahre hinweg, aber das würde keiner von beiden jemals zugeben. Die Schuld lag unausgesprochen zwischen ihnen, wie bei Komplizen, wie bei einer Familie. Und Nicholson, da waren sich beide einig, war sowieso ein altes Arschloch.
    »Glaubst du, dass irgendwer von denen überlebt hat?«, überlegte Norton laut.
    Sevgi starrte aus dem Fenster auf den Verkehr und fasste Tatsachen aus den Akten zusammen. »Horkan’s Pride stammt aus der Fünfer-Serie. Man hat sie so gebaut, dass sie eine Bruchlandung auf der Marsseite übersteht, und dort gibt es keine Ozeane, wo das geschehen könnte.«
    »Ja, aber da ist viel weniger an Schwerkraft, wegen der man sich auf dem Weg nach unten Sorgen machen müsste.«
    Ein NYPD-Tropfen zog neben sie, Scheiben undurchsichtig abgesehen vom Fahrerfenster, das zurückgeklappt war. Eine junge Polizistin saß vorn, sie hatte das System auf Handsteuerung gestellt und lenkte müßig, einen sonnengebräunten Arm im Fenster aufgestützt. Sie sprach mit jemandem, aber Sevgi konnte nicht erkennen, ob mit einem weiteren Insassen des Wagens oder einem Sprechfunk. Unter der Spitze ihrer sommerlichen Weblarmütze wirkte sie beiläufig kompetent und beschäftigt. Die Erinnerung zuckte schmerzhaft in ihr auf, und Sevgi ertappte sich dabei, an Hulya zu denken. Sie sollte wirklich irgendwann noch einmal mit ihr in Verbindung treten, nachsehen, was Hulya heutzutage so tat, in Erfahrung bringen, ob sie erneut die Prüfung zum Sergeanten in Angriff genommen hatte, ob sie nach wie vor ihren straffen Arsch, diesen Männermagneten, jede Samstagnacht auf der Bosporusbrücke zur Schau stellte. Sich irgendwo für ein gutes Weißt-du-noch-damals-Gespräch hinsetzen, vielleicht eine Kiste Efes knacken.
    Bei dem Gedanken an Bier und den Geruch, den es in ihrer Küche zurückgelassen hatte, vollführte Sevgis Magen eine abrupte Kehrtwendung. Sie scheuchte den Anfall von Nostalgie hastig davon. Der NYPD-Wagen wechselte die Spur und löste sich im Verkehr auf. Sevgi stocherte versuchsweise in ein wenig eigener geschäftiger Kompetenz herum.
    »Kryokappenflüssigkeit sollte viel vom Aufprall absorbieren«, sagte sie langsam. »Und die Tatsache, dass es überhaupt in einem Stück runtergekommen ist, bedeutet, dass es eine Art kontrollierter Wiedereintritt war, stimmt’s?«
    »Eine Art von…«
    »Haben wir noch was aus dem Datahead reingekriegt, bevor es passiert ist?«
    Norton schüttelte den Kopf. »Eine Bitte um Hilfe in Kaku, gleiche gelegentliche Sendung. Nichts Neues.«
    »Klasse. Verdammtes Geisterschiff bis zum Schluss.«
    Norton hob die Hände mit weit gespreizten Fingern und gab passende geisterhafte Geräusche von sich. Sevgi verbarg ein Grinsen.
    »Ist überhaupt nicht komisch, verdammt, Tom! Versteh nicht, warum die Himmelspolizei vom Rim es nicht einfach vaporisiert hat, nachdem es ihre Grenzen überschritten hat. Es wäre nicht das erste Mal, dass diese schwachköpfigen Tagelöhner verirrte Luftfahrzeuge zu Konfetti verarbeiten, wenn die nicht hübsch und brav Antwort geben.«
    »Vielleicht haben sie sich zu viel Sorgen um die Verluste gemacht«, erwiderte Norton, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Hm.«
    »Jetzt hoffe ich, du hast nicht vor, mit dieser Haltung dahin zu gehen, junge Dame. Die Leute vor Ort werden nicht übermäßig freundlich sein. Schließlich ist das unsere Konservenbüchse, die ihnen auf den Kopf gefallen ist.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Sie zahlen COLIN Steuern, ebenso wie wir anderen. Es ist auch ihre Konservenbüchse.«
    »Klar,

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