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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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hohlen Augen in einem Gesicht mit einer Haut wie Pergament. Mit Mühe hielt er die leicht überschäumende Wut zurück.
    »Ich verstehe dich nicht«, sagte er gleichmütig zu dem menschlichen Wrack. Er zeigte mit einem Finger auf die chinesische Schrift. »Das kann ich nicht lesen.«
    »Barliant. Wie du. Bedülftigel Nelo.«
    Die Augen waren dunkel und intelligent, aber sie flackerten unruhig umher. Es war, als werde man von irgendetwas Vogelartigem beobachtet. Die Schale kehrte zurück, drängend.
    »Barliant. Schwarzes Labol bon.«
    Und Carl spürte die Erleuchtung wie kaltes Wasser den Nacken hinunterrieseln, wie Elena Aguirres Berührung. Der Mann nickte. Sah die Erkenntnis.
    »Ja. Schwalzes Labol bon. Barliant. Wie du.«
    Schaudernd, wie aus dem Nichts, auf eine undefinierbare Weise völlig erledigt, fischte Carl aus seiner Tasche irgendeine Karte heraus. Ohne auf den Betrag zu achten, warf er sie in die Schale. Dann schob er sich an dem Mann vorbei und eilte auf den ansteigenden Telegraph Hill zu. Nachdem er den Park verlassen hatte, schaute er sich um: Der Mann starrte ihm nach. Linkisch stand er da, einen steifen Arm gehoben, wie eine fast leblose Vogelscheuche. Carl schüttelte den Kopf, wusste nicht, worüber, und floh zum Turm.
    Außer Atem traf er oben ein, weil er so schnell gestiegen war.
    Der Turm war verlassen, von einem jungen Pärchen abgesehen, das sich in den Armen haltend, gegen die zur See hin gerichtete Aussichtswand gedrückt hatte. Eine Weile lang beobachtete er sie hasserfüllt, wobei er sich überlegte, dass er selbst in ihren Augen wie eine Vogelscheuche aussehen mochte. Schließlich wurde es ihnen unangenehm, und das Mädchen zerrte ihren Freund zum Ausgang. Es war ein muskulöser Junge, groß und gut aussehend in einer blassen, nordischen Weise, und zunächst wollte er nicht gehen. Er erwiderte Carls Blick, die blauen Augen zusammengekniffen vor Anspannung. Carl konzentrierte sich darauf, ihn nicht umzubringen.
    Dann richtete sich das Mädchen auf und murmelte dem blonden Jüngling etwas ins Ohr; er gab sich mit einem Schnauben zufrieden, und sie gingen.
    Irgendwo in Carl klickte und zerbrach etwas, wie Eis in einem Glas.
    Er ging zur Brüstung und sah über das Wasser hinaus. Sah die Lichter auf dem Alcatraz-Revier schimmern, entlang der gesamten Brücke, drüben an der Küste auf der Marin-Seite. In allem war Sevgi, eintausend Erinnerungen, die er nicht brauchte oder wollte. Er schnaubte heftig durch die Nase, zog eines der Telefone aus dem Packen und wählte eine Nummer, von der er nie erwartet hätte, sie je zu brauchen.
    »Sigma Frat House«, sagte eine fröhliche Stimme. »Im Augenblick nimmt niemand Ihren Anruf entgegen, also hinterlassen Sie eine Nachricht, und es sollte besser eine gute sein, verdammt!«
    »Danny? Lass mich mal mit dem Guatemalteken sprechen.«
    Die, Stimme ging geringschätzig in die Höhe. »Der Guatemalteke schläft, Arschloch. Du rufst zu den Bürostunden an, verstanden?«
    »Danny, jetzt hör mir mal genau zu, ja? Wenn du den Guatemalteken nicht auf der Stelle weckst, werde ich auflegen. Und wenn er hört, dass du selbst eine verdammte Entscheidung getroffen hast, wessen Anruf er entgegennehmen soll und wessen nicht, und das alles mit deinem eigenen spitzen kleinen Schädel, wird er dich zur Belohnung bei den Ariern schlafen legen. Das garantiere ich dir!«
    Ungläubiges Schweigen.
    »Wer, zum Teufel, ist da?«
    »Marsalis. Der Dreizehner. Vor ein paar Wochen habe ich einen eurer Prügel in die Kapelle zu Dudeck mitgenommen, erinnerst du dich? Dann bin ich zum Eingang rausmarschiert. Ich habe hier draußen etwas für den Guatemalteken, das ihm gefallen wird. Also weckst du ihn und sagst ihm das!«
    Die Stimme am anderen Ende entfernte sich. Sanftes Rauschen von einer Gefängnismauer sang in dem Raum, den sie zurückgelassen hatte. Carl starrte durch die dunstige Abendluft über die Bucht hinweg, kniff die Augen zusammen und rieb sich mit dem Daumen eine Träne aus dem Augenwinkel. Brummelnde Stimmen im Hintergrund, dann der Knall, wie jemand den Hörer ergriff. Die polternde Stimme des Guatemalteken tönte durch die Leitung, amüsiert und vielleicht ein wenig bekifft.
    »Euromüll? Du bist das?«
    »Wie ich Danny gesagt habe, ja.« Carl suchte sich seinen Weg der Annäherung sehr vorsichtig. »Dudeck schon aus dem Lazarett?«
    »Ja, ist er. Obwohl er jetzt ein bisschen langsam geworden ist. Du hast gute Arbeit geleistet, Euromüll. Das gestehe ich dir gern

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