Skorpion
zu. Dudeck… worum geht’s eigentlich? Hast du gerade einen Anfall von Nostalgie, rufst an, um über alte Zeiten zu plaudern?«
»Nicht so ganz. Obwohl ich geglaubt hatte, wir könnten ein kleines Geschäft abschließen. Ein wenig Daten tauschen. Es heißt, du bist dafür ein guter Mann. Also, ich habe hier was, das ich wissen möchte, und du kannst mir vielleicht dabei helfen.«
»Daten?« Der andere Mann kicherte. »Ich dachte, du hättest mir gesagt, du wärst mit der Colony-Initiative verbandelt. Du willst mir sagen, ich hätte Daten, die COLIN nicht hat?«
»Genau das will ich dir sagen, ja.«
Es folgte eine lange Pause.
»Willst du mir sagen, was da am Ende für mich rausspringt, Euromüll?«
»Sehen wir zunächst mal, was du hast. Du erinnerst dich an ein untergeordnetes Bandenmitglied einer familia, ist auf einem Billigticket reingekommen und vor ein paar Jahren wieder raus.«
Ein weiteres polterndes Schnauben. »Niggah, ich erinnere mich an einen ganzen Friedhof von diesen Andino-Jungen. Kommen rein und fliegen wieder raus, als wären sie an einem Gummiband hier festgebunden. Pusten sich gegenüber den Brüdern und den Ariern und jedem anderen Arschloch, das ihnen in die Augen schaut, soooo stolz auf, und sie gehen meistens mit den Füßen voran auf ’ner Bahre. Also, welchen speziellen Schädel hast du ins Auge gefasst?«
»Name ist Ferrer, Suerte Ferrer. Nennt sich gern Maldicion. Er ist auf eigenen Füßen raus, also ist er entweder härter oder schlauer als der Durchschnitt. Das sollte einige Glocken läuten lassen.«
»Ja, Maldicion. Schlau, davon bin ich nicht so überzeugt, aber er ist bestimmt verdammt hart. Bestimmt. Glaube, man könnte mich dazu bringen, mich an den Jungen zu erinnern.«
»Gut. Man könnte dich auch dazu bringen, mir zu sagen, wo er zur Zeit ist?«
»Du sprichst davon, wo er sich draußen aufhält?«
»Ja, sieht so aus.«
Wiederum ein nachdenklicher, sich ausbreitender Teich aus Stille. Carl konnte den Geruch des Misstrauens wahrnehmen, den er verströmte. Die Stimme des Guatemalteken kehrte zurück, langsam und vorsichtig.
»Ich bin neun lange Jahre hier drin, Euromüll. Terror und organisiertes Verbrechen. Die haben mich für beides weggehauen. Wie kommst du darauf, dass ich hier über etwas Bescheid wissen könnte, das draußen vor sich geht?«
Carl wählte eine härtere Gangart. »Jetzt verkauf mich doch nicht für dumm! Dazu bin ich nicht in der Stimmung. Ich habe ein Geschäft mit COLIN abgeschlossen, nicht mit der Drogenabteilung oder dem Moralkomitee. Das ist nicht irgendeine provinzielle Nummer aus Jesusland. Ich möchte Ferrer finden und, falls möglich, über die Grenze nach Rim ausgeliefert sehen. Für den Dienst bin ich gewillt, COLIN-Preise zu zahlen. Können wir jetzt einander was Gutes tun oder nicht?«
Der Guatemalteke schwieg einen Herzschlag lang, aber nur einen. »Ich habe verstanden… COLIN-Preise?«
»Ja, da hast du richtig verstanden.«
Eine weitere Pause, aber diesmal durchsetzt von Zweck. Er konnte fast die Rädchen in dem Guatemalteken surren hören, während er Kalkulationen durchführte und Vermutungen anstellte.
»Züge draußen kosten wesentlich mehr als drinnen«, sagte der andere Mann schließlich leise.
»Habe ich mir gedacht.«
»Und eine Lieferung über die Grenze, na ja.« Der Guatemalteke machte ein Geräusch mit dem eingezogenen Atem, das sich anhörte wie Spucke, die auf einem heißen Backblech zischte. »Das geht über die Liste von Gefallen hinaus, Euromüll. Große Risiken, sehr, sehr viel auf dem Spiel.«
»Nicht frei gegebene Marstech.« Carl ließ die Worte in den Teich schweigender Erwartung am anderen Ende der Leitung plumpsen. »Verstanden, was ich gesagt habe?«
»Bringt mir hier drin nicht viel.« Aber jetzt hörte man die Aufregung unter dem gleichmütigen Tonfall des Guatemalteken heraus.
»Dann musst du es wahrscheinlich irgendwo draußen ausgeben. Vielleicht dir einige große Gefallen auf Ebene der gesetzgebenden Gewalt einkaufen. Vielleicht bloß hier und da etwas für die Zukunft anlegen. Männer wie du verstehen es doch bestimmt viel besser als ich, wie man die besten Investmentoptionen für das Kapital findet. Also, wirst du jetzt Maldicion für mich finden oder nicht?«
Wiederum Schweigen, angespannt vom Versprechen der eigenen Kürze. Carl warf jäh einen Blick über die Schulter, ein aufgeschrecktes Kitzeln. Düsternis über dem Raum hinter ihm bis zur Treppe den Turm hinauf. Dunkles,
Weitere Kostenlose Bücher