Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
angrenzendes Gebüsch und Blattwerk. Nichts da. Er bewegte die Schulter und spürte die ungelöste Spannung von Tagen dort eingeschlossen. Der Guatemalteke sprach wieder.
    »Ruf mich in zwei Tagen an«, sagte er ruhig. »Und denke an eine sehr große Zahl.«
    Er legte auf.
    Carl faltete das Telefon zusammen und horchte auf das schwache Knistern, als der interne Stromkreis kurzschloss und den Apparat schmolz. Er stieß einen langen Atemzug aus und lehnte sich, die Schultern gewölbt, gegen die Mauer. Die Anspannung packte ihn beim Nacken wie muskulöse Finger. Die sanften Hügel der Küste von Marin erhoben sich auf der anderen Seite der Bay. Er starrte die letzten orangefarbenen Hinterlassenschaften des Tages auf ihren Flanken an, erfüllt von einem obskuren Verlangen, das er nicht so recht festmachen konnte. Das Gehäuse des Telefons war warm in seiner Hand, vom Schmelzen, und die Luft ringsum im Gegensatz dazu plötzlich kühl.
    »Du suchst an den völlig falschen Orten, Dreizehner.«
    Die Stimme ließ ihn herumwirbeln und Kampfhaltung einnehmen, und er packte das Telefon in der Hand, als ob es ihm womöglich als Waffe dienen könnte.
    Sie stand am Rand der Bäume; also war das aufgeschreckte Erschauern, das er vor kurzem verspürt hatte, das Gefühl gewesen, von ihr beobachtet zu werden. Sie trat heran, die Arme weit ausgebreitet, die Hände offen, die Handflächen nach oben gekehrt und nichts darauf. Er kannte die Pose, kannte die Stimme.
    Suchte nach der Gesichtsfarbe und sah, dass sie sich dieses Mal nicht damit abgegeben hatte.
    »Hallo, Ren.«
    »Guten Abend, Mr Marsalis.«
    Carmen Ren blieb etwa drei Meter entfernt stehen. Die Füße in den beschlagenen Schuhen, die Stahl unter der Wölbung der Zehen versprachen, auf dem Evercrete breit auseinander gesetzt. Schwarze Hose im Pilotenstil mit verschlossenen Hüfttaschen, einfache graue Jacke mit Reißverschluss und einem hohen Kragen, der die erheiterten Züge ihres Gesichts unterstrich, das Haar schlicht aus dem blassen, schmalen Gesicht zurückgekämmt. Er musterte sie von oben bis unten auf Waffen und sah keine, die sie rasch hätte ziehen können.
    Er richtete sich aus der Hocke auf.
    »Sehr weise«, bemerkte sie. »Ich bin hier, um zu helfen.«
    »Also helfen Sie. Setzen Sie sich im Schneidersitz hin, die Hände auf dem Kopf, und rühren Sie sich nicht, während ich RimSich anrufe.«
    Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln. »Ich fürchte, so großzügig bin ich nicht gestimmt.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass Sie eine andere Wahl hätten.«
    Etwas rührte sich in ihren Augen, in ihrer Art und Weise des Atmens. Das Lächeln trieb auf ihr Gesicht zurück, diesmal jedoch war es der Schleier des Adrenalins, das Vorspiel zu Kampf oder Flucht. Sie telegrafierte es ihm mit einer seltsamen, achtlosen Ausgelassenheit, die merkwürdig war wie das Angebot offener Arme. Jäh war er sich gar nicht mehr so sicher, dass er im Zweikampf die Oberhand behalten könnte.
    Er räusperte sich. »Sehr gut. Wie haben Sie das gemacht?«
    »Übung.« Das Lächeln verschwand wieder, war weggesteckt für den späteren Gebrauch. »Werden wir reden, oder wollen Sie über mich herfallen?«
    Er dachte an Névant zurück. Zerbrochenes Glas und Blut. Die nächtlichen Straßen von Istanbul, die Rückkehr nach Moda und…
    Er legte eine Aderpresse darauf und drehte fest zu. Verzog das Gesicht. »Worüber wollen Sie reden?«
    »Wie wär’s, wenn ich Ihnen diesen Fall in einer Bento Box überreiche?«
    »Wie ich Ihnen bereits sagte, bin ich kein Polizist. Und außerdem – warum würden Sie so was tun? Als ich das letzte Mal vorbeigeschaut habe, haben Sie in Manco Bambarens Mannschaft gespielt.«
    Er beobachtete ihr Gesicht. Kein Zucken bei der Erwähnung des Namens.
    »Die Leute, für die ich arbeite, lassen mich am ausgestreckten Arm verhungern«, sagte sie. »Sie fragen sich vielleicht, warum ich es Ihnen und Merrin überlassen habe, die Sache auszufechten?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Das sinkende Schiff in Ihrer kleinen Rattenschwimmweste verlassen, vermute ich mal.«
    »Da vermuten Sie falsch.«
    »Wollen Sie das stützen? Sie wissen schon, mit Beweisen?«
    »Gleich hier.« Sie tätschelte sich die Jackentasche. »Wir haben’s gleich. Zunächst, warum spulen Sie nicht den Kampf im Steuerbordladeraum für mich zurück? Überdenken ihn?«
    »Ich glaube, ich würde lieber erst diesen Beweis sehen.«
    Ein dünnes Lächeln. »Sie schlagen mich nieder, nehmen die anderen mit nach drinnen

Weitere Kostenlose Bücher