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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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wirklich überrascht, dass Jeff diesen Namen ausgespuckt hatte, obwohl es schon ein gewaltiger Schock gewesen war. Es lag daran, dass Überraschung keine Option mehr war. Die Drüsen, die sie hätten hervorrufen können, waren einfach überlastet, waren es seit dem Abend zuvor gewesen, als ihm Marsalis Jeffs Telefongespräch vorgespielt und ihm von Ren erzählt hatte. Und es hätte ihm bestimmt nicht mehr bedeuten sollen als der Verrat des eigenen Bruders.
    Irgendwie allerdings doch.
    Er hatte die Veränderung noch immer vor sich, als Ortiz im Jefferson Park richtig eingestiegen war, als der schlanke, dynamische Rim-Politiker sich von einem politischen Ratgeber zum wirklichen politischen Leiter Amerikas gewandelt hatte. Er erinnerte sich an das jähe Gefühl eines Abstreifens, als Schichten aus Bürokratie zur Effizienz zusammengestaucht oder einfach auf rudimentäre Personalausstattung heruntergefahren worden waren. Er erinnerte sich daran, wie die kleinen Vasallen im Stile von Nicholson und Zikomo in Deckung gerannt waren. An die Neueinstellungen und Beförderungen. Andrea Roth, Lena Oyeyemi, Somson Chang. Er selbst. Der Wechsel der Tide und die saubere Luft, die er mit sich zu bringen schien, als ob jemand plötzlich sämtliche Fenster zum East River hin geöffnet hätte.
    An einem anderen Tag, zu einer anderen Zeit, hätte er den Überbringer dieser Nachricht einen glatten Lügner genannt und ihm keinerlei Glauben geschenkt.
    Aber da war jetzt zu vieles anders. Die alte Landschaft rings um ihn herum war in Flammen aufgegangen. Sevgi, Jeff, die Nachwirkungen des Falls Merrin – alles brannte lichterloh, zu heiß, um es irgendwo berühren zu können, ohne dass es schmerzte.
    »Von Anfang an war es Tanakas verdammte Idee gewesen.« Jeff, der es vor ihnen ausbreitete. Blut aus der Nase wieder einmal gestillt, diesmal mit abgerissenen, verdrehten Tüchern, die er sich in jedes Nasenloch geschoben hatte, ein wieder gefüllter Cognacschwenker und leicht verwischte Aussprache. »Er ist vor zwei, zweieinhalb Jahren mit diesem verdammten blöden Plan zu mir gekommen. Wir können aus Ortiz einen Batzen zusätzliches Bares herausleiern, wenn wir einfach damit drohen, mit Kommando Skorpion an die Öffentlichkeit zu gehen.«
    »Warum Sie?«, fragte Marsalis.
    Jeff zuckte mit den Schultern. »Ich war alles, was er hatte. Als wir uns damals, anno 94, in alle Winde zerstreut hatten, gab es keinerlei Verbindungen, kein Zurückblicken. Ich war, abgesehen von Ortiz, der Einzige, der seine Identität beibehielt, der Einzige mit einem öffentlich zugänglichen Profil. Tanaka – damals hieß er Asano, Max Asano – sieht mich in den Nachrichten, diese Konferenz in Bangkok über Flüchtlingsproblematik am pazifischen Rim. Also schleicht er sich über die Grenze, verfolgt mich zum Haus drüben in Marin und erläutert mir seinen Plan. Er hat alles ausgearbeitet, die diskreten Verrechnungskonten auf Hawaii, dieses ganze finanztechnische Drum und Dran. Alles ist da, man braucht es nur zu nehmen.«
    »Ortiz?« Norton bekam es immer noch nicht zusammen. »Joaquin Ortiz leitete Kommando Skorpion? Warum, zum Teufel, sollte er sich auf so etwas einlassen?«
    Jeff warf ihm einen erschöpften Blick zu. »Oh, werd mal erwachsen, Tom! Weil er ein verdammter Politiker ist, ein Power-Broker mit einem Auge für die einmalige Chance. Das ist er schon immer gewesen. Damals, kurz nach der Sezession, war er bloß ein subalterner Angestellter im Rim, der nach seinem Vorteil gesucht hat. Man hat ihm Kommando Skorpion überlassen, und er hat es so weit gebracht, wie es ihn tragen würde, also ziemlich weit nach oben auf der Ebene der Politik. Als Jacobsen dahergeschneit kam und die Aufsichtsprotokolle zu scharf aussahen, um ein noch größeres Risiko einzugehen, hat er Skorpion vorzeitig in der Versenkung verschwinden und sich stattdessen ins Unterhaus wählen lassen. So macht man das, Tom. Immer dem Spiel vorausbleiben, wissen, wann man aussteigen und die Augen für die nächste Gelegenheit aufhalten muss.«
    »Die nächste Gelegenheit war COLIN.«
    »Ja, stimmt genau, kleiner Bruder.« Jeff kniff die Augen zusammen und wirkte wehmütig. »Der verdammte Ortiz hat sieben Jahre Dienst im Run getan, den er dann gegen einen Beraterposten bei der Colony-Initiative eingehandelt hat. Weitere sechs Jahre, und er hat dort ebenfalls die Spitze der Pyramide erklommen, und jetzt spricht man von der UN.«
    »Reif zum Abpflücken«, bemerkte Marsalis.
    »Ja, genau das

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